Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Leserstimmen zu Katar 2022 "Diese WM boykottieren, im Namen des Humanismus"
Die Qualifikation der deutschen Nationalelf für die WM 2022 lässt Fußball-Fans jubeln. Katar als Austragungsort ist aber vielen ein Dorn im Auge – so auch einem Großteil der t-online-Leser.
Bereits bei der Vergabe der Fußballweltmeisterschaft an Katar vor elf Jahren hagelt es Kritik. Nun rückt das Jahr 2022 immer näher und der Widerstand gegen den umstrittenen Austragungsort wird immer lauter. Am Montag qualifizierte sich Deutschland als erste Nationalmannschaft für das Turnier. Das nahm t-online zum Anlass, Sie zu fragen, wie Sie zu dem Thema stehen.
Viele Zuschriften erreichten uns, von denen sich die meisten für einen Boykott des sportlichen Großevents aussprechen. Im Folgenden präsentieren wir Ihnen eine Auswahl kontroverser Meinungen:
"Man kann nicht wegschauen"
"Grundsätzlich sehe ich es so, dass der Sport unpolitisch sein sollte", schreibt t-online-Leserin Steffi Reichelt. "Aber bei den dort vorherrschenden Arbeitsbedingungen beim Bau der Stadien und den offenkundigen Menschenrechtsverletzungen, finde ich, kann man nicht wegschauen", wendet sie ein.
Außerdem merkt sie an: "Auch angesichts der weltweiten Diskussion über Klimawandel und Umweltschutz empfinde ich den Bau klimatisierter Stadien als ein Unding, wenn weltweit die modernsten Stadien zur Verfügung stehen. Hier werden wieder im Namen des Fußballs und der Sponsoren Gelder buchstäblich 'in den Sand gesetzt', die man anderweitig sicher sinnvoller hätte einsetzen können. Markterweiterung für Großkonzerne geht hier mal wieder vor Umweltschutz und Menschenrechte", so lautet Steffi Reichelts kritisches Fazit.
"Der DFB hat sich um den Sport zu kümmern"
Gänzlich anders sieht das ein anonymer t-online-Leser, der sich nach unserem Leseraufruf zu Wort meldete: "Der DFB ist ein Sportverband und hat sich um den Sport zu kümmern – nicht mehr, nicht weniger. Er ist weder Bauherr in Katar noch sonst etwas. Er nutzt das Stadion lediglich", schreibt er.
"Diese WM boykottieren, im Namen des Humanismus"
t-online-Leser Albert Moser hat für solche Ansichten kein Verständnis. "Ich bin mit 68 Jahren ein älterer Fußballfan, aber die Praxis der Fifa, die Weltmeisterschaften an totalitäre Staaten zu vergeben, finde ich – schlicht gesagt – unmöglich", äußert er ganz klar und führt aus: "Mit Katar 2022 kommt ein Land in den Besitz der WM, das mit Fußball nichts zu tun hat. Dazu kommen die tropischen Temperaturen. Das Schlimmste ist die Menschenrechtssituation der dort beschäftigten ausländischen Bauarbeiter, die die Stätten unter unwürdigen und unmenschlichen Bedingungen herstellen müssen. Vom Einbezug der Pässe über unglaubliche Wohnsituationen der Arbeiter, bedenkliche oder nicht existierende Sicherheitsstandards auf den Baustellen (viele Tote und Verunfallte) und der Nichtauszahlung mehrerer Monatslöhne – es ist alles belegt und dokumentiert von den verschiedenen Pressevereinigungen und den internationalen Gewerkschaftsbewegungen." Albert Mosers Urteil lautet: "Jeder Fußballer aus aller Herren Länder sollte diese WM boykottieren, im Namen des Humanismus und der Menschenrechte."
"Ein WM-Boykott wird nichts ausrichten"
"Probleme muss man bei der Wurzel packen. Da ändert ein WM-Boykott nicht das Geringste", denkt t-online-Leserin Ilona Walter. "Vielmehr muss dafür gesorgt werden, dass die Wurzeln der Unterdrückung sich nicht weiter und tiefer verwurzeln können."
Weiterhin schreibt sie: "Viele Menschen erfreuen sich nun mal am Sport. Dass Sport aber nichts mit Politik zu hat, halte ich für einen Irrtum." Ihrer Meinung nach brauche das Land neue Gesetze und müsse neu gestaltet werden – "mit frischen und modernen neuen Pflanzen, deren Wurzeln nicht vernichten und Unheil und Unterdrückung bringen".
"Ekelt mich an, dass so vielen Unrecht geschieht"
Eine andere Meinung vertritt t-online-Leserin Karin Marikka: "Es war von Anfang an nicht richtig, solch ein Land mit der Ausrichtung zu beauftragen. Ähnliche Vergaben anderer Sportveranstaltungen haben doch gezeigt, dass diese Länder sich und ihr Regime nur aufwerten wollen. Es trägt nie zur Verbesserung der Situation vor Ort bei. Weder die Einwohner noch die Arbeitskräfte haben einen Vorteil. In Russland wurden Menschen verjagt und enteignet. In Katar werden Menschen wie Sklaven gehalten und rücksichtslos auf den Baustellen durch schlechte Arbeitsbedingungen getötet oder um ihren Lohn geprellt. Da aber in den ausrichtenden Organisationen selbst die Bestechung und Korruption üblich ist, sieht man über diese eklatanten Menschenrechtsverletzungen hinweg", kritisiert sie.
Außerdem möchte Karin Marikka loswerden: "Ich verstehe die Besucher und die Sportler nicht, die das einfach übersehen und behaupten, der Sport und die Sportler seien nicht politisch. Ich schaue nicht einmal mehr im Fernsehen diese Ereignisse, da es mich anekelt, dass so vielen Menschen Unrecht geschieht und man sich dann feiern lässt."
"Man sollte den Sport nicht politisch instrumentalisieren"
t-online-Leser Heinrich Schlüter hingegen spricht sich für den Verbleib der Nationalmannschaft bei der WM 2022 in Katar aus und führt zwei Punkte an. Erstens findet er, dass Sport und Politik nicht vermischt werden sollten: "Man sollte den Sport nicht politisch instrumentalisieren – weder bei der Olympiade noch bei der WM noch an anderer Stelle!" Sein zweites Argument lautet: "Eine WM in Katar bietet viele Möglichkeiten, über das Land zu berichten – eben auch über Missstände. Das bewirkt meines Erachtens mehr als eine Verlegung der WM in ein anderes Land."
"Wenn der Preis stimmt, wird die nächste WM am Südpol ausgetragen"
Viele unserer Leser stört, dass Geld beim Sport – und insbesondere beim Fußball – eine (zu) tragende Rolle spiele. So auch t-online-Leser Hans-Joachim Kuhlmann, der spöttisch anmerkt: "Wenn der Preis stimmt, wird die nächste WM am Südpol ausgetragen."
- Einsendungen von t-online-Lesern