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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Deutsches Olympia-Wunder bleibt aus "Es ist kein Videospiel": Basketballer hadern mit Pleite
Die deutschen Basketballer haben den Einzug ins Olympia-Finale verpasst. Daran änderte auch die Unterstützung von Dirk Nowitzki nichts.
Aus Paris berichtet Alexander Kohne
Dirk Nowitzki saß im entscheidenden Moment da, als ob er kein Wässerchen trüben könnte. Das linke Bein hatte die deutsche Basketball-Legende aufs rechte Knie gestützt, die weißen Turnschuhe nach vorn gestreckt.
Nachdem Dennis Schröders Dreier den Korb in der Arena Bercy klar verfehlt hatte, stand Nowitzki auf und applaudierte höflich. Die französische Basketball-Legende Tony Parker neben ihm tat es Nowitzki gleich – aber deutlich enthusiastischer.
Ziel war der Olympiasieg
Der Olympia-Traum der deutschen Basketballer war soeben zerplatzt. Das 69:73 im Halbfinale gegen Frankreich verhinderte den Einzug ins Finale, in dem wahrscheinlich die USA warten. Eigentlich wollten die deutschen Basketballer nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft im Vorjahr in Paris den ganz großen Wurf landen. Als Ziel hatten sie den Olympiasieg ausgegeben.
Entsprechend bedröppelt sahen die Gesichter bei den Spielern des Deutschen Basketball-Bundes (DBB) aus, als diese sich in den Katakomben der Halle den Fragen der Journalisten stellten. "Es ist kein Videospiel", sagte der sichtbar niedergeschlagene Franz Wagner in der Presserunde, bei der auch t-online dabei war. "Wir spielen nicht immer perfekt und sind alle Menschen." Das Team werde aus der Niederlage lernen.
Nationaltrainer Gordon Herbert lauschte neben Wagner stehend den Ausführungen seines Schützlings und wirkte dabei fast etwas meditativ. Über eine Minute schaute der 65-Jährige mit gesenktem Kopf gen Boden, hatte die rechte Hand grüblerisch ans Kinn gelegt und zeigte keine Gefühlsregung.
In der Körperhaltung des Kanadiers manifestierte sich die ganze Schwere der Niederlage. Denn an ein solches Negativereignis waren Trainer und Team gar nicht mehr gewöhnt. Seit dem Halbfinale der Heim-EM 2022 war die DBB-Auswahl nicht mehr besiegt worden.
Spiel um Platz drei am Samstagmittag
Gemessen daran fiel Herberts Fazit relativ unspektakulär aus. "Ich glaube nicht, dass wir unser bestes Spiel gespielt haben. Aber das ist Teil des Sports. Wir haben nicht aufgegeben", gab er zu Protokoll.
Der Coach wird die Nationalmannschaft verlassen und nach den Spielen zum FC Bayern München wechseln. Zuvor steht allerdings noch das Spiel um Platz drei an, in dem es gegen den Verlierer des anderen Halbfinals zwischen den USA und Serbien geht (ab 11 Uhr im Liveticker von t-online).
Daran wollte Johannes Voigtmann direkt nach dem Frankreich-Spiel aber noch keinen Gedanken verschwenden. "Jetzt gerade ist es schwer. Wir sind hier reingegangen und unser Ziel war Gold", sagte der Center konsterniert. Nach kurzer Pause schob er hinterher, dass der "volle Fokus" ab Freitagmittag darauf liege, immerhin mit Bronze zurück in die Heimat zu fahren.
Zumindest der eingangs erwähnte Nowitzki würde sich dann sicher euphorischer an der Seitenlinie präsentieren als am Donnerstagabend. Denn zu seinen aktiven Zeiten war eine Medaille bei Olympischen Spielen fast unmöglich.
"Dass eine deutsche Mannschaft EM-Dritter wird, Weltmeister, und dann bei Olympischen Spielen das Halbfinale erreicht – das hätte ich nie gedacht, dass das möglich ist", hatte der langjährige NBA-Spieler vor dem Duell mit Frankreich gesagt. Und obwohl es in seiner Ära Medaillen bei WM und EM gegeben hatte, wäre Edelmetall bei den Spielen in Paris für den deutschen Basketball in gewisser Weise der Vorstoß in eine neue Dimension.
- Eigene Beobachtung in der Halle
- Presserunde mit Gordon Herbert, Franz Wagner und Johannes Voigtmann