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Olympia 2024: Was ist eigentlich ein Sportheld?


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Wie wird man ein Sportidol?
Ein Käfig voller Helden


25.03.2024Lesedauer: 4 Min.
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Drei Sportgrößen, viele Gemeinsamkeiten: Die mittlerweile verstorbenen Fritz Walter (v. l.), Franz Beckenbauer und Uwe Seeler werden oftmals als Helden des deutschen Fußballs bezeichnet. (Quelle: IMAGO/SVEN SIMON/imago)
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Helden gibt es in der Menschheitsgeschichte viele, doch gerade im Sport wird der Begriff häufig bemüht. Was steckt dahinter? Und was macht einen Sporthelden überhaupt aus? Eine Annäherung.

Legende, Ikone, Star – leicht übertriebene Zuschreibungen gibt es im Sport häufiger als in anderen gesellschaftlichen Bereichen. Ein Begriff wird dabei geradezu inflationär verwendet: der des Helden beziehungsweise der Heldin. Das reicht von den WM-Helden von 1954 über Olympia-Heldin Malaika Mihambo bis hin zum gefallenen Tour-Helden Jan Ullrich.

Doch was macht Helden im Sport aus? Gibt es sie überhaupt noch? Und müssen sie immer gewinnen? Im Kontext der bevorstehenden Olympischen Spiele im Sommer 2024 wagt t-online eine Annäherung.

Der Duden listet unter "Held" gleich mehrere Definitionen auf: Gemein haben sie, dass eine Person mit Mut und Unerschrockenheit besondere Taten vollbracht hat, für die sie andere Personen bewundern und teilweise zum Vorbild nehmen.

So weit, so überschaubar. Der Ursprung des Wortes wird in der Regel dem klassischen Altertum zugeschrieben. Und bereits damals wurden nicht nur erfolgreiche Heerführer, sondern auch Sportler als Helden verehrt. Dies geht auf die Olympischen Spiele zurück, die vor rund 2.800 Jahren erstmals im antiken Griechenland entstanden sind.

Vom Schlachtfeld ins Stadion

Statt sich ausschließlich auf dem Schlachtfeld zu bekriegen, verlagerten Athen, Sparta oder Elis ihre Rivalitäten alle vier Jahre auf Laufbahnen und in Stadien. Zu den ersten Sportarten gehörten Laufen, Speerwerfen, Boxen oder Ringen. Die Sieger wurden von Zehntausenden Zuschauern bejubelt, in der Heimat wie Stars gefeiert, mit teuren Geschenken bedacht und teilweise bis an ihr Lebensende kostenlos verpflegt.

Allerdings ging es dabei deutlich brutaler zu: Immer wieder kam es während der Spiele zu Todesfällen – vor allem in den Kampfdisziplinen. Kein Wunder also, dass die Athleten (damals übrigens nur Männer) umfassend trainierten – und dabei auch auf Trainer und Ärzte zurückgriffen. Aus heutiger Perspektive könnte man sie als Profisportler bezeichnen.

Daher rekrutierten sich die Athleten auch aus finanziell bessergestellten, oft adeligen Familien. Der Normalbürger hatte in der Antike schlicht weder Zeit noch Geld für das aufwendige und teure Athletenleben. Und auch leistungssteigernde Mittel wurden damals schon eingesetzt. Ebenso gab es Versuche, sich – beispielsweise durch Bestechung der Schiedsrichter – regelwidrig einen Vorteil zu verschaffen. Das war zwar öffentlich geächtet, hielt viele Betrüger aber nicht davon ab, es trotzdem zu probieren.

Olympia-Motto der Antike: The winner takes it all

Denn damals galt die Devise: The winner takes it all. Nur der Sieger wurde groß geehrt und zum Abschlussbankett eingeladen. Dieser Elitismus hat sich mittlerweile grundlegend geändert. Heroisch gefeierte Athleten finden sich heute indes mehr denn je: "Im Sport gibt es noch einige Helden, einige Lichtgestalten, die auftreten, und das Publikum klammert sich an sie und möchte unbedingt, dass wir hier den Lichtblick haben, dass wir hier etwas Übernatürliches, Großes, vielleicht Unvergängliches haben", beschreibt das der bekannte Sportphilosoph Gunter Gebauer.

Mitentscheidend scheint dafür die Identifikation des Publikums zu sein. "Ein Sportler wird auch als Held angesehen, da die Menschen sich mit ihm identifizieren können, um sich zu sagen: 'Das ist einer von uns.' Sie kommen aus der Mitte der Gesellschaft und trotz ihres Erfolges sind sie auf dem Boden geblieben", argumentiert Professorin Swantje Scharenberg von Karlsruher Institut für Technologie. Laut der Wissenschaftlerin gilt: "Die Werte, die mit dem Sport allgemein verbunden werden, also beispielsweise Zielstrebigkeit, geordneter Lebenswandel, Verlässlichkeit, Fair Play, dienen als Identifizierungsgrundlage für den Helden."

Daraus ergibt sich, dass ein Athlet nicht unbedingt gewinnen muss, um den zuvor erwähnten Heldenstatus zu erwerben. Viel wichtiger ist es, dass er sich auch auf anderen Ebenen wie der Fairness oder Zielstrebigkeit auszeichnet. Besonders eindrucksvoll ist dies dem Fußballtrainer Marcelo Bielsa gelungen: Der Argentinier gab nach einem zweifelhaften Vorteil, der seinem Team Leeds United ein Tor einbrachte, die Anweisung, Gegner Aston Villa im Anschluss einen Treffer ohne Gegenwehr schießen zu lassen. Die Partie endete 1:1, was Leeds den direkten Aufstieg kostete.

Aus der Mitte der Gesellschaft

Eine Besonderheit der deutschen Sportgeschichte ist derweil, dass die hiesigen Helden meistens aus relativ normalen Verhältnissen kommen. Adelige wie der ehemalige Formel-1-Vizeweltmeister Wolfgang Graf Berghe von Trips oder "Tennis-Baron" Gottfried von Cramm sowie extrem wohlhabende Athleten sind sehr selten.

So erklären die Wissenschaftler Thorsten Schauerte und Jürgen Schwier, dass die Geschichten der Sporthelden oft mit den nationalen Werten des Heimatlandes übereinstimmen. "Bis auf wenige Ausnahmen stammen deutsche Sportheroen aus der Mitte der Gesellschaft. Sie sind einerseits wie wir, andererseits durch ihr Tun ganz anders und suggerieren, dass man unabhängig von seiner Herkunft etwas Besonderes sein kann", sagen die Forscher.

Fußballer wie Fritz Walter, Uwe Seeler oder der kürzlich verstorbene Franz Beckenbauer sind Protagonisten dieses Phänomens. Sie alle stammten aus recht einfachen Verhältnissen und wurden in drei Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg durch ihre Leistungen auf dem Platz zu Helden. Außerhalb des Spielfeldes blieben sie jedoch nahbar und bescheiden. Je mehr sich die Menschen in Herkunfts- und Wesenszügen der beschriebenen Athleten wiederfinden, desto stärker können sie sich mit ihnen identifizieren.

Vom Helden zum Antihelden

Ein wichtiger Umstand sollte jedoch nicht vergessen werden: In kaum einem anderen gesellschaftlichen Bereich verläuft der Abstieg vom Helden zum Antihelden so rasant wie im Sport. Denn gerade hier werden relativ junge Menschen hochgejubelt.

Umso extremer kann sich das allerdings auch ins Gegenteil verkehren. Beste Beispiele dafür sind Athleten wie die ehemaligen Tour-de-France-Sieger Lance Armstrong oder Ex-Sprint-Olympiasieger Ben Johnson, die des Dopings überführt wurden und damit ihren Heldenstatus verloren haben.

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"Es ist eine große Bereitschaft da, diesen Sportlern zuzujubeln, und man stellt dann nach einigen Jahren fest, dass der Jubel vollkommen unberechtigt war", so Sportphilosoph Gunter Gebauer. "Es gibt dann so eine Art Heldensturz, und der ist durchaus berechtigt – wie überall, wo Leute hochgejubelt werden mit falschen Aktien und hinterher entpuppen die sich als Leerverkäufe und man muss einsehen, dass alles umsonst gewesen ist."

Bei aller Heldenverehrung im Sport sollten Zuschauer und Fans diesen Aspekt also durchaus im Hinterkopf haben. Zumal gerade junge Menschen den hohen Erwartungen der Öffentlichkeit an ihre Sporthelden oft gar nicht gerecht werden können.

Philosoph Gebauer konstatiert deshalb: "Es ist so, dass der Sport durchzogen ist von einer Heldenverehrung, die den Übernatürlichen und den Lichtbringer sucht. Das ist einfach übertrieben!"

Verwendete Quellen
  • Paul Christesen und Donald G. Kyle: A Compantion To Sport And Spectacle In Greek And Roman Antiquity (wiss. Artikel auf Englisch; 2013)
  • Gunter Gebauer: Körper- und Einbildungskraft: Inszenierungen des Helden im Sport (Buch, 1988)
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