Ex-Nationalkeeper über Neuer "Das war der Anfang vom Ende"
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Manuel Neuer verpasst verletzungsbedingt den Rest der Saison. Ex-Nationaltorhüter Eike Immel hat eine klare Meinung dazu – und einen Rat für den FC Bayern.
Für Deutschlands Kapitän Manuel Neuer verlief das Ende des Jahres 2022 wohl anders als geplant: Erst schied der 36-Jährige mit der deutschen Nationalmannschaft bereits nach der Gruppenphase der Weltmeisterschaft in Katar aus. Dann zog er sich einen Unterschenkelbruch beim Skitourengehen zu und musste sich einer OP unterziehen. Die aktuelle Spielzeit ist für den Weltmeister von 2014 damit gelaufen. Und es könnte noch schlimmer kommen, glaubt der deutsche Ex-Nationaltorhüter Eike Immel (1980 bis 1988).
"Ich glaube, es wird schwer wieder zurückzukommen", ist sich Immel im Gespräch mit t-online sicher. Erst im November feierte Neuer nach einer Prellung des Schultergelenks sein Comeback in der Liga, nahm dann mit dem DFB-Team an dem Turnier in Katar teil. Doch laut Immel sei eben diese Verletzung dem Keeper zum Verhängnis geworden.
"Ich bin mir sicher, das war nicht hundertprozentig auskuriert. Denn das Tor gegen Japan darf niemals passieren", unterstellt Immel dem Keeper. Es sei das Gefühl aufgekommen, Neuer hätte seine Schulter geschützt. "Bundestrainer Hansi Flick hat ihn immer aufgestellt, was in Ordnung ist, hätte ich auch so gemacht, aber spätestens jetzt muss es vorbei sein."
"Mit ihm gewinnst du nicht"
Neuer, der ohnehin viel Kritik nach dem WM-Aus einstecken musste, setzt nun mehrere Monate aus und fängt danach wieder bei null an. "Ich glaube, so ungern ich es sage, das ist der Anfang vom Ende", sagt Immel weiter. "Die Schulter, die durchwachsene WM und jetzt der Skiunfall. Klar, das ist alles Zufall, aber trotzdem eine Verkettung, die eine gewisse Tendenz zeigt."
Das Saison-Aus gibt nun auch Bayern-Coach Julian Nagelsmann und Flick zu denken. Der Ausfall des Schlussmanns sorgt für eine plötzliche Vakanz auf der Torwart-Position beim FC Bayern München und der Nationalmannschaft. Immel, der mit Deutschland bereits an mehreren Weltmeister- und Europameisterschaften teilgenommen hat, positionierte sich zu dem Dilemma klar: "Ich würde jetzt einen Torwart verpflichten – trotz Bayerns Nummer zwei: Sven Ulreich."
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Immel rät den Bayern, sich nicht auf den Keeper zu verlassen, sondern sich eher bei der Weltmeisterschaft nach neuen Talenten umzusehen. "Da gibt es den Keeper von Dinamo Zagreb. Der hält weltklasse", findet der 62-Jährige und meint damit Kroatiens Dominik Livaković. Ein Torwart-Transfer würde sich laut Immel anbieten, da Bayern die Champions League gewinnen will – "mit einem Sven Ulreich gewinnst du die aber nicht." Der 34-Jährige mache seinen Job nicht schlecht, er sei aber nicht überdurchschnittlich gut – und eben das braucht ein Verein wie Bayern München.
Er wäre die "absolut beste Lösung"
Doch Deutschland bietet noch mehr gute Profis auf der Linie. Vor allem Kevin Trapp und Marc-André ter Stegen spielen für Immel eine besondere Rolle. "Ich bin kein Trapp-Fan, ich habe ihn immer extrem kritisch gesehen, aber er hat super gehalten bei Frankfurt und einen großen Anteil an den Erfolgen der Eintracht", so Immel. Er traue es ihm bei den Bayern zu. Ter Stegen hingegen ist der ewige Kronprinz im Nationalteam. Durch Neuers Zwangspause werde der 30-Jährige mindestens in der Nationalmannschaft aufrücken. Auch ihm traue Immel die Nummer eins beim Klub zu.
Und Immel geht noch weiter. Denn neben den gesetzten Torhütern gibt es auch Vereine, die zwei gute Keeper im Kader haben. Für den Ex-Stuttgarter käme daher auch eine Leihe infrage. Vor allem, weil ein Weltklasse-Transfer mit Neuers möglichem Comeback kollidieren würde. Der Ex-Bielefelder Stefan Ortega ist daher "die absolut beste Lösung". Der gebürtige Hesse, der seit dem Sommer bei Manchester City unter Vertrag steht, hat "die Qualität, die Klasse, sitzt aber für viel Geld auf der Bank." Bayern sollte mit City-Coach Pep Guardiola sprechen und nach einer Leihe fragen, so Immel.
Wie die Münchener ihr Torwart-Dilemma lösen und wie es um Neuers Karriere steht, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Ein weiterer Name, der auch immer wieder im Zusammenhang mit Neuers Ausfall fällt, ist Alexander Nübel. Der 26-Jährige steht seit 2020 beim Rekordmeister unter Vertrag, wurde 2021 aber an AS Monaco ausgeliehen. Eine Rückholaktion der Münchener würde Immel jedoch nicht befürworten. "Ich halte von ihm gar nichts", sagte Immel deutlich. Die Geschichte Bayern und Nübel "ist wie eine zweite Ehe: Ein zweites Mal geht nicht gut."
- Telefongespräch mit Eike Immel