Zwei-Stunden-Schallmauer Marathon in Wien: Kipchoge will "Geschichte schreiben"
Wien (dpa) - "So etwas wie der erste Mensch auf dem Mond". In dieser Dimension sieht der kenianische Protagonist Eliud Kipchoge den aufwendig gestalteten Versuch, als erster Marathon-Läufer die Zwei-Stunden-Schallmauer zu durchbrechen.
Die Laufwelt schaut am Samstag nach Wien: Quasi unter Laborbedingungen, mit 41 Tempomachern und auf ausgetüftelter Strecke will der 34 Jahre alte Olympiasieger "Sportgeschichte" schreiben. Als Weltrekord wird seine Zeit im Erfolgsfall definitiv nicht anerkannt werden.
Nach dem Reglement des Leichtathletik-Weltverbandes sind die Bedingungen irregulär - vor allem wegen der Hasen, die sich abwechseln. IAAF-Präsident Sebastian Coe sieht das Unternehmen trotzdem "ziemlich entspannt: Wir begrüßen alles, was die Aufmerksamkeit auf die Leichtathletik lenkt. Es ist eine aufregende Sache", sagte der Brite.
"Ich bin bereit für das Rennen. Mein Training ist erfolgreich verlaufen. Ich bin sehr aufgeregt, hier in Wien zu sein", meinte Kipchoge nach seiner Ankunft. In Berlin hatte er im September 2018 den Weltrekord auf 2:01:39 Stunden verbessert.
Es ist Kipchoges zweiter Versuch, die 42,195 Kilometern unter zwei Stunden zu bewältigen. 2017 rannte der Weltrekordler beim von Ausrüster Nike groß vermarkteten Rennen auf der Formel-1-Strecke in Monza (Italien) 2:00:25 Stunden. Diesmal steckt der britische Chemiekonzern Ineos hinter der Veranstaltung, die als ineos159challenge beworben wird.
Dass Kipchoge ein aberwitziges Tempo gehen kann, hat er damals bewiesen. Um sein Ziel zu erreichen, muss er einen Kilometerschnitt von 2:51 Minuten halten beziehungsweise 21 Kilometer/Stunde schnell sein. Umgerechnet bedeutet dies: Er muss die 100 Meter 422 Mal in 17 Sekunden laufen - was für die meisten Menschen schon fast Sprinttempo ist.
Die genaue Startzeit - zwischen 5 und 9 Uhr morgens - wird erst am Freitag festgelegt. Ideal wäre laut Ineos-Experten eine Temperatur zwischen sieben und elf Grad. Seine Pacemaker aus aller Welt haben nach Angaben des Veranstalters insgesamt 55 Medaillen unter anderem bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften gewonnen.
"Ich will der ganzen Menschheit zeigen, dass keinem Menschen Grenzen gesetzt sind", sagte Kipchoge im Interview des "Tagesspiegel". 200 bis 220 Kilometer pro Woche ist er in der Vorbereitung gerannt. "Mir geht es nicht um den offiziellen Rekord, sondern darum, Geschichte zu schreiben, der Nachwelt etwas zu hinterlassen."
Die Strecke im Wiener Prater ist auch dank Asphaltierungsarbeiten in einem perfekten Zustand. Der Lauf unter Laborbedingungen wird dort auf einem 9,6 Kilometer langen Rundkurs ausgetragen. Beim mehrfachen Wendepunkt ist zur Schonung Kipchoges eine kleine Steilkurve geschaffen worden. Dadurch seien etwa 13 Sekunden einzusparen, hieß es. Auch beim Start von der Reichsbrücke über der Donau kann Kipchoge schon mal sechs Sekunden gut machen.
30 Fernsehstationen und über 300 Medienvertreter sind nach Veranstalterangaben akkreditiert, um das Spektakel zu verfolgen. "Die internationale Medienresonanz ist für Österreich nur mit dem Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker zu vergleichen", sagte Wolfgang Konrad, Chef des Vienna City Marathon.