Halbherziger Nachklapp Fortsetzung von "Alice im Wunderland" enttäuscht
Vor mittlerweile sechs Jahren sorgte der Regie-Exzentriker Tim Burton ("Sleepy Hollow", "Charlie und die Schokoladenfabrik") mit seiner kongenialen Verfilmung von Lewis Carrolls Kinderbuchklassiker "Alice im Wunderland" für Furore.
Das Fantasy-Spektakel mit Mia Wasikowska und Johnny Depp in den Hauptrollen entpuppte sich 2010 als Kassenschlager und spielte weltweit über eine Milliarde Dollar ein.. Jetzt liegt die Fortsetzung "Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln" vor, und eine Wiederholung dieses Triumphs dürfte fraglich sein.
Auf Wunder kann man als Zuschauer kaum hoffen
Burton fungiert diesmal nur als Produzent, Regie führt James Bobin ("Die Muppets"), aber an den hinreißenden Zauber und spleenigen Charme des Vorgängers kann dieser halbherzige Nachklapp leider nicht anknüpfen. Drehbuchautorin Linda Woolverton ("Der König der Löwen") gelingt es nur in Ansätzen, die Fantasy-Saga schlüssig weiterzuerzählen. Auf Wunder kann man als Zuschauer hier kaum hoffen.
Zu Beginn erleben wir Alice, wiederum gespielt von Mia Wasikowska, die als Kapitänin auf hoher See das Schiff ihres gestorbenen Vaters durch alle Stürme führt. Wir haben es also mit einer emanzipierten, tatkräftigen jungen Frau zu tun. Aber sobald Alice dann mittels des magischen Spiegels im Wunderland ankommt, ist sie eben wieder eher das kleine staunende Mädchen - geschrumpft auf Normalmaß.
Sie trifft den verrückten Hutmacher (Johnny Depp), dessen strahlend orangefarbenen Locken vor Kummer weiß geworden sind. Der arme Kerl vermisst seine Familie, Alice soll sie suchen. Also begibt sie sich zum finsteren Herrn der Zeit, gespielt von Sacha Baron Cohen, um mit der "Chronosphäre", einer magischen Kugel, zurück in die Zeit zu reisen. Diese Wundermaschine mit ihren Hebeln und Zeigern ähnelt ein wenig dem Gefährt aus dem Sci-Fi-Klassiker "Die Zeitmaschine" von 1960.
Versatzstücke passen nicht recht zusammen
So gibt sich der Film einen nostalgischen Anstrich, aber die Versatzstücke passen nicht recht zusammen. Es dominiert der bonbonbunte Kinderspaß mit weißen Kaninchen, Teetafel, Grinsekatze und den eierrunden Brüdern Diedeldum und Diedeldei. Dazu passen dann mehr schlecht als recht die schaurigen Momente, für die Sacha Baron Cohen als finsterer Herr der Zeit verantwortlich ist. Ein tickendes Geschöpf der Nacht, halb Mensch, halb Uhr, der für jeden Lebenden eine eigene Uhr bereithält, die unweigerlich abläuft.
Natürlich siegen am Ende die Kräfte des Guten, die hasserfüllte Rote Königin (Helena Bonham Carter) wird bekehrt, und Alice kehrt nach vielen Zeitreisen in ihre eigene Welt zurück. Als Zuschauer wird man allerdings das Gefühl nicht los, nur eine gigantische Seifenblase mit viel heißer Luft gesehen zu haben. Wunderland ist anderswo.
Kinostart "Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln": 26. Mai 2016