Corona-Pandemie Leichtathleten erleben neuen "Spaß" vor Fans
Karlsruhe (dpa) - Nicht nur schneller, höher, weiter - sondern auch endlich wieder lauter. Die Leichtathleten kämpfen sich zu Beginn eines überaus anspruchsvollen Jahres langsam aus der Pandemie und kommen dabei wieder in den Genuss von Fans.
So freute sich Weitsprung-Olympiasiegerin Malaika Mihambo bei ihrem Start in das Jahr mit WM und Heim-EM auch ohne Sieg oder Bestleistung. "Ein Wettkampf mit Zuschauern ist etwas ganz anderes, es macht viel mehr Spaß", rief die "Sportlerin des Jahres" nach ihrem Sprintstart dankend den jubelnden 1000 Fans in Karlsruhe zu.
Unter dem Hallendach haben die Geister-Meetings ein Ende, die von der Corona-Pandemie hart getroffenen Leichtathleten freuen sich über einen Schritt zu neuen Gänsehautmomenten. "Ich glaube, dass gerade die Hallensaison geprägt ist durch dieses Spiel von Zuschauern, Emotionen und Leistung der Athleten, was absolut stimulierend ist", sagte Idriss Gonschinska, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Leichtathletik-Verbandes.
Gonschinska: "Zwischen Euphorie und Depression"
Weniger oder im Extremfall gar keine verkauften Tickets wirken sich aber nicht nur auf die Stimmung, sondern auch auf die Einnahmen aus. Bei den deutschen Meisterschaften am 26. und 27. Februar in Leipzig dürfen täglich bis zu 1000 Besucher in die Halle kommen. Bei den Istaf-Wettkämpfen in Berlin am 4. Februar und in Düsseldorf am 20. des Monats sind 1500 und 750 Fans geplant. Im Vorjahr waren in Düsseldorf und Berlin keine Anhänger zugelassen, vor der Pandemie hatten in der Hauptstadt noch 12.500 Sportbegeisterte mitgejubelt.
"Natürlich ist der Ausfall von Zuschauern für alle Sportorganisationen eine wirtschaftliche Belastung", sagte Gonschinska. Beim Wettkampf in Karlsruhe sei eine schwarze Null für den Wettkampf "ziemlich unrealistisch", räumte Meeting-Direktor Martin Wacker ein. Statt wie sonst über 800 Business Seats habe man diesmal nur 80 verkaufen können, sagte er. Und von TV-Einnahmen, wie sie der Fußball hat, dürfen Leichtathleten nicht einmal träumen.
Insgesamt sei die Ausrichtung der Veranstaltung eine große Herausforderung gewesen, aber man habe sich für den Sport und die Region dazu entschieden, bilanzierte Wacker. "Wir bewegen uns immer auf einer Rasierklinge zwischen Euphorie und Depression. Aber die Euphorie überwiegt bei weitem." Fortwährende Tests, das Bilden von Corona-Blasen, viele Einzelfahrten in Shuttle-Fahrzeugen oder getrennte Essensbereiche für verschiedene Gruppen seien nur einige Punkte des aufwendigen Hygienekonzepts gewesen.
"Wir haben Corona gelernt"
Vorgaben dieser Art sind für die Leichtathleten längst in ihren Trainingslagern tägliche Praxis. "Wir haben Corona gelernt", sagte Chefbundestrainerin Annett Stein. "Am Anfang waren wir sehr vorsichtig und haben Lehrgänge abgesagt in einer Zeit, da haben wir von Sieben-Tage-Inzidenzen von 20 oder 30 geredet."
Jetzt führe man Trainingslager auch bei hohen Inzidenzen durch. "Wir kennen die Setups und wissen, worauf wir achten müssen", sagte Stein. Einzelzimmerbelegungen, Essen im Freien und mit Abstand, Mietwagen nur in Kleingruppen und praktisch keinen Kontakt zur einheimischen Bevölkerung sind einige Standards, die den DLV-Leichtathleten dabei helfen, trotz Corona in Klima- oder Höhentrainingscamps zu reisen.
Dass das Wettkampfjahr im Sommer gleich zwei große Highlights binnen weniger Wochen zu bieten hat, ist auch der Pandemie geschuldet. Die WM findet vom 15. bis 24. Juli in Eugene/USA statt, wenig später steht die Heim-EM in München im Rahmen der European Championships vom 11. bis 21. August an. Das stellt die Athleten vor große Herausforderungen, zumal sie bei der Rückkehr aus Nordamerika nach Deutschland die Zeitumstellung meistern müssen.