Umstrittene Szene Reporterin führt Interview – dann geht ein Spieler dazwischen
Ein Footballprofi stört das Interview seiner Teamkollegen, um eine Botschaft abzusetzen. Das löst Empörung hervor. Denn bestraft wurde der Spieler bislang nicht.
Und was machst du so beruflich? Im Fall von Nick Bosa, Footballprofi der San Francisco 49ers, könnte man wohl sagen, dass sein Beruf darin besteht, mit Wucht in Leute hineinzulaufen. Bosa spielt auf der Position des Defensive End, er ist zuständig dafür, gegnerische Offensivspieler zu stoppen – indem er sie über den Haufen rennt.
Zugegeben, das ist eine stark vereinfachte Erklärung dessen, womit Bosa sein Geld verdient (34 Millionen US-Dollar pro Jahr), aber der NFL-Profi selbst scheint einfache Botschaften zu mögen. Jedenfalls präsentierte er eine solche am Sonntag, nachdem sein Team mit 30:24 gegen die Dallas Cowboys gewonnen hatte, noch auf dem Spielfeld.
Da lief der 27-Jährige schnurstracks in ein Interview hinein, das Feldreporterin Melissa Stark für den Sender NBC führte. Stark plauderte gerade mit 49ers-Spielmacher Brock Purdy und dessen Teamkollegen George Kittle und Isaac Guerendo über die Partie, als Bosa plötzlich dazwischen ging und mit beiden Zeigefingern auf seine Kopfbedeckung zeigte. Stark und Purdy schauten etwas gequält in die Kamera und taten dann schnell so, als sei nichts gewesen. Dabei war durchaus was. Denn auf Bosas Baseballmütze stand in goldener Schrift "Make America Great Again", der Wahlspruch Donald Trumps.
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Nun ist die Tatsache, dass Bosa den Republikaner Donald Trump unterstützt, keine Neuigkeit. So äußerte sich der Footballprofi schon mehr als einmal bewundernd über Ronald Reagan und Trump. Diese seien "Goats", also "die größten [Präsidenten] aller Zeiten", sagte er etwa.
Bosa löscht diskriminierende Aktivitäten
Schon 2016, als die NFL gerade von den Protesten um Colin Kaepernick erschüttert wurde, meldete Bosa sich zu Wort. Der Afroamerikaner Kaepernick sorgte zu jener Zeit in der Liga für Aufruhr, weil er sich vor den Spielen seiner 49ers hinzuknien pflegte, während die amerikanische Nationalhymne abgespielt wurde. Es war ein Zeichen des Protests gegen den grassierenden Rassismus in den USA und in der NFL.
Bosa beschimpfte Kaepernick damals als "Clown" – und lag damit voll auf der Linie des damaligen Präsidentschaftskandidaten Trump, der forderte, Kaepernick und alle anderen Footballprofis, die sich hinknieten, sollten sofort von ihren Arbeitgebern gefeuert werden. Tatsächlich wurde Kaepernicks von den 49ers trotz eines hoch dotierten Sechsjahresvertrags nach dem Ende der Saison 2016 entlassen; einen anderen Klub, der ihn anstellen wollte, fand er danach nicht mehr.
Als Bosa dann 2019 von den 49ers unter Vertrag genommen wurde, löschte er diverse Kommentare aus seinen Profilen in sozialen Medien und nahm Likes zu homophoben und rassistischen Meldungen wieder zurück. Auch gab er ein Pressestatement heraus, in dem er sich zur Vielfalt unterschiedlicher Lebensentwürfe bekannte und versprach, als Mensch weiterzuwachsen. Die öffentliche Läuterung war wohl nötig, denn in einer Stadt wie San Francisco wird Vielfalt großgeschrieben, die Metropole gilt als eine der liberalsten in den USA.
Wird die NFL sich an ihre eigenen Regeln halten?
Unter US-Sportkommentatoren war der Aufschrei nach Bosas neuerlicher Aktion groß. Schließlich hat die NFL im Nachgang der Kaepernick-Proteste sämtliche politischen Statements verboten. Die NFL-Profis verpflichten sich, ihre persönlichen politischen Meinungen aus dem Geschäft herauszuhalten.
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Dass in der NFL manche Athleten und Funktionäre (nämlich weiße) anders behandelt werden als Nicht-Weiße, mutmaßt etwa Jim Trotter, Kolumnist des renommierten Sportfachmagazins "The Atheltic". Demnach pflege die Liga eine Doppelmoral, wenn es darum, Spieler und Funktionäre zu sanktionieren. "Jemand wie Kaepernick wird nachhaltig schikaniert und jemand wie Bosa bekommt was genau?", fragt Trotter.
Bislang hat sich die NFL zum Thema Bosa noch nicht geäußert. Sie könnte das am Samstag tun. Dann verkündet die Liga, welche Spieler mit welchen Strafen für ihr Fehlverhalten auf dem Platz belegt werden. Man darf gespannt sein, ob Nick Bosa auch dabei ist.
Von seinem Klub steht dem Defensive End wohl auch keine Strafe zu erwarten. Die 49ers haben sich zu dem Thema nicht geäußert. Das bringt viele Fans der Franchise auf die Barrikaden, sie äußern in sozialen Medien ihren Unmut über die "Scheinheiligkeit" der Verantwortlichen.