Italien will Mancini halten Abwehr-Ikone Chiellini vor Rücktritt? "Sind am Boden zerstört"
256 Tage nach dem EM-Triumph in London hat Italien die WM-Teilnahme verspielt. Für Chiellini ist das die Folge monatelangen Versagens – und das Ende seiner Nationalmannschaftskarriere?
Eigentlich sollte es das letzte große Highlight seiner Fußballer-Karriere werden. Als Abschluss einer außergewöhnlich erfolgreichen Laufbahn. Mit dann stolzen 38 Jahren noch einmal eine Weltmeisterschaft bestreiten. Das war der Traum von Giorgio Chiellini, Italiens Verteidiger-Ikone. Bis zum späten Donnerstagabend.
Ein Tor des Nordmazedoniers Trajkovski machte diesen zunichte. Wie unvorstellbar dieses Szenario war, zeigt die Statistik. Für Italien war es im 60. Heimspiel einer WM-Qualifikation die erste Niederlage überhaupt. Gegen Nordmazedonien.
"Dafür haben wir jetzt bezahlt"
Chiellini, der dachte, eigentlich schon alles im Fußball erlebt zu haben, war genauso ratlos wie seine jüngeren Mitspieler: "Es ist schwer zu erklären", sagte Chiellini bei RAI, "eine Riesenenttäuschung. Wir haben gut gespielt, aber wir haben das Tor nicht gemacht."
Und holte dann weiter aus: "Wir haben seit September Fehler gemacht, und dafür haben wir jetzt bezahlt", sagte der 37-Jährige. "Wir sind am Boden zerstört."
Wenige Monate ist es erst her, da stemmte Chiellini als Kapitän im Juli die EM-Trophäe in den Londoner Nachthimmel. Ein Absturz in Rekordzeit. Und ein bitteres Ende von Chiellinis Karriere in der Nationalmannschaft?
Wie es für ihn persönlich weitergeht, vermochte er kurz nach dem Desaster von Palermo nicht zu sagen. Doch vieles spricht dafür, dass das 115. Länderspiel am Donnerstag sein letztes für die "Squadra Azzurra" war. Das nächste große Turnier ist die EM im Sommer 2024 in Deutschland. Dann stünde Juves Abwehr-Ass, der zuletzt mit einigen Verletzungen zu kämpfen hatte, kurz vor seinem 40. Geburtstag.
"Größte Enttäuschung"
"Im vergangenen Sommer hatte ich mit der Mannschaft das schönste Erlebnis, heute ist es für mich die größte Enttäuschung", sagte Trainer Roberto Mancini, dessen Zukunft ebenfalls ungewiss ist. Von Verbandschef Gabriele Gravina bekam er direkt nach der Blamage Rückendeckung. "Ich wünsche mir, dass Mancini bei uns bleibt. Wir haben uns für ein Projekt verpflichtet." Das wünscht sich auch Chiellini: "Wir müssen uns jetzt aufrichten und ich hoffe, dass Mancini bleibt." Der Trainer hat noch Vertrag bis 2026.
Für die große und so stolze Fußballnation Italien setzt sich eine beispiellose WM-Misere fort. Man verpasst nach 2018 nun die zweite Weltmeisterschaft hintereinander. Davor, 2014 und 2010 (als amtierender WM-Champion), blamierte man sich, flog in der Vorrunde raus. Das letzte K.o.-Spiel bei einer WM bestritten sie 2006 in Deutschland, beim Finalsieg gegen Frankreich in Berlin. Damals war Chiellini noch zu jung. Für das nächste große Fußballfest, für das sich Italien qualifizieren könnte, ist Italiens Abwehr-Legende dann (wohl) zu alt.
- Mit Material der Nachrichtenagentur SID