Film "Ein Mann seines Wortes": Papst-Doku von Wim Wenders
Berlin (dpa) - Wim Wenders, der zu den wichtigsten deutschen Autorenfilmern zählt und großes internationales Renommee genießt, ist vor allem mit seinen Spielfilmen bekannt geworden. Darunter so legendäre Werke wie "Der Himmel über Berlin" oder "Paris, Texas".
In den zurückliegenden zwanzig Jahren hat der gebürtige Düsseldorfer auch immer wieder mit Dokumentationen auf sich aufmerksam gemacht - Kinostücke wie "Buena Vista Social Club", "Pina" oder "Das Salz der Erde". Ging es etwa in dem letzt genannten Werk um den Fotografen Sebastião Salgado, so widmet sich Wenders in seiner neuen Doku dem Papst. Für "Papst Franziskus - Ein Mann seines Wortes" konnte Wenders auf exklusives Archivmaterial des Vatikans zurückgreifen und vier lange Interviews mit Franziskus führen.
In den Gesprächen äußert sich der Papst zu den unterschiedlichsten Themen: Umweltschutz und der Zustand unserer Erde, Krieg, Feminismus, Liebe, Freiheit und Armut, die Gefahren des Kapitalismus ("Diese Ökonomie tötet!") und viele andere Dinge mehr. Wim Wenders hat die Interviewpassagen, das Kernstück der Doku, mit einer besonderen Kameratechnik eingefangen. Und erweckt so den Eindruck, der Papst rede von der Leinwand herab zu den Zuschauern, man fühlt sich im Kinosessel gleichsam direkt angesprochen. Flankiert werden diese Gesprächssequenzen von Archivausschnitten, die den Papst bei seinen Reisen zeigen: beim Besuch von Strafgefangenen in den USA, bei Begegnungen mit Staatsoberhäuptern, in einem Kinderhospital in Afrika, in einer südamerikanischen Favela.
Mit seinem Charisma, seinem Humor und der Radikalität seines Herzens nimmt Franziskus rasch für sich ein. Immer wieder fühlt man sich angesprochen, etwa wenn der Papst, mit direktem Blick in die Kamera, sagt: "Wir sind keine Maschinen!". Auch die Bescheidenheit des Papstes beeindruckt: Beim Staatsbesuch in den USA sitzt das Oberhaupt der katholischen Kirche in einem Kleinwagen, umringt von riesigen schwarzen Geländeautos.
Wenders’ Film lebt nicht allein von der Ausstrahlung des Papstes: "Ein Mann seines Wortes" ist mehr als nur eine Doku, es ist ein Plädoyer für eine andere, eine solidarischere, eine ökologischere Welt. Hie und da übertreibt es Wenders vielleicht mit dem Pathos: So in den wenigen Momenten, da sich der Regisseur selbst aus dem Off mit einem Kommentar meldet. Wenders’ salbungsvoller Worte hätte es gar nicht bedurft, die Aussagen des Papstes sind stark genug.
Vorab wurde das Werk beim Deutschen Katholikentag in Münster gezeigt und auch beim Filmfestival in Cannes: Kritik blieb nicht aus, so erkannte etwa die "Süddeutsche Zeitung" in Wenders Art der Annäherung an Franziskus eine "hemmungslose Heldenverehrung". Wenders wiederum erklärte im WDR, er habe ja auch "über die alten Musiker in Havanna" (gemeint sind die Protagonisten seines "Buena Vista Social Club") keinen kritischen Film machen wollen.
Sicher wird es Kinobesucher geben, die, ob konfessionell gebunden oder nicht, mit Wenders’ Papst-Porträt ob dessen direkter und wenig kritischer Art nichts werden anfangen können. Dem Regisseur, der selber sagt, er habe keinen Film für Katholiken oder nur für Christen machen wollen, kann man seine Franziskus-Begeisterung (die aus fast jeder Sekunde des Films spricht) kaum zum Vorwurf machen. Kann man Wenders doch als Künstler nur schwerlich zu größerer Objektivität verpflichten.
Wer Fan ist von Wim Wenders, aber mit seiner besonderen, so subjektiven Art des Dokumentarfilm-Drehens partout nichts anfangen kann, der muss nicht lange darben: Im August bringt der Altmeister einen neuen Film ("Grenzenlos") in die Kinos. Keine Dokumentation, sondern ein romantisches Drama, besetzt unter anderem mit Alicia Vikander.
Papst Franziskus - Ein Mann seines Wortes, Italien, Schweiz, Deutschland, Frankreich 2018, 96 Min., FSK ab 0, von Wim Wenders, mit Papst Franziskus