Neuer paneuropäischer Wettbewerb Warum die "Super League" den internationalen Fußball bedroht
Lange wurde über Pläne einer "Super League" diskutiert, nun haben zwölf Topklubs sehr konkret eine Umsetzung angekündigt. Ihr Plan könnte den europäischen Fußball für immer verändern.
Seit rund zwei Jahren gibt es immer wieder Diskussionen um eine "Super League", also einer elitären, geschlossenen, paneuropäischen Fußballmeisterschaft, in der nur die renommiertesten und finanzkräftigsten Vereine des Kontinents mitspielen dürfen. Allerdings wurden die Pläne für solch einen Wettbewerb kurzfristig immer wieder verworfen. Dieses Mal scheint es jedoch, als würden zwölf europäische Spitzenklubs die Superliga wirklich umsetzen wollen.
Die Pläne, die von sechs englischen, drei italienischen und drei spanischen Mannschaften in der Nacht von Sonntag auf Montag in einem Statement veröffentlicht wurden, klingen sehr konkret. Der Spielbetrieb soll "so bald wie möglich" beginnen, im Idealfall bereits im August 2022.
Gründungsmitglieder erhalten 3,5 Milliarden Euro
Aus der Premier League sind als Gründungsmitglieder der FC Chelsea, FC Arsenal, Tottenham Hotspur, FC Liverpool, Manchester City und Manchester United dabei. Dazu stoßen die spanischen Klubs Atlético Madrid, Real Madrid und der FC Barcelona. Auch die italienischen Vereine Juventus Turin, Inter Mailand und AC Mailand sind vertreten.
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Motiv für die "Super League" sind wirtschaftliche Interessen. Allein die Gründungsmitglieder sollen von einem der Finanziers, der US-Bank JP Morgan, 3,5 Milliarden Euro für die Teilnahme erhalten. Aber: Die Klubs spalten sich durch die mögliche Umsetzung einer solchen Liga von bisher bestehenden Strukturen ab und bedrohen somit den europäischen Fußball in seinen Grundfesten.
Wird die Champions League verdrängt?
Die meisten "Super League"-Teilnehmer sollen sich nicht mehr sportlich qualifizieren müssen. 15 der größten Klubs Europas sollen automatisch für den neuen Wettbewerb gesetzt sein und so auch mit garantierten Milliardeneinnahmen kalkulieren können. Einzig fünf der geplanten 20 Startplätze sollen über einen Qualifikationsschlüssel vergeben werden. Das klassische sportliche Prinzip von Auf- und Abstieg wäre in der "Super League" ausgehebelt.
Für den europäischen Fußball-Dachverband Uefa ist dies ein Horrorszenario. Das Exekutivkomitee des Verbands wollte am heutigen Montag eigentlich eine Reform der Champions League und Europa League zum Jahr 2024 bekanntgeben – zugunsten der kontinentalen Großklubs. Nun droht der Uefa der Verzicht auf eben diese Vereine. Die "Super League"-Teams aus Spanien, England und Italien wollen zwar nach eigenen Angaben Teil ihrer nationalen Ligen bleiben. Allerdings stünde die Superliga in direkter Konkurrenz zur Champions League.
Die Klubs gehen damit auf Konfrontationskurs zur Uefa, die zuvor mit einem Bann der abtrünnigen Vereine und Spieler für sämtliche Wettbewerbe bis hin zur EM gedroht hatte. Die Gründungsmitglieder der neuen "Super League" haben der Nachrichtenagentur AP zufolge bereits rechtliche Schritte eingeleitet, um die internationalen Verbände Uefa und Fifa an einer Einmischung zu hindern. Dies soll der Europäischen Fußball-Union und dem Weltverband demnach in einem Schreiben mitgeteilt worden sein.
Im Gründungsstatement, das am Sonntag um Mitternacht veröffentlicht wurde, heißt es von Florentino Perez, Präsident von Real Madrid und erster Vorsitzender der "Super League": "Wir werden dem Fußball auf jeder Ebene helfen und ihn an seinen rechtmäßigen Platz in der Welt bringen."
"Das ist kriminell"
Eine Aussage, mit der DFL-Geschäftsführer Christian Seifert nicht übereinstimmt. Er hatte schon am Sonntag, vor der offiziellen Ankündigung, vor einem "irreparablen" Schaden gewarnt. Der deutsche Rekordmeister FC Bayern und Borussia Dortmund sind nicht an den Plänen beteiligt – wie auch der französische Champion Paris Saint-Germain. "Wir danken den Klubs in anderen Ländern, insbesondere den französischen und deutschen Klubs, die sich geweigert haben, sich dem anzuschließen", hieß es in einer Uefa-Mitteilung am Sonntagabend.
Auch der frühere Kapitän von Manchester United, Gary Neville, reagierte entsetzt auf die Pläne: "Setzt diese Vereine an das Ende der Tabelle, nehmt ihnen alle Punkte weg und auch das Geld. Das ist kriminell. Ein krimineller Akt gegen Fußballfans in diesem Land." Fangemeinschaften aus verschiedenen Ländern rebellieren bereits und werfen den Organisatoren rein wirtschaftliche Motive vor.
Die Pläne des neuen Wettbewerbs sind auch zum Politikum geworden. So hält der britische Premierminister Boris Johnson derartige Pläne für "sehr schädlich". Und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron begrüßt die Position der französischen Klubs, "sich zu weigern, an diesem Projekt teilzunehmen, das das Prinzip der Solidarität bedroht."
Ob es sich auch dieses Mal nur wieder um Druckmittel handelt, um noch mehr Geld in Bezug auf die Champions League für die großen Player herauszuschlagen oder die Superliga-Pläne wirklich umgesetzt werden, wird sich zeigen.
- Mit Material der Nachrichtenagentur SID und dpa
- Sportschau: Spitzenklubs mit Plänen zur Super League
- Sport 1: Kritik an Super League
- Neunzigplus: Top-Klubs erhöhen Druck auf Uefa