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WM 2014: Eine Alternative zum Fußball vor dem Fernseher


Relegation in den Amateurklassen
Warum ein Gang auf den Platz auch während der WM lohnt

Von t-online
16.06.2014Lesedauer: 3 Min.
Großes Interesse: das Relegationsspiel in KleinglattbachVergrößern des Bildes
Großes Interesse: das Relegationsspiel in Kleinglattbach (Quelle: t-online)

Von Sebastian Schlichting

Der große Ball rollt derzeit über 9000 Kilometer von Deutschland entfernt bei der WM in Brasilien. Aber das heißt nicht, dass der kleine Ball hierzulande überall im Schrank liegt. Ganz im Gegenteil. In vielen Landesverbänden war oder ist in den Amateurklassen Relegationszeit. Da geht es nicht um Millionen, aber trotzdem richtig zur Sache. Brasilien ist für mindestens 90 Minuten nicht nur geographisch ganz weit weg, wie ein kleiner Streifzug über die Plätze in Hessen, Baden und Württemberg zeigt.

Relegation heißt Ausnahmezustand. Wo normalerweise der langjährige Kassierer jeden Zuschauer und dessen Hund mit Namen kennt, sind nun Nachwuchsspieler als Ordner eingeteilt, die den Autofahrern einen Parkplatz zuweisen. Muss ja schließlich nicht sein, dass sich der Landwirt von nebenan am nächsten Tag beschwert, weil sein Feld zum Großparkplatz umfunktioniert wurde.

"Bleiben Sie doch noch ein wenig"

Aus einer weitgehend leeren Kasse werden plötzlich zwei hochfrequentierte. Oder auch nicht. Dann stehen die Leute rund um den Kassentisch mitunter wie früher vor Beginn des Sommerschlussverkaufs. Wohl dem, der genug Gelassenheit mitbringt, um zunächst durch den Zaun zu schauen und dann, wenn die Luft rein ist, zehn Minuten nach Anpfiff entspannt seinen Obolus entrichtet. Natürlich nicht ohne die aufgerufenen fünf Euro für ein Aufstiegsspiel in die Kreisliga A mit "ganz schön teuer" zu kommentieren. Dafür gibt es dann sogleich ein zurechtweisendes "ist von oben angeordnet" zurück.

Manche Entscheidungen werden in Hin- und Rückspiel bei den beiden Klubs ausgetragen, andere auf neutralem Platz. Der Bier- und Würstchenabsatz dürfte aufgrund des hohen Zuschauerzuspruchs konservativ geschätzt mindestens fünf Mal so hoch sein wie üblich. Angekurbelt auch durch mobilen Pilsverkauf per Handwagen und gute Eigenwerbung der Platzsprecher: "Die Gaststätte unter der Baracke hält heute das volle Programm bereit. Und vielleicht darf es ja zum Nachtisch noch ein original italienisches Eis auf der Terrasse sein?" Oder woanders, nach Abpfiff: "Bleiben Sie doch noch ein wenig bei uns. Nehmen Sie noch ein Getränk zu sich oder essen etwas Leckeres vom Grill."

"Des gibt äbbes ganz anderesch nägschda Woch"

An einem normalen Spieltag freuen sich die Vereine in den Kreisligen über 50 bis 150 Zuschauer. Beim FC Germania Leeheim in der Nähe von Darmstadt kamen im Rückspiel um den Aufstieg in die Kreisliga A (9. Liga) gegen Alemannia Königstädten locker 600 zum Sportplatz "Auf der Kuhweide". Da es in die Verlängerung ging (am Ende 1:3), lief das Spiel nah ran an den Anpfiff von Brasilien gegen Kroatien. Die wenigen Zuschauer, die deswegen den Platz vorzeitig verließen, wurden mit einem ungläubigen "Was, ihr geht jetzt?" verabschiedet.

Etwa 135 Kilometer südöstlich in Kleinglattbach in der Nähe von Stuttgart wollten am Sonntag sogar 750 Interessierte die Partie zwischen dem TSV Enzweihingen und dem TSV Kleinsachsenheim sehen. Dabei war es erst das "Halbfinale" um den Aufstieg in die Kreisliga A Enz-Murr. Enzweihingen gewann in einem verrückten Spiel mit einer Roten Karte, zwei Elfmetern und vier Pfosten- oder Lattentreffern 5:3 und trifft am kommenden Samstag auf den klassenhöheren TSV Unterriexingen. Eine schwere Aufgabe, zumindest den Zuschauern am Spielfeldrand zufolge. "Des gibt äbbes ganz anderesch nägschda Woch", raunte man sich dort ehrfürchtig in bestem Schwäbisch zu.

Ein Hauch von WM bei Bammental

Und 1047 Zahlende – insgesamt dürften es knapp 1500 Zuschauer gewesen sein – zogen das kleine Sportfeld in Sinsheim-Rohrbach unweit der Heimstätte der TSG Hoffenheim dem TV-Erlebnis Kolumbien – Griechenland vor. Der TSV Kürnbach stieg durch ein 3:1 gegen den FC Victoria Bammental in die Landesliga Rhein-Neckar (7. Liga) auf. Beide Orte zusammen haben übrigens weniger als 10.000 Einwohner.

In Sinsheim gab es dann doch mal einen Hauch von WM: Hansi Flick, Co-Trainer der Nationalmannschaft, war einst Trainer und Spieler in Bammental. Heute wirbt das Team auf den Trikots für sein Sportgeschäft.

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