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EM 2021: Warum Joachim Löw für das England-Spiel einen Wechsel vornehmen sollte


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Achtelfinalduell gegen England
Warum Löw für den Kracher einen Wechsel vornehmen sollte


29.06.2021Lesedauer: 4 Min.
Joachim Löw: Der Bundestrainer muss gegen England einige Entscheidungen fällen.Vergrößern des Bildes
Joachim Löw: Der Bundestrainer muss gegen England einige Entscheidungen fällen. (Quelle: imago images / Sven Simon)
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Gegen England muss Bundestrainer Joachim Löw ein wenig an seiner Formation schrauben und zudem besser als in der Gruppenphase auf die Stärken und Schwächen des Gegners eingehen. England möchte stabil stehen und Lücken auf den Außenbahnen suchen. Eine Lösung könnte Leon Goretzka sein.

Englandfürchtet das DFB-Team. Diesen Eindruck konnte man seit Bekanntwerden der Achtelfinalkonstellation gewinnen. Die Furcht ist historisch bedingt, denn seit dem Sieg gegen Deutschland im WM-Finale von 1966 haben die Engländer die große Mehrheit der Partien gegen die DFB-Elf verloren. Allerdings werden historische Fakten nebensächlich sein, wenn sich beide Teams am Dienstagabend im Wembley Stadium gegenüberstehen. Dann wird sich entscheiden, welcher Trainer die klügere Aufstellung gewählt hat und welche Akteure sich auf dem Rasen von ihrer besten Seite zeigen.

Es bleibt zu erwarten, dass Bundestrainer Joachim Löw von seinem grundsätzlichen taktischen Ansatz aus der Gruppenphase nicht abweichen wird. Der 61-Jährige möchte Dominanz durch Ballbesitz, Druck durch hochschiebende Linien und Überraschungsmomente durch Seitenverlagerungen. Das war die Rezeptur, die gegen Portugal gut und gegen Ungarn sowie Frankreich nur bedingt funktionierte. Auf Stärken und Schwächen des jeweiligen Gegners geht Löw nahezu nicht ein. Doch genau das muss er im Aufeinandertreffen mit England tun.

Gosens und Havertz mit schwerem Stand

Die "Three Lions" spielen unter Trainer Gareth Southgate einen stabilitätsorientierten Fußball, was bedeutet, dass im 4-2-3-1 sowohl die Außenverteidiger als auch die beiden zentralen Mittelfeldspieler nur ein sehr kalkuliertes Risiko eingehen. Für die Partie gegen Deutschland soll Southgate sogar auf eine Dreierkette umstellen und dafür einen Offensivspieler opfern.

Für Deutschland könnte problematisch werden, dass Kieran Trippier und Luke Shaw, die beiden Außenverteidiger, wahrscheinlich Robin Gosens und Joshua Kimmich auf den Flügeln eng decken werden. Dass Gosens gegen Portugal so auftrumpfte, lag unter anderem am Verteidigungsverhalten der Portugiesen, die lieber das Spielfeldzentrum sicherten, als Gosens zu decken. England hingegen wird dem 26-Jährigen sehr wenig Luft lassen.

Darüber hinaus haben Declan Rice und Kalvin Philips, die zwei Mittelfeldspieler, eine schnelle Auffassungsgabe und werden versuchen, gerade Kai Havertz so gut es geht zu stören. Bislang lag ein Erfolgsfaktor der deutschen Mannschaft im Bewegungsverhalten von Havertz, der zwischen den gegnerischen Linien die Zuspiele aufnahm und entsprechend weiterleitete. Oftmals gingen diese Weiterleitungen übrigens zum Flügel, gerade auf Gosens linke Seite. Sind also sowohl Gosens als auch Havertz von Englands Defensivakteuren in ihrem Aktionsradius eingeschränkt, benötigt Deutschland eine Alternativlösung.

Goretzka hinter den Spitzen

Die Alternativlösung lautet Leon Goretzka. Der Bayern-Profi hat nach seiner Einwechslung gegen Ungarn eine hervorragende Vorstellung abgeliefert. Noch wichtiger ist, dass er jene Rolle hinter den Spitzen ausfüllen kann, die England vor Probleme stellen müsste. Goretzka sollte nicht statt Ilkay Gündoğan oder Toni Kroos auflaufen, sondern mit ihnen in einem 3-4-1-2 anstelle des bislang praktizierten 3-4-3. Dafür müsste Serge Gnabry aus der Startelf rücken. Der 26-jährige Goretzka könnte quasi in der zweiten Welle die Bälle aufnehmen, sollte etwa Havertz entscheidend gestört werden, und mit seiner Physis in die Räume zwischen Englands Linien eindringen.

Zudem hat Goretzka das richtige Timing für Läufe in den Strafraum, wo es den Deutschen bekanntlich ein wenig an Präsenz mangelt. Kommen Gosens und Kimmich mal dazu, Flanken von der Grundlinie zu schlagen, braucht es einen Goretzka, der sich in die Zweikämpfe werfen oder aus der zweiten Reihe abschließen kann. Es ist bei solch einem Turnier en vogue, nach personellen Alternativen zu schreien, wenn es beim DFB-Team nicht rundläuft, aber in diesem Fall ist der Ruf nach Goretzka nicht aus der Luft gegriffen.

Deutschlands mögliche Aufstellung mit Goretzka:

Obacht vor den englischen Flügelstürmern

Nun sollte man meinen, dass Goretzka doch auch für Gündoğan reinkommen könnte. Sicherlich hat der Mittelfeldakteur von Manchester City noch keine gute EM abgeliefert, aber Löw braucht gegen England zwei klare Sechser vor der Abwehr. Der Grund liegt in der notwendigen defensiven Absicherung. Gosens und Kimmich müssen wieder viele Wege nach vorn unternehmen, wodurch sich eine strukturelle Schwachstelle in der deutschen Rückwärtsbewegung ergibt, weil die Räume nach Ballverlusten zunächst verwaist sind.

"Meine Anweisung würde so aussehen, dass ich die Räume hinter den deutschen Flügelverteidigern attackieren und Läufe in die Räume neben den zentralen Verteidigern machen lassen würde", schrieb etwa Ex-Nationalstürmer Wayne Rooney am Wochenende. Rooney ist der Meinung, dass Mittelstürmer Harry Kane zwei dynamische Flügelstürmer um sich herum benötigt, welche die Lücken hinter Gosens und Kimmich ausnutzen. Als Gegenreaktion sollte Löw Gündoğan und Kroos, die ohnehin bei Angriffen etwas zurückhängen, damit beauftragen, diese Löcher nach Ballverlusten situativ zu besetzen. Gewinnt England etwa auf der deutschen rechten Seite den Ball, rückt Gündoğan hinter Kimmich und Kroos schiebt ins Zentrum. Schon ist die Gefahr eines Konterangriffs über Englands Linksaußen verringert.

So könnte Deutschlands Konterabsicherung aussehen:

Zentrale Verteidiger müssen Positionen halten

Eine offensichtliche Alternative bestünde darin, einfach den ballnahen Verteidiger aus der Dreierkette herauszuziehen. Also wenn der Ball über die linke deutsche Abwehrseite gespielt wird, würde das Antonio als linken Innenverteidiger der Dreierkette betreffen, auf der rechten Seite Matthias Ginter.

Aber Löw muss vermeiden, dass sich seine drei Verteidiger zu häufig von der Abseitslinie wegbewegen. Antonio Rüdiger hat im Champions-League-Finale gezeigt, dass er mit progressiven Bewegungen Situationen wegverteidigen kann, aber bei Chelsea ist sein taktisches Umfeld ein anderes als in der Nationalmannschaft. Vorm Treffer der Ungarn zum 0:1 wusste Rüdiger nicht, ob er nun Roland Sallai bis ins Mittelfeld verfolgen oder sich doch wieder zum Strafraum zurückziehen sollte.

Vorsicht ist auch für Mats Hummels geboten. Englands Mittelstürmer Kane lässt sich gerne ins Mittelfeld fallen, um Bälle aufzunehmen. Hummels sollte es vermeiden, Kane zu verfolgen. Denn in dem Moment, in dem der deutsche Zentralverteidiger nach vorn geht, müssen Ginter und Rüdiger weiter nach innen rücken, um die Mitte zu schließen. Doch dann sind wieder die Außenbahnen frei, was problematisch gegen England ist, wie weiter oben erklärt wurde.

Fazit: In der Verteidigung müssen sich die deutschen Spieler an ihre vorgegebenen Positionen halten, während in Mittelfeld und Angriff Rochaden und Verschiebungen gegen England von größter Bedeutung sind.

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