Filmgeschichte Das Academy Museum in Los Angeles stellt sich vor
Los Angeles (dpa) - Hollywood steuert auf die Oscars zu - am Montag wurden die Nominierungen für die Academy Awards verkündet. Ins Rampenlicht drängt ein weiteres Prestige-Objekt der Filmakademie.
Der Countdown für die häufig verschobene Eröffnung des Academy Museums läuft. Nun lud die Museumsleitung zur Vorbesichtigung ein, wegen Corona blieb es beim virtuellen Rundgang.
Dieser bot Star-Power und den ersten Blick hinter die Kulissen der riesigen Sammlung von Filmen, Kostümen und ikonischen Requisiten der Kinogeschichte. "Jurassic Park"-Schauspielerin Laura Dern stimmte als "Tourleiterin" auf das digitale Erlebnis ein. Sie freue sich so sehr, dieses in der Welt führende Museum für Filmkunst vorzustellen.
Auch Oscar-Preisträger Spike Lee meldete sich zu Wort. Seine Sammlung von geliebten Stücken, die seine Arbeit geprägt haben, komme nun ins Museum. Er wolle vor allem Schulkinder für die Welt des Films begeistern, sagt der Regisseur. Oscar-Preisträger Guillermo del Toro gab einen Vorgeschmack auf seine Fantasy-Kreaturen, denen das Museum eine Ausstellung widmen wird.
In einer nach Steven Spielberg benannten Galerie werden auf zehn Monitoren Szenen von über 700 Filmen aus aller Welt gezeigt. Auch Bruce, einer Hai-Attrappe aus dem Horrorschocker "Der Weiße Hai", wird man im Academy Museum begegnen. Mit mehr als acht Meter Länge ist er das größte Objekt der Sammlung.
Es ist ein lang gehegter Traum und längst überfällig, dass die Filmstadt Los Angeles endlich ihr erstes Filmmuseum bekommt, sagt Museums-Direktor Bill Kramer. 2012 waren die Pläne für den ehrgeizigen Bau des italienischen Stararchitekten Renzo Piano verkündet worden. Auf knapp 28.000 Quadratmeter Fläche, über sieben Stockwerke und einen futuristischen Kuppelbau verteilt soll die Geschichte des Films zelebriert werden. Die Kosten schossen auf über 480 Millionen Dollar hoch, die Eröffnung verzögerte sich immer wieder, zuletzt wurde sie wegen Corona von April auf Ende September verschoben.
"Wir wollen optimistisch sein, dass es bis dahin mit dem Impfen so gut läuft, dass wir endlich aufmachen können, endlich!", sagt die Kuratorin Jessica Niebel im dpa-Gespräch. Die Deutsche, die vor dem Umzug nach Los Angeles 2016 beim Frankfurter Filmmuseum tätig war, betreut unter anderem die Eröffnungsausstellung des Museums über das Werk des japanischen Zeichentrick-Meisters Hayao Miyazaki. Der 80-Jährige ist durch Filme wie "Mein Nachbar Totoro" und "Chihiros Reise ins Zauberland" weltbekannt. Niebel hofft, dass der gefeierte Regisseur zur ersten Retrospektive seines Werks anreist.
Die Kuratorin kann der verzögerten Einweihung des Museums auch Positives abgewinnen. "Wir leben ja in einer Zeit, wo sich im kulturellen und gesellschaftlichen Diskurs so viel verändert und unser Museum jetzt die Chance hat, darauf zu reagieren", sagt Niebel mit Blick auf Themen wie Diversität und Rassismus.
So sollen auch die "weniger stolzen" Momente der Filmgeschichte beleuchtet werden, gab die Museumsleitung bekannt. Etwa die Oscar-Verleihung 1940, als Hattie McDaniel mit ihrer Nebenrolle in dem Südstaatenepos "Vom Winde verweht" als erste Afroamerikanerin einen Oscar gewann. Bei der Verleihung durfte sie wegen ihrer Hautfarbe aber nicht mit dem Team an einem Tisch sitzen, sondern war in den hinteren Teil des Raumes verbannt worden.
Spezialeffekte, Kostüme, Sound und Musik - auf alle Aspekte der Filmkunst will das Museum eingehen. Eine Galerie etwa zeigt die Arbeit der isländischen Cellistin und Komponistin Hildur Gudnadottir, die für ihre "Joker"-Musik einen Oscar gewann. Wie man die Oscar-Bühne im Dolby Theatre betritt, können Besucher in der Ausstellung "The Oscars Experience" nachspielen.
Für Niebel ist eines der ikonischen Highlights das runde Spaceship Aries 1B aus Stanley Kubricks "2001: Odyssee im Weltraum" ("2001: A Space Odyssey"). Die seltene Requisite von den Dreharbeiten für den Weltraumklassiker von 1968 sehe nach der Restaurierung "einfach großartig" aus, freut sich die Kuratorin.
Stars wie Steven Spielberg, Barbra Streisand und George Lucas, aber auch Filmstudios, Stiftungen und Firmen spendeten für den Bau Millionenbeträge. Eine der Glasbrücken, die den eleganten Altbau am Wilshire Boulevard mit einer kühnen, gigantischen Kugel aus Glas, Stahl und Beton verbindet, ist zum Dank nach Streisand benannt. Im Bauch der Sphäre ist das David-Geffen-Großraumkino mit 1000 Plätzen, darüber eine riesige Terrasse, von der man auf den berühmten Hollywood-Schriftzug schaut.
Niebel bewundert nicht nur die Millionenspenden, sondern auch die Zeit und Energie, die große Stars in das Projekt stecken. "Tom Hanks und Annette Bening etwa waren immer bereit, wenn man sie fragte, kannst du uns helfen. Das Academy Museum ist für sie ein echtes Herzensanliegen."
Nach dem Shutdown der Kulturwelt während der Corona-Krise rechnet die Kuratorin mit viel Zulauf, wenn das Museum im Herbst für Besucher öffnet. Aber auch virtuell würde viel geboten. Durch die Pandemie seien die digitalen Erlebnisse weiter erschlossen worden. "Das Museum kann sich international ausbreiten und Leute erreichen, die niemals hierherkommen können", sagt Niebel.