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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Habe meinen Vater nie gesehen" Die rührende Geschichte des schnellsten Manns der Welt
Marcell Jacobs ist Olympiasieger über die 100 Meter und Nachfolger von Usain Bolt. Bis dahin war es ein harter Weg. Der Italiener ist ohne Vater aufgewachsen. Nun erzählt er seine rührende Geschichte.
Um 21.50 Uhr Ortszeit fiel der Startschuss für das 100-Meter-Finale der Männer. Um 23.34 Uhr kam Olympiasieger Marcell Jacobs strahlend und mit angekratzter Stimme zu den Journalisten in die Mixed-Zone. Er hat das geschafft, was ihm nur wenige zugetraut haben: die Goldmedaille zu gewinnen.
Während die wenigen Zuschauer und Funktionäre im Olympiastadion in Tokio den Italiener feierten und seinen Namen riefen, konnte dieser den Erfolg noch gar nicht fassen, sagte gerührt: "Ich habe es nicht erwartet. Es ist unglaublich. Mein Traum war es, hier ins Finale zu kommen und zu gewinnen – und ich habe es geschafft. Ich habe keine Worte, diesen Moment zu beschreiben."
"Habe vor einem Jahr das erste Mal mit ihm gesprochen"
Jacobs erzählt davon, dass er sich zuletzt viel auf Mentaltraining konzentriert hat. Zudem kommt er auf seine US-amerikanischen Wurzeln zu sprechen und erzählt dann sehr emotional: "Ich bin in Texas geboren. Als ich sechs Monate alt war, bin ich mit meiner Mama nach Italien gegangen. Meine Mama ist Italienerin und mein Vater ist Amerikaner. Meine Eltern haben sich getrennt, als ich sechs Monate alt war. Ich habe meinen Vater nie gesehen."
Doch vor einem Jahr habe er Kontakt aufgenommen. Ein wichtiger Grundstein für seinen Sieg, wie er schildert: "Ich habe vor einem Jahr das erste Mal in meinem Leben angefangen mit ihm zu sprechen. Er hat heute auch das Rennen geschaut und mir davor geschrieben, dass ich es schaffen kann und dass er bei mir ist. Er heißt genauso wie ich, ich bin der Junior. Er lebt in Dallas, aber ich weiß nicht, was er tut."
"Nachrichten mit ihm haben mir geholfen"
Während Jacobs spricht, spürt man die Energie, die ihm dieser Kontakt gibt und auch, wie wichtig ihm sein Vater ist: "Die Nachrichten mit ihm haben mir geholfen. Ich habe mein ganzes Leben ohne meinen Vater gelebt. Wenn mich Leute nach ihm gefragt haben musste ich immer sagen, ich weiß nicht wo er ist." Und dann fügt der frische Olympiasieger strahlend an: "Ich habe eine neue Beziehung zu ihm aufgebaut, das war für mich sehr wichtig." Nun kann er mit ihm die Gold-Medaille feiern. Ebenso, wie mit seinem italienischen Landsmann Gianmarco Tamberi, der im Hochsprung Olympiasieger wurde.
Jacobs lacht und sagt: "Die zwei italienischen Goldmedaillen sind fantastisch. Gestern Abend habe ich Playstation mit Gianmarco in meinem Zimmer gespielt und wir haben uns gesagt: 'Kannst du dir vorstellen, dass wir beide gewinnen?'. 'Nein, es ist unmöglich', sagte er. Und als ich ihn heute Abend fünf Minuten vor meinem Lauf gesehen habe, als er zuvor Gold geholt hatte, da habe ich gesagt: 'Okay, ich werde es machen.'"
Und Jacobs hat es gemacht.
- Eigene Beobachtung
- Interview in der Mixed-Zone des Olympiastadions in Tokio
