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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Sturmtalent Karim Adeyemi Beim FC Bayern wurde er aussortiert, beim DFB gefeiert
Als er noch Jugendspieler war, wurden für ihn bereits Millionen Euro bezahlt. Der DFB sieht in ihm das größte Talent seines Jahrgangs. Doch beim FC Bayern hatte Karim Adeyemi einst keine Chance.
Einmal im Jahr verleiht der DFB die Fritz-Walter-Medaille an seine besten Jugendspieler. In zwei Jahrgängen (U19, U17) werden die besten deutschen Talente gekürt. Zu den bisherigen Preisträgern der Goldmedaille zählen zum Beispiel Mario Götze, Kai Havertz und Marc-André ter Stegen. 2019 fiel dem Verband die Wahl des Siegers in der U17 leicht.
Mit Karim Adeyemi stand der Favorit schon lange fest. Dass er die Goldmedaille gewann, überraschte nur wenige Experten. Adeyemi gilt als der größte Hoffnungsträger auf der Stürmerposition in Deutschland. Ausgestattet mit einer enormen Schnelligkeit und einer technischen Stärke im Eins-gegen-Eins ist der 18-Jährige perfekt veranlagt für eine große Karriere.
DFB-Nachwuchschef Meikel Schönweitz schwärmte bei der Vergabe: "Karim verkörpert einen Spielertypen, den wir in Deutschland ganz bewusst ermutigen möchten, seinen kreativen Spielstil zu forcieren." Dass er zu diesem einzigartigen Spielertypen wurde, hat verschiedene Gründe.
"Ich hatte fast immer meinen Ball dabei"
"Ich habe mit vier oder fünf Jahren angefangen, Fußball zu spielen. Mein Vater war auch Profi, hat in Nigeria gespielt. Er hat mir das Fußballspielen beigebracht", berichtet Adeyemi im Gespräch mit t-online.de von seinen Anfängen. "Mit sechs Jahren war ich dann bei meinem ersten Verein, dem TSV Forstenried München. Parallel war ich immer auf dem Bolzplatz, hatte in der Schule auch fast immer meinen Ball dabei."
Sein Ziel war klar: Profi werden. Die Zeit auf dem Bolzplatz war dafür wichtig, der Rückhalt seiner Eltern umso mehr: "Sie standen immer hinter mir, haben mich immer unterstützt. Selbst dann, wenn es in der Schule nicht so gut lief. Mit ihrer Hilfe habe ich es geschafft, Fußballprofi zu werden."
Lieblingsspieler Arjen Robben
Eine große Karriere hatte man Adeyemi beim FC Bayern nicht zugetraut. Mit "acht oder neun Jahren", so Adeyemi, ging er von Forstenried zu den "Roten". Ein Traum ging in Erfüllung: "Da ich aus München kam, war ich Bayern-Fan. Mein Lieblingsspieler war Arjen Robben. Mit dem habe ich damals auch ein Bild gemacht. Sein Spielstil hat mir gefallen, dieses von rechts in die Mitte ziehen und zum Abschluss kommen – Robben halt", sagt Adeyemi im Gespräch mit t-online.de.
Seine Zeit beim FC Bayern währte nicht lang. Mit zehn Jahren wurde er beim Rekordmeister aussortiert – und ging zurück nach Forstenried, ehe er sich ein halbes Jahr später für Unterhaching entschied. "Zu Beginn war ich noch sehr enttäuscht, dass es bei Bayern nicht geklappt hat. Ich wollte aber weiter Fußball spielen und über die Jahre habe ich mich dort sehr gut zurechtgefunden und weiterentwickelt. Einen großen Anteil hatte auch Präsident Manni Schwabl, der mich gefördert hat", erklärt er.
"Das Aus beim FC Bayern hat mich motiviert"
In der Folge stand Adeyemi also gegen und nicht für den FC Bayern auf dem Platz. Ein Problem war das nicht für ihn, ganz im Gegenteil: "Das Aus beim FC Bayern hat mich motiviert. Beim Lieblingsklub aussortiert zu werden, hat mir einen extra Push gegeben. Die Spiele gegen Bayern haben bei mir besonders viel Ehrgeiz geweckt."
Auch seine Liebe für den Rekordmeister ist erloschen. "Über die Jahre hat sich das natürlich verändert. Meine Lieblingsspieler spielen nicht mehr dort und ich konnte auch während meiner Unterhaching-Zeit nicht mehr so oft zu den Spielen. So hat es sich ergeben, dass ich mir eher andere Mannschaften angeguckt habe. Barcelona gefällt mir, ich mag den Fußball. Aber einen wirklichen Lieblingsverein habe ich heute nicht mehr."
Endlich Profi, endlich Männerfußball
Mit jenem FC Barcelona wurde Adeyemi auch als Jugendspieler in Verbindung gebracht. Doch es ging nicht zu den "Blaugrana", sondern nach Salzburg. Als Adeyemi gerade einmal 16 Jahre alt war, zahlte der FC Red Bull Salzburg über drei Millionen Euro für ihn. "Dieser Transfer hat mich stolz gemacht, weil er zeigt, dass sich die Arbeit gelohnt hat", erklärt Adeyemi.
Doch warum Salzburg? "Der Fußball hat mir sehr gefallen, der kam mir entgegen. Die Intensität, die Taktik, all das passt zu mir. Ich wollte auch keinen zu großen Schritt machen. Sowohl sportlich als auch geografisch. München ist ja nicht weit weg von Salzburg." Die Nähe zur Familie war dem DFB-Talent bei seiner Wahl wichtig.
Doch im Trikot von Salzburg spielte er erst einmal nicht. Adeyemi wurde zu Farmteam FC Liefering verliehen. Ab Sommer 2018 stürmte er also für den Zweitligisten. Endlich Profi, endlich Männerfußball. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. In 34 Spielen schoss Adeyemi 15 Tore und legte 12 weitere vor.
Der Vergleich mit Haaland passt nicht
Im Winter der aktuellen Saison schaffte er den Sprung zurück nach Salzburg, die Leihe wurde beendet. Nach den Abgängen von Erling Haaland zum BVB und von Takumi Minamino zum FC Liverpool brauchte Salzburg dringend Verstärkung für den Sturm. Neben dem Schweizer Sturmjuwel Noah Okafor aus Basel bekam auch Karim Adeyemi einen Platz im Kader des Teams von Trainer Jesse Marsch.
Auf Erling Haaland zu folgen, war für Adeyemi aber nur Ansporn: "Ich habe überhaupt keinen Druck empfunden, den empfinde ich auch jetzt nicht. Das war einfach nur Freude. Ich wollte die Mannschaft und die Philosophie kennenlernen. Erling Haaland soll und kann man nicht mit mir vergleichen. Er ist ein anderer Stürmertyp als ich."
"Dieses Erlebnis werde ich nie vergessen"
So besonders Adeyemis Vorgänger war, umso besonderer war sein Debüt. Beim Stand von 0:4 gegen Eintracht Frankfurt in der Europa-League-Zwischenrunde wurde er eingewechselt, durfte eine Hälfte mitspielen und leistete seinen Beitrag, dass die Partie "nur" 1:4 endete.
"Dieses Erlebnis werde ich nie vergessen, auch wenn das Spiel für uns nicht gut verlief. Dieses Stadion und diese Atmosphäre waren toll. Jetzt will ich mich dafür empfehlen, noch mehr Minuten zu bekommen."
Die Chancen auf mehr Minuten stehen gut. "Er ist ein super Spieler. Er hat so viel Potenzial", lobte sein Trainer Jesse Marsch zuletzt und fügte an: "Wir haben viel Konkurrenz vorne, aber er ist ein guter Spieler und hat eine große Zukunft."
Sein Vertrag in Salzburg ist bis 2024 gültig, doch das Beispiel Erling Haaland hat gezeigt, wie schnell es mit einem Wechsel aus der Mozartstadt gehen kann, wenn der Durchbruch kommt.