Bayern-Talent in der Krise Jetzt steht die Karriere von Renato Sanches auf dem Spiel
Der vom FC Bayern ausgeliehene Renato Sanches wurde zum Gespött der Premier League. Bekommt das einstige Mega-Talent noch die Kurve?
Die Kolumne von Valeria Meta über internationalen Fußball
Schwache Leistungen, Kritik und sogar Spott der englischen Fans – es ist eine harte Zeit für Renato Sanches. Der vom FC Bayern an Swansea ausgeliehene Portugiese hat mit einigen Problemen zu kämpfen. Die ganze Premier League hat über ihn gelacht, nachdem sein peinlicher Pass gegen Chelsea ins Nichts ging. Selbst Trainer Paul Clement war entsetzt und wollte gar nicht mehr sehen, was da noch vor sich ging.
Spieler wurden handgreiflich
Ohnehin: Die ganze Mannschaft befindet sich in einer schlimmen Lage. Nach der Niederlage gegen Stoke City liegen die „Schwäne“ am Tabellenende mit nur neun Punkten aus 15 Spielen. Dementsprechend angespannt ist die Mannschaft. Verteidiger Martin Olsson gestand, dass es nach dem Spiel in der Kabine einen Zoff zwischen einigen Spielern gab und die sogar handgreiflich wurden.
Nicht die beste Atmosphäre, um sich in einer anspruchsvollen Liga wie der Premier League durchzusetzen. Die häufigste Frage der britischen Medien: Ist Renato Sanches überhaupt in der Lage, sich in Ländern wie England oder Deutschland durchzusetzen?
Ex-VfB-Stuttgart-Kapitän Fernando Meira sagte zuletzt bei "Sport 1": „Ich denke, dass der Junge zurück nach Portugal muss, um wieder der Alte zu werden. So macht es keinen Sinn und es wird noch schlimmer für ihn. In England geht Renato kaputt.“
Mehr Pässe nach hinten als nach vorne
Noch vor zwei Jahren beeindruckte er die größten Klubs Europas dadurch, dass er Benfica Lissabon bis ins Champions-League-Viertelfinale gegen Bayern führte. Für ihn gaben die Münchner im Sommer 2016 dann 35 Millionen Euro aus. Interessenten gab es genug. Unter Trainer Carlo Ancelotti aber kam Sanches nur selten zum Einsatz.
Der Wechsel nach Swansea sollte ihm helfen, zu alter Stärke zurückzufinden – mit dem ehemaligen Bayern-Co-Trainer Clement. Doch das fiel ihm bisher schwerer als erwartet. Weder Tore noch Vorlagen sind ihm in seinen bisherigen neun Partien gelungen. Auch die Bilanz der Pässe ist peinlich. Die Erfolgsquote beträgt zwar 82,4 Prozent, aber Renato hat den Ball mehr nach hinten (24,1 Prozent) als nach vorne (19,7 Prozent) gespielt. 91 Prozent seiner Pässe hat er außerdem in der eigenen Hälfte gespielt (Quelle: „whoscored.com“).
Liegt es an der falschen Position?
Während Sanches in den britischen Medien brutal kritisiert wird, nimmt man ihn in seiner Heimat Portugal in Schutz. Hélder Cristovão, heutiger Trainer von Benfica B und sein ehemaliger Coach in der Jugendabteilung, erklärte der Tageszeitung „O Jogo“ die Gründe für die schwachen Leistungen aus seiner Sicht.
Cristovão: "Die Kritik finde ich ungerecht, da er gerade nicht auf seiner Position als Spielmacher aufgestellt wird. Klar, im englischen Fußball verlangt man von kreativen Spielern andere Aufgaben und deswegen fällt es ihm schwer, sich dieser Spielweise anzupassen. Man sollte ihn einfach auf der Position aufstellen, die er am besten spielen kann.“ Auch beim FC Bayern war er selten als Spielmacher aufgestellt worden.
Sanches gewinnt weniger als die Hälfte der Zweikämpfe
Die Zahlen bestätigen, dass es auch um eine taktische Frage geht: Die meisten Schwierigkeiten hat Sanches ausgerechnet bei den Zweikämpfen. Dabei beträgt seine Erfolgsquote nur 44 Prozent.
Trainer Paul Clement versucht, Sanches einen Weg aus der persönlichen Krise aufzuzeigen. „Dass ihm so viele einfache Pässe misslingen, liegt an seinem Mangel an Zuversicht und Selbstbewusstsein“, sagte er vor dem Spiel gegen Stoke City, "deswegen muss er wieder an den Grundlagen arbeiten.“
Clement vertraut Sanches
Trotz des Ärgers beim Chelsea-Spiel vertraut Clement noch auf den Portugiesen: „Er hat eine sehr positive Zeit erlebt und dann eine sehr negative, was für einen jungen Spieler besonders schwierig ist. Trotzdem bin ich überzeugt, dass er es schaffen wird.“
Darauf hofft auch der FC Bayern. Die Leihe endet am 30. Juni 2018, aber bei den Bayern hat er noch einen Vertrag bis 2021. Nach dem Triumph bei der EM in Frankreich mit der portugiesischen Nationalmannschaft galt Renato Sanches als einer der talentiertesten Mittelfeldspieler in Europa.
Jetzt muss er dringend die Kurve kriegen, um seine Karriere zu retten, die so hoffnungsvoll begann.