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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Das große Wunder Heute soll es passieren
Noch nie stand eine afrikanische Mannschaft im WM-Halbfinale. Marokko will das am Samstag ändern. Dafür braucht es ein kleines Wunder.
Walid Regragui hat einen klaren Vorteil. Der Nationaltrainer Marokkos muss sich vor dem WM-Viertelfinale auf den Pressekonferenzen nicht mit unangenehmen Fragen über den Superstar seines Teams herumschlagen. Sein Gegenüber, Fernando Santos, hingegen schon. Bei Portugal dreht sich fast alles um Cristiano Ronaldo. Trotz des 6:1-Sieges über die Schweiz im Achtelfinale sind alle Augen darauf gerichtet, ob der 37-Jährige am Samstag spielen wird oder nicht.
Regragui kommt das entgegen. Die Unruhe beim Gegner spielt seinem Team in die Karten. Und der Trainer der "Atlaslöwen" würde sich freuen, wenn Ronaldo auf der Bank sitzt. "In meinen Augen ist er einer der besten Fußballer aller Zeiten, von daher freue ich mich, wenn er nicht spielt", sagte der Marokkaner am Freitag auf der Pressekonferenz. Es ist das wohl wichtigste Spiel in der Karriere Regraguis. Der 47-Jährige gewann als Trainer zwar schon die afrikanische Champions League und holte die marokkanische Meisterschaft und den Pokal. Doch so viele Augen wie am Samstag waren wohl noch nie auf ihn gerichtet.
"Unsere Spieler sind hungrig"
Regragui ist der erste afrikanische Trainer in einem WM-Viertelfinale, sein Team erst das vierte afrikanische, das diese Stufe erreichen konnte. Kamerun (1990), Senegal (2002) und Ghana (2010) waren die anderen Mannschaften. Ins Halbfinale schaffte es keine von ihnen. "Du hast nicht nur ein Land hinter dir, sondern einen kompletten Kontinent. Und dazu auch noch die arabische Welt", erklärte Regragui stolz.
Eine Belastung sei das für ihn keine. "Ich kenne die arabischen Menschen", sagte er mit einem breiten Grinsen. "Sie haben große Hoffnungen und erwarten viel, aber der Druck ist für uns positiv." Antrieb ist für ihn vor allem, wie sein Team vor der WM unterschätzt wurde: "All die Statistiken und Prognosen haben gesagt, dass wir ausscheiden." Doch sein Team habe mit einer starken Mentalität und Disziplin die Lage komplett umgedreht: "Unsere Spieler sind hungrig."
Selbst der König feiert
Angefeuert vom Zuspruch marokkanischer Journalisten, die die Pressekonferenz im Trikot verfolgten, kam Regragui in einen Redefluss. Er kritisierte europäische Fußballmanager, die sich nicht trauen würden, arabische oder afrikanische Trainer einzustellen: "Es ist unvorstellbar, dass Man City oder Barça einen arabischen Trainer einstellen, als ob wir nicht das Zeug dazu hätten." Die WM will der in Frankreich geborene Coach nutzen, um diese Ansicht zu ändern.
Ein Halbfinaleinzug seines Teams soll dabei helfen. Marokko spielt einen erfolgreichen Umschaltfußball, überlässt dem Gegner gerne den Ball und kontert dann mit tollen Kombinationen über Kreativspieler wie Hakim Ziyech oder Sofiane Boufal nach vorne. Spanien biss sich im Achtelfinale an der marokkanischen Abwehr die Zähne aus, passte den Ball hin und her und kam nur zu wenigen Chancen. Portugals Trainer Fernando Santos hatte angekündigt, Schwächen der Marokkaner ausnutzen zu wollen, die noch kein anderes Team bei dieser WM entdeckt habe. Regragui reagierte darauf gelassen: "Natürlich haben wir Schwächen, vielleicht ein paar mehr als Portugal. Wir sind der Underdog und wollen für eine Überraschung sorgen."
Auf diese Überraschung hofft auch der König Marokkos. Der hatte im Auto den Sieg gegen Spanien im Trikot mit den Fans gefeiert, was im Land für Jubelstürme sorgte.
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Videos verbreiteten sich in Windeseile im Internet und erreichten auch die Mannschaft, wie Ersatztorwart Ahmed Tagnaouti verriet: "Wir haben die Videos gesehen. Es macht uns stolz, so etwas zu sehen."
Der Plan für die Partie gegen Portugal (ab 16 Uhr im t-online-Liveticker) ist klar: "Wir wollen den König noch einmal glücklich machen."
- Eigene Beobachtungen
- Pressekonferenzen von Portugal und Marokko am 09. Dezember 2022