Ligue 1 Protest statt Party: PSG ist Meister - und hat nur Probleme
Paris (dpa) - Im Prinzenpark herrschte eine gespenstische Atmosphäre. Als der Schlusspfiff ertönte und die insgesamt zehnte französische Meisterschaft für Paris Saint-Germain vorzeitig perfekt war, hatten die Ultras das Stadion längst verlassen. Protest statt Party.
Die Botschaft der frustrierten Anhänger richtete sich erneut gegen die Clubführung und ihre Transferstrategie. PSG zog dank Lionel Messi durch das schnöde 1:1 gegen RC Lens zwar mit Rekordmeister AS St. Etienne gleich, hat gefühlt aber nur Probleme und viel aufzuarbeiten.
Boykott der Ultras
Das frühe Aus in der Champions League gegen Real Madrid überlagert beim französischen Hauptstadtclub seit Wochen alles. In "surrealen Atmosphären" habe seine Mannschaft seitdem gespielt, sagte Sportchef Leonardo. "Ich verstehe diese Dinge nicht, weil man im Fußball gewinnt und verliert", sagte Mittelfeldspieler Marco Verratti zum Boykott der Fans. "Wir versuchen es immer, wir versuchen es von ganzem Herzen." Topstürmer Kylian Mbappé zeigte mehr Verständnis. "Wenn sie feiern wollen, feiern sie, wenn sie nicht feiern wollen, feiern sie nicht", sagte der 23-Jährige. Er verwies aber auch darauf, dass die Niederlage gegen Real mittlerweile über einen Monat her ist.
Zum fünften Mal in sechs Jahren war für PSG im Achtelfinale der Königsklasse Schluss. 2020 hatte Paris das Endspiel gegen den FC Bayern München verloren. Trotz horrender Investitionen in ihren mit Superstars gespickten Kader warten die Pariser weiter auf den ersten Gewinn des begehrten Henkelpotts. Und offenbar nur der zählt. Selbst die acht Meisterschaften und sechs Pokalsiege, die der Club seit 2013 eingefahren hat, können die Stimmung da kaum heben.
Fans hätten am Samstag vor dem Stadion Feuerwerk und Rauchbomben gezündet und "Wir sind PSG" gerufen, berichtete die Zeitung "L'Équipe". Weltmeister Mbappé verwies darauf, dass die Mehrheit der Anhänger auf den Tribünen geblieben sei. Die Minderheit repräsentiere nicht alle PSG-Unterstützer, sagte er. Ihr Zorn auf die Clubführung um Nasser Al-Khelaifi ist aber gewaltig. Der Verein müsse sich auf allen Ebenen neu organisieren, eine tägliche Präsenz des Präsidenten sei notwendig, hieß es schon vor gut einem Monat.
Tristes Gesamtbild
Auch die Transferaktivitäten der Pariser sorgen beim Anhang für Unmut. Zu Keylor Navas war vorigen Sommer noch Gianluigi Donnarumma als zweiter Weltklasse-Torhüter geholt worden. Außerdem kam der von Verletzungen gebeutelte spanische Abwehr-Star Sergio Ramos, der es in der laufenden Saison erst auf zehn Pflichtspieleinsätze brachte. Auch die Verpflichtung des mehrfachen Weltfußballers Messi erzeugte - zumindest auf dem Platz - noch nicht die erhoffte Wirkung.
Das argentinische Offensiv-Ass bereitete in der Liga zwar 13 Tore vor, erzielte aber nur drei selbst. Das wohl schönste zum 1:0 gegen Lens am Samstag in der 68. Minute. Dass PSG, das nach einem Platzverweis gegen die Gäste mehr als eine halbe Stunde lang in Überzahl spielte, durch Corentin Jean (88.) am Ende noch den Ausgleich kassierte, rundete das triste Gesamtbild des Tages ab.
Auf PSG dürfte ein spannender und arbeitsreicher Sommer warten. Die Zukunft von Mbappé beispielsweise ist weiter offen, ein möglicher Wechsel zu Real quasi Dauerthema. Vielleicht könnte ein Verbleib des Ausnahmestürmers das aufgehitzte Umfeld ja zumindest etwas beruhigen.