Bruder-Duell beim Super Bowl Mama kann nur gewinnen
Das Duell der Kansas City Chiefs und der Philadelphia Eagles im Super Bowl ist auch das Duell der Brüder Travis und Jason Kelce. Dabei steht ein anderes Familienmitglied besonders im Fokus.
Es war der Wunsch von über 179.000 Fans: Sie alle wollten, dass Donna Kelce den Münzwurf vor dem Super Bowl am Sonntag vornimmt. Schließlich sind ihre Söhne das erste Brüderpaar, das beim Finale der National Football League (NFL) als Spieler gegeneinander antritt – Jason für die Philadelphia Eagles, Travis für die Kansas City Chiefs.
"Das war immer das Ziel", sagte Travis zum bevorstehenden Familienduell, "dass es passiert, ist ein bisschen verrückt." Beide gehören zu den Kapitänen ihrer Teams, die vor Spielbeginn beim Münzwurf an der Mittellinie zusammenkommen. Dieser entscheidet, welches Team es sich aussuchen darf, ob es gleich zu Beginn in Ballbesitz kommt oder nach der Halbzeitpause. Inzwischen ist klar: Die NFL hat sich gegen einen Münzwurf von Mutter Kelce entschieden. Diese wird sich daher mit dem Anfeuern ihrer Jungs begnügen müssen.
"Keiner wollte verlieren"
Und da ist sie voll in ihrem Element. Die ehemalige Bankerin ist spätestens seit dem Beginn ihres Ruhestandes im Jahr 2021 "Vollzeit NFL-Mutter", wie es "Hollywood Life" in einem Porträt schreibt. So überraschte sie bei der Opening Night am Montag Jason und Travis mit selbst gebackenen Keksen.
Auf Twitter kann man ihre Besuche bei den Spielen ihrer Jungs verfolgen. Im vorigen Jahr schoss sie dabei den Vogel ab, als sie in der ersten Runde der Playoffs an einem Tag erst die 15:31-Niederlage von Jason mit den Eagles in Tampa verfolgte, um dann später in Kansas City beim 42:21 der Chiefs gegen Pittsburgh zumindest noch mitzuerleben, wie Travis den ersten Touchdown-Pass seiner Karriere warf. Zwischen den Kickoffs der beiden Partien lagen gerade einmal sieben Stunden.
"Ich werde während des gesamten Spiels stehen und für das Team schreien, das im Ballbesitz ist", kündigte sie in einem Interview mit dem Magazin "GQ" für das Finale (00.30 Uhr in der Nacht von Sonntag auf Montag) an. Vor einigen Jahren hat sie sich ein Trikot machen lassen, das aus Elementen der Shirts der beiden Teams ihrer Jungs besteht. Die Idee dazu hatte Travis gehabt.
Ihre Söhne trennen vom Alter exakt 23 Monate. Jason ist mit 35 Jahren der ältere. Die Mutter erinnert sich noch gut: "Es gab immer diese Rivalität. Keiner wollte verlieren." Das habe die Brüder geprägt. "Man hasste den anderen auch mal, als man aufwuchs. Aber später ist man dann beste Kumpels, weil man alles gemeinsam durchgemacht hat."
Travis stand sich selbst im Weg
Dazu gehörte auch, dass die große Liebe der Kelce-Brüder zunächst dem Eishockey galt. Seitdem sie jeweils drei Jahre alt waren, jagten sie dem Puck nach. Jason wollte sogar als Jugendlicher nach Kanada in eine Nachwuchsliga gehen. Doch seine Mutter ließ ihn nicht von zu Hause ziehen. "Auf keinen Fall lasse ich es zu, dass jemand anderes mein Kind erzieht", erinnert sich Donna Kelce.
Jason entschied sich nach der Highschool dafür, an der Cincinnati University Football zu spielen. Er erhielt zwar zunächst kein Stipendium, erkämpfte sich aber als sogenannter Walk-on einen Platz im Team – zunächst als Running Back. Doch schon bald schulten ihn die Trainer zu einem Spieler in der Offensive Line um, der den eigenen Quarterback beim Pass-Spiel beschützt und den Weg für die Läufer freiblockt. In seinen letzten drei Jahren am College war Jason immer in der Startformation.
Travis hingegen erhielt nach der Highschool gleich mehrere Angebote für ein Stipendium. Er entschied sich ebenfalls für die Cincinnati University und auch er wechselte schon vor seiner NFL-Karriere die Position. In der Highschool noch Quarterback, läuft er seit seiner Zeit am College als Tight End auf, der teilweise wie ein Offensive-Line-Spieler blockt, teilweise als Passfänger die Bälle vom Quarterback zugeworfen bekommt.
Nebenbei aber stand sich Travis durchaus auch mal selbst im Weg: An der Cincinnati University war der 1,96-Meter-Mann zwischenzeitlich ein Jahr suspendiert – wegen eines positiven Marihuana-Tests. In der NFL fiel er danach immer wieder mit unsportlichem Verhalten auf, wurde dafür sechs Mal mit einer Geldbuße belegt. 2016 warf er ein Handtuch nach einem Schiedsrichter, die Liga suspendierte ihn für ein Spiel.
Beide Brüder überragen sportlich
"Wir mussten ihn unter Kontrolle bringen", erinnerte sich Doug Pederson, der heutige Cheftrainer der Jacksonville Jaguars, der damals noch im Trainerstab der Chiefs war, die ihn im Draft 2013 in der dritten Runde auswählten. Und Travis bekam sich unter Kontrolle. Seit der Suspendierung wurde er nur noch ein Mal mit einer Geldstrafe belegt – weil er aus lauter Übermut nach einem Touchdown ähnlich wie beim Dunking eines Basketballspielers das Leder-Ei über den Querbalken des Torgestänges donnerte.
Sportlich aber entwickelte sich der jüngere Kelce immer mehr zum derzeit wohl besten Tight End der Liga. "Die Art und Weise, wie er seine Passrouten läuft, wie er den Gegner durch seine Bewegungen täuscht und sich freiläuft, sowie seine Robustheit – das waren alles Eigenschaften, die wir schon zu Beginn seiner Karriere gesehen haben und die uns zu dem Schluss haben kommen lassen, dass er eine große Karriere in dieser Liga haben kann", erinnert sich Pederson.
Seit acht Jahren wurde Travis Kelce ununterbrochen in den Pro Bowl, das All-Star-Game der NFL, berufen. Viermal in dieser Zeit wurde er gar als bester Tight End der Liga ausgezeichnet. In nur 140 Partien erreichte er die Schallmauer von 10.000 Yards Raumgewinn mit Passfängen. Tony Gonzales – ironischerweise eine Chiefs-Legende –, der den NFL-Rekord für Raumgewinne von Tight Ends hält (15.127), benötigte dafür 177 Begegnungen. Beim Super-Bowl-Triumph von Kansas City über die San Francisco 49ers (31:20) im Februar 2020 fing Kelce einen Touchdown.
Auch sein älter Bruder Jason nennt schon einen Super-Bowl-Ring sein Eigen. Er gewann mit den Eagles vor fünf Jahren das Endspiel mit 41:33 gegen die New England Patriots. Und auch Jason gehört zur Elite der Liga: Fünfmal wurde er auf seiner Position als bester Spieler ausgezeichnet, sechsmal ins Pro-Bowl-Team gewählt. Andy Reid, heute Headcoach der Chiefs und vorher bei den Eagles, hat beide Brüder trainiert. "Sie sind völlig unterschiedlich", sagt der 64-Jährige, "Travis steht immer unter Strom. Sein Bruder ist sehr stoisch", so Reid, "nicht, dass er keinen Sinn für Humor hätte."
Mama Donna ist unentschieden
Einer der beiden Brüder wird nun den zweiten Super Bowl in seiner Karriere gewinnen. Mutter Donna würde es wohl Jason etwas mehr gönnen. Zunächst hatte sie in einem Interview mit NBC auf die Frage, für welches Team sie sei, salomonisch geantwortet: "Ich bin für die Offensive." Ihre beiden Kinder spielen ja in der jeweiligen Angriffsformation ihrer jeweiligen Teams.
Doch auf Nachfrage antworte sie dann noch: "Ich glaube, Jason würde sagen, dass ich zum Baby in der Familie halte. Das wäre dann Travis. Aber ich versuche ihm immer wieder zu erklären: 'Nein, du hast mir Enkelkinder gegeben.' Und dabei wollen wir es belassen."
Während der jüngere Travis noch keinen Nachwuchs hat, haben Jason und seine Frau Kylie bereits zwei Kinder. Und wer weiß, vielleicht kommt am Sonntag bei Jason noch eines hinzu. Kylie ist in der 38. Woche schwanger. Zur Sicherheit hat sie ihre Gynäkologin nach Phoenix mitgebracht.
- Eigene Recherche