Streit um Hormonwerte Semenya zieht vor Schweizer Bundesgericht
Lausanne (dpa) - 800-Meter-Olympiasiegerin Caster Semenya gibt im Rechtsstreit um Testosteronlimits für Läuferinnen nicht auf und zieht vor das Schweizer Bundesgericht.
Dort will sie das Urteil des Internationalen Sportgerichtshofes (CAS) anfechten, der Anfang Mai zugunsten des Leichtathletik-Weltverbandes (IAAF) entschieden hatte. Dies hätte zur Folge, dass sich Semenya einer Hormontherapie unterziehen müsste, sollte sie weiterhin an Frauenrennen zwischen 400 Metern und einer Meile (1609 Meter) teilnehmen wollen.
"Die Berufung von Frau Semenya konzentriert sich auf die fundamentalen Menschenrechte", heißt es in einer Erklärung von Mittwoch, die im Namen der Anwälte der 28-Jährigen abgegeben wurde. Das Bundesgericht solle prüfen, ob die vom CAS gebilligte und seit Anfang Mai gültige IAAF-Regel gegen wesentliche und allgemein anerkannte öffentliche Werte verstoße, "einschließlich des Verbots der Diskriminierung, des Rechts auf körperliche Unversehrtheit, des Rechts auf wirtschaftliche Freiheit und Achtung der Menschenwürde".
Für die Genfer Anwältin Dorothee Schramm, die die Berufung für Semenya vor dem Bundesgericht vertritt, verletzt die IAAF-Regel zum Startrecht von intersexuellen Athletinnen die grundlegendsten Prinzipien der schweizerischen öffentlichen Ordnung. "Im Wettlauf um Gerechtigkeit müssen die Menschenrechte die sportlichen Interessen für sich gewinnen", sagte sie der südafrikanischen Zeitung "The Herald". Semenya-Anwalt Greg Nott betonte noch einmal, wie besorgniserregend es sei, dass die IAAF die Ärzte aufgefordert habe, die Geschlechtsidentität von Sportlerinnen zu klären und medizinische Eingriffe als geschlechtsbejahend zu begründen: "Solche Ansichten basieren nicht auf moderner Wissenschaft oder Medizin."
Semenya steht seit ihrem ersten von drei WM-Titeln im Jahr 2009 im Mittelpunkt einer Debatte über Hyperandrogenismus und Intersexualität. "Ich bin eine Frau und eine Weltklasseathletin. Die IAAF wird mich nicht zu Drogen verpflichten oder daran hindern, die Person zu sein, die ich bin", sagte Semenya laut Mitteilung ihrer Anwälte.
Die IAAF verpflichtet Läufer mit intersexuellen Anlagen, einen Testosterongehalt von fünf Nanomol pro Liter Blut nicht zu überschreiten. Damit soll ein Wettbewerbsvorteil verhindert werden. Um weiterhin bei Rennen antreten zu können, müsste sich Semenya daher einer Hormontherapie unterziehen, um ihre Testosteron-Werte zu senken. Sie lehnt dies aber vehement ab und hatte zuletzt angekündigt, auf die 3000-Meter-Strecke auszuweichen. Es gilt als unwahrscheinlich, dass die Berufung vor dem Schweizer Bundesgericht rechtzeitig vor den Weltmeisterschaften vom 28. September bis 6. Oktober in Doha/Katar entschieden wird.