Guten Morgen aus Paris Da hakte es massiv
Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Obwohl es oft nicht so wirkt, sind die Wege bei den Olympischen Spielen nicht zu unterschätzen. Das betrifft nicht nur Athleten. Schnell kommen täglich mehrere Kilometer zusammen.
Bonjour, liebe Leser,
in Fernsehübertragungen wirken Olympische Spiele oft so, also ob alles in einer großen Nachbarschaft angesiedelt sei und man nach Ende eines Wettbewerbs ruckzuck zum nächsten wechseln könne.
Auch ich hing dieser Vorstellung lange Jahre nach. So weit können die Wege vor Ort doch gar nicht sein. Aber glauben Sie mir: Das sind sie. Und zwar besonders für die Athleten. Diese müssen täglich von ihren Zimmern – die bei den meisten irgendwo im Olympischen Dorf liegen – zu Trainingsstätten und Stadien kommen. Und natürlich auch wieder zurück.
Das erregte im deutschen Team besonders am Anfang der Spiele Ärger. Denn da hakte es bei der Beförderung teilweise massiv. So benötigte das deutsche Schwimmteam für die zwölf Kilometer lange Fahrt zur La Défense Arena statt der veranschlagten 45 auch mal knapp 100 Minuten. Und zwar für einen Weg!
In Sachen Komfort gab es ebenfalls Einschnitte. "Es sind lange Transportwege, Busse fallen aus und man muss manchmal auch auf dem Boden sitzen", verriet etwa Schmetterling-Spezialistin Angelina Köhler.
Nicht nur die Schwimmer, auch viele andere hatten in der ersten Woche in Paris mit derartigen Problemen zu kämpfen. Unter anderem die Wasserspringer. Olympia-Debütant Moritz Wesemann verriet mir, dass er deshalb auch mal zu Fuß zur Halle laufe.
Auf seine Schrittbilanz wirkt sich das massiv aus. "Ich laufe teilweise über 20.000 Schritte am Tag. Da merkt man das schon irgendwann in den Beinen. Nicht, dass es einen müde macht, aber es ist irgendwie etwas Neues", erklärte Wesemann – und auch, dass er sich bereits nach wenigen Tagen Blasen gelaufen habe.
Anfangs konnte ich mir das gar nicht vorstellen, doch nach nunmehr zwei Wochen in Paris muss ich sagen: Mir geht es genauso. So war ich am Tag meines Besuchs im Olympischen Dorf, meinem ersten kompletten in Paris, selbst knapp 16.500 Schritte unterwegs.
Die Wege sind auch für die Besucher der Wettbewerbe teilweise immens. So ist die Strecke von der Bahnstation zur Tribüne gut und gerne einmal anderthalb Kilometer lang. Bei Journalisten kommt hinzu, dass die Wege in Pressezentren und "Mixed Zones" (in denen Sportler nach den Wettkämpfen Fragen beantworten) ebenfalls einige Zeit in Anspruch nehmen können. So lief ich vom Pressezentrum des Straßenradrennens bis zur Interviewzone fast 3.000 Schritte.
Zugegeben: Das war eine besondere Situation. Wie bei den Athletenbussen brauchten die insgesamt sehr freundlichen und hilfsbereiten freiwilligen Helfer eine gewisse Zeit, bis sie sich eingespielt hatten. Und obwohl wir an einer der im Presseplan angegebenen Haltestelle ausgestiegen waren, wurden wir von dort schlichtweg zum falschen Pressezentrum gelotst. Damit waren wir zwar nicht allein, den Weg zur eigentlichen Destination verkürzte es aber nicht. Zum Glück war das anschließende Interview es dennoch mehr als Wert.
Das ist heute aus deutscher Sicht relevant
Den Start macht das deutsche Mixed-Team im Gehen. Ab 7.30 Uhr geht es für Saskia Feige und Christopher Linke um eine gute Platzierung. Zweieinhalb Stunden später kämpft der Kletterer Alexander Megos im Bouldern um den Finaleinzug. Parallel müssen auch die Tischtennisspielerinnen im Viertelfinale gegen Indien ran.
Ab Mittag starten die Bahnradsportlerinnen Franziska Brauße, Lisa Klein, Laura Süßemilch und Mieke Kröger in der Teamverfolgung das Unternhemen Bronzemedaille (ab ca. 13.30 Uhr). Parallel wartet auf die deutschen Handballer im olympischen Viertelfinale mit Gastgeber Frankreich in Lille ein schwerer Brocken (ab 13.30 Uhr). Ebenfalls gegen Frankreich im Viertelfinale geht es für die deutschen Basketballerinnen. Die Partie beginnt um 18.00 Uhr in der Bercy Arena.
Ab 20.25 Uhr hofft Clemens Prüfer im Diskus-Finale im Olympiastadion dann auf eine Überraschung. Und spät am Abend bittet Schwergewichtsboxer Nelvie Tiafack im Tennisstadion von Roland Garros zum Halbfinale. Bronze hat er bereits sicher. Sollte er gewinnen, stünde danach sogar der Fight um Gold an.
Was noch spannend ist
Ab 12.30 Uhr rollen auf dem bekannten Place de la Concorde die Skateboards. In der Disziplin "Park" wird dort in der Vorrunde gesprungen, gerutscht und getrickst. Seit den vergangenen Spielen in Tokio ist die Sportart olympisch und zieht vor allem ein junges, urbanes Publikum an. Im Herzen von Paris dürfte neben spektakulären Aktionen also auch ein besonderes Ambiente garantiert sein. Das Finale ist für 17.30 Uhr angesetzt.
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag und bleiben Sie olympisch,
Alexander Kohne
- Eigene Beobachtungen in Paris
- Gespräch mit Moritz Wesemann