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Sölden: Aufregung um den Ski-Weltcup – "Katastrophe"


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Aufregung um Gletscher
"Das ist für den Skisport eine Katastrophe"


Aktualisiert am 28.10.2023Lesedauer: 4 Min.
Mikaela Shiffrin in Sölden: Sie geht auch dieses Jahr im Riesenslalom an den Start.Vergrößern des Bildes
Mikaela Shiffrin in Sölden: Sie geht auch dieses Jahr im Riesenslalom an den Start. (Quelle: Sammy Minkoff/imago-images-bilder)
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Ende Oktober startet mit dem Weltcup in Sölden traditionell die Wintersportsaison. In diesem Jahr gab es viel Aufregung um den Gletscher. Das steckt dahinter.

Es ist wieder so weit und die Stars des Wintersports starten in die Saison. Am Wochenende beginnt im österreichischen Sölden der Riesenslalom der Damen und Herren. Mit dabei sind auch die US-Amerikanerin Mikaela Shiffrin und die Schweizerin Lara Gut-Behrami. Doch wo nun eine präparierte Piste zu sehen ist, waren vor zwei Wochen noch Bagger – und kein Schnee. Die Temperaturen lagen eher bei rund 20 Grad.

Das sorgte im Vorfeld des Weltcup-Auftaktes für Wirbel und jede Menge Gesprächsstoff. So sagte die Weltcup-Rekordhalterin Shiffrin: "Bis zu welchem Grad sollen wir unsere Umwelt an einen Zeitplan anpassen, den wir haben wollen? Oder sollten wir unsere Zeitpläne an die Umwelt anpassen?" Sie regte an, dass der Rennkalender "überdacht" wird. Mit ihrer Haltung ist sie nicht allein.

"Würde Sinn machen, Mitte November zu beginnen"

Auch die Super-G-Olympiasiegerin des vergangenen Jahres, Gut-Behrami, sagte der Zeitung "Blick": "Wir haben weniger Schnee im November und viel im April. Für viele Athleten würde es Sinn machen, Mitte November zu beginnen." Sie erklärt zudem, dass bei den Sportlern weniger Lust aufkommt, Ski zu fahren, wenn "die Leute im Zielraum im T-Shirt rumlaufen und jene vor dem Fernseher Badehose tragen" würden.

Die Schweizerin Michelle Gisin, die in Peking Olympiasiegerin in der Alpinen Kombination wurde, hat nur wenig Verständnis für das frühe Ansetzen der Rennen und sieht Optimierungsbedarf. "Da nehmen wir nicht immer den kürzesten Weg von einem Weltcuport zum nächsten", so Gisin: "Insgesamt habe ich den Eindruck, als würde man eher gegen die Natur arbeiten, anstatt sich angesichts des Klimawandels nach vorne zu bewegen."

"Das ist für den Skisport eine Katastrophe"

Diesen Eindruck erweckten zuletzt auch die Bilder des Baggers, der am Gletscher in Sölden versuchte, den Hang so anzupassen, dass er für die Weltcup-Rennen geeignet ist. "Das ist für den Skisport eine Katastrophe", sagte Felix Neureuther im "BR24"-Podcast "Pizza&Pommes".

"Ich war sprachlos aufgrund der Bilder", so der frühere Skirennfahrer: "Die sind sehr verstörend und einfach nicht mehr zeitgemäß." Bereits in der vergangenen Saison sprachen sich mehr als 150 Athletinnen und Athleten – darunter auch Shiffrin – für einen klimafreundlicheren Wintersport aus und forderten den Internationalen Skiverband (FIS) zum Handeln auf. Die Initiative wurde vom Skirennläufer Julian Schütter gestartet und will bessere Klimaschutzmaßnahmen erwirken.

Greenpeace-Umfrage: "Mehr Einsatz für den Klimaschutz durch die FIS"

Die FIS reagierte darauf Anfang des Jahres mit einer Verbandsmitteilung. "Seit 2021, als Präsident Johan Eliasch an die Spitze der FIS gewählt wurde, steht die Nachhaltigkeit im Zentrum des Verbandes. Sie ist eine Priorität bei allem, was die FIS tut", heißt es darin. Den Sportlern aber reicht das nicht. Auch die Klimaschutzorganisation Greenpeace bemängelt fehlendes Handeln.

Sie veröffentlichte unlängst Bilder vom Rettenbachferner in Sölden mit den Baggern und startete in ihrem Auftrag eine Integral-Umfrage unter Österreichern. Demnach hat nur jeder fünfte Befragte den Eindruck, dass die FIS bei alpinen Skirennen auf Klimaschutz achte. "Die überwiegende Mehrheit (83 Prozent) wünscht sich mehr Einsatz für den Klimaschutz durch die FIS", steht in der Auswertung der Umfrage durch Greenpeace.

Im Anschluss an die Diskussionen meldeten sich auch die Bergbahnen Sölden und widersprachen der Kritik von Greenpeace. Bei den Arbeiten, die am Gletscher ausgeführt wurden, handele es sich um normale Sanierungsarbeiten der bestehenden Piste. Diese seien genehmigt worden, wurde dem "Standard" mitgeteilt. Hintergrund der Arbeiten sei es, in den kommenden Jahren weniger Schnee und Energie zu benötigen.

"Schwach, wie einseitig in gewisser Hinsicht berichtet wurde"

Während Shiffrin und Gut-Berahmi für Änderungen plädieren, gibt es auch Stimmen, die dagegenhalten. So versicherte der österreichische Ex-Skirennfahrer Marc Girardelli "Mikaela Shiffrin, dass in Sölden mit einer höchst umweltfreundlichen Technologie Schnee produziert wird". Auch der österreichische Skirennfahrer Manuel Feller regte sich in der "Krone" auf: "Ich finde es schwach, wie einseitig in gewisser Hinsicht berichtet wurde, weil nie hinterfragt wurde, warum es gemacht wurde. Es geht um Nachhaltigkeit. Der Blick von Sölden ist weiter nach vorne gerichtet, auch wenn es natürlich katastrophal ausschaut."

Auch der deutsche Ski-Alpin-Profi Thomas Dreßen echauffierte sich auf einem Einkleidungsevent der Athleten: "Ich höre so viele negative Sachen über den Skisport generell, dass mir das mittlerweile echt ziemlich auf den Keks geht, wie sich da manche äußern, auch Ex-Sportler." Allerdings wird Dreßen von Sölden gesponsert und trainiert dort. Seine Aussagen sind also nicht überraschend.

Glaziologe: "Andererseits ist der Klimawandel viel dramatischer"

Aus Sicht des Glaziologen Matthias Huss von der ETH Zürich sei es problematisch, auf einem Gletscher zu baggern. In einem Beitrag des Senders SRF sagt er allerdings auch: "Aber andererseits ist der Klimawandel viel dramatischer. Der Klimawandel vernichtet jedes Jahr unglaubliche Mengen an Eis. Man muss es in den Kontext setzen."

Durch die Bagger greife der Mensch in das Hochgebirge ein, wo normalerweise unberührte Natur sei. "Der Gletscher verliert lokal an Masse, dort wo gearbeitet wird. Aber man muss schon betonen, das ist ein sehr lokaler Eingriff. Wohingegen der Klimawandel und die Extremsommer, die wir hatten, eine unglaublich viel größere Menge an Eis zerstört haben."

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In direktem Bezug zu Sölden sagt Huss: "Das sieht tatsächlich sehr schlimm aus, wenn am Gletscher gebaggert wird und das Eis zerstört wird, aber ich würde nicht sagen, dass es sehr große konkrete Folgen hat für den Gletschermassenverlust. Dem Gletscher tut es nicht besonders weh, da dieses Eis im nächsten Jahr wahrscheinlich sowieso weggeschmolzen wäre."

Sölden wird weiterhin ein Thema bleiben. Doch die Aussagen des Glaziologen Huss zeigen auch, dass der Wintersport sich in Bezug auf den Klimawandel etwas einfallen lassen muss und Veränderungen über kurz oder lang bevorstehen.

Verwendete Quellen
  • Podcast "Pizza&Pommes" von "BR24 Sport", Folge: "Bagger in Sölden: Zerstört der Skisport die letzten Gletscher?"
  • Greenpeace-Studie CO2-Kompensationen 7579/2023
  • srf.ch: "Alle Gletscher in der Schweiz haben stark an Dicke eingebüsst"
  • srf.ch: "Bagger auf dem Gletscher bei Zermatt: Was ist da los?"
  • eurosport.de: "MIKAELA SHIFFRIN STELLT FRÜHEN WELTCUPSTART IN SÖLDEN IM OKTOBER INFRAGE: "MACHT ES WIRKLICH SINN?""
  • br.de: "Vor Auftakt in Sölden: Ski-Stars unterstützen Neureuther-Kritik"
  • faz.net: "Das ist unser wichtigstes Rennen"
  • sportschau.de: "Greenpeace – "Gletscher wird für Ski-Weltcup zerstört"
  • sportschau.de: "Ski-Weltverband Fis weist Klima-Kritik zurück"
  • sport1.de: "Legenden weisen Ski-Stars zurecht"
  • eursport.de: "SÖLDEN-WELTCUP: MANUEL FELLER UND THOMAS DRESSEN REAGIEREN AUF KRITIK AN AUFTAKTRENNEN: "ICH FINDE ES SCHWACH"
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