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Nach Nazi-Vergleich: Druck auf Keller wächst – DFL distanziert sich


DFB-Präsident mit Nazivergleich
Druck auf Keller wächst – DFL distanziert sich

Von dpa, t-online
Aktualisiert am 27.04.2021Lesedauer: 4 Min.
Fritz Keller: Der DFB-Präsident hat mit einem Vergleich für viel Empörung gesorgt.Vergrößern des Bildes
Fritz Keller: Der DFB-Präsident hat mit einem Vergleich für viel Empörung gesorgt. (Quelle: Martin Hoffmann/imago-images-bilder)
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Nach Bekanntwerden seiner verbalen Entgleisung gegen Rainer Koch wächst der Druck auf DFB-Präsident Fritz Keller. Der Funktionär denkt nicht an einen Rücktritt, doch die ersten Regionalverbände rücken von ihm ab.

DFB-Vizepräsident Rainer Koch will nach der verbalen Entgleisung durch Fritz Keller ein Gespräch mit dem Verbandschef führen und hat eine Entschuldigung noch nicht angenommen. Koch äußere sich nicht zum gesamten Vorgang, er könne nur bestätigen, dass Keller ihn schriftlich um Entschuldigung gebeten habe, hieß es am Dienstag auf Anfrage vom Bayerischen Fußball-Verband (BFV).

"Rainer Koch hat die Entschuldigung bislang nicht angenommen, weil er den gesamten Vorgang mit zeitlichem Abstand zunächst in einem persönlichen Gespräch mit Fritz Keller aufarbeiten möchte."

Süddeutscher Fußball-Verband: "Völlig inakzeptabel"

Währenddessen wird der Druck auf den DFB-Präsidenten immer höher. Der erste Regionalverband rückte am Dienstagmittag von Keller ab. So hieß es in einer Mitteilung des Süddeutschen Fußball-Verbands (rund 3,1 Mio. Mitglieder, Anm. d. Red.): "Mit Entsetzen und völligem Unverständnis reagiert das Präsidium auf die Äußerungen und die Wortwahl von DFB-Präsident Fritz Keller in Richtung von DFB-Vizepräsident und SFV-Präsident Rainer Koch. Dies ist eine Äußerung, die völlig inakzeptabel ist."

Weiter steht in dem Schreiben: "Unser Präsident verdient Respekt und wir wissen, dass er sich in den Dienst der Sache stellt, um den Amateurfußball zu sichern."

BFV-Präsidium: "Fritz Keller disqualifiziert sich"

Das Präsidium des BFV legte am Nachmittag nach und verurteilte die Entgleisung Kellers entschieden. Wie der bayerische Regionalverband am Dienstag mitteilte, kam das Präsidium in einer kurzfristig einberufenen Videokonferenz ohne BFV-Präsident Rainer Koch zusammen. Dabei sicherte es Koch "in dieser für ihn extrem schwierigen Situation" die volle Unterstützung zu.

"Die Mitglieder des BFV-Präsidiums sind entsetzt über die von Fritz Keller ausgelöste neuerliche Eskalation innerhalb des DFB und seiner Regional- sowie Landesverbände. Fritz Keller ist auch mit der Unterstützung aller Delegierten des Bayerischen Fußball-Verbandes beim vergangenen Bundestag als DFB-Präsident angetreten, um den Verband als "Aufklärer" und unbefangen in ruhigere Fahrwasser zu führen – vor allem auch zum Wohle des Amateurfußballs", hieß es in der Mitteilung.

DFL distanziert sich

"Mit einem derartigen Verhalten, das jedwede Grenzen überschreitet und nicht zu tolerieren ist, wird er seinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht, im Gegenteil: Fritz Keller disqualifiziert sich, er vertieft so weiter die Gräben und betreibt Polarisierung", hieß es. Mit der "nicht zu tolerierenden Äußerung" gegenüber dem ersten Vertreter des bayerischen Amateurfußballs trage Keller die alleinige Verantwortung für das Verlassen der sachlich-konstruktiven Ebene in der seit Anbeginn seiner Präsidentschaft vorherrschenden Auseinandersetzung innerhalb des DFB.

Heftige Kritik kam am Dienstagnachmittag auch von der Deutschen Fußball Liga (DFL). Sie ist nach der verbalen Entgleisung von Fritz Keller vom DFB-Präsidenten abgerückt, den vor allem der Profibereich ins Amt gebracht hatte. "Wir distanzieren uns deutlich und in aller Form von der Äußerung und der Wortwahl, die DFB-Präsident Fritz Keller in Richtung von DFB-Vizepräsident Dr. Rainer Koch im Rahmen der Präsidiumssitzung am 23. April getätigt hat", hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme der DFL-Vertreter im DFB-Präsidium: "Eine solche Äußerung ist absolut inakzeptabel."

Keller verglich Koch mit Nazirichter Freisler

Keller hatte Koch nach Medienberichten mit Nazirichter Roland Freisler verglichen, sich sofort aber dafür entschuldigt. Der DFB äußerte sich nicht zu Einzelheiten, bestätigte jedoch eine Entschuldigung von Keller.

Für DFB-Präsident Fritz Keller ist derweil ein Rücktritt keine Option: "Einen Rücktritt schließe ich aus. Ich habe einen Fehler gemacht, aber ich werde die Aufräumarbeiten, für die ich zum DFB geholt und mit 100 Prozent der Stimmen auf dem Bundestag gewählt wurde, zu Ende führen", sagte Keller der "Bild" (Dienstag).

Keller: "Ist mir so peinlich wie noch nie etwas im Leben"

"Manchmal fallen in Kontroversen Worte, die nicht fallen sollen und nicht fallen dürfen. Dafür habe ich mich in aller Form persönlich im Gespräch wie auch schriftlich bei Rainer Koch entschuldigt", wurde Keller zitiert. "Er hat die Größe, die Entschuldigung anzunehmen, wofür ich ihm dankbar bin. Insbesondere auch im Hinblick auf die Opfer des Nationalsozialismus war der Vergleich gänzlich unangebracht. Ich bedauere dies sehr und werde meine Worte künftig weiser wählen."

Der 1945 gestorbene Freisler war als Teilnehmer an der Wannseekonferenz einer der Verantwortlichen für die Organisation des Holocaust und später Präsident des berüchtigten Volksgerichtshofes, wo er etwa 2.600 Todesurteile verhängte. Darunter auch gegen die Widerstandsgruppe "Weiße Rose".

"Das ist mir so peinlich wie noch nie etwas im Leben", sagte Keller der "Bild". "Ich bin mit der Erinnerungskultur familiär verwachsen, meine Großmutter hatte jüdische Stammtische veranstaltet. Seit meiner Kindheit liegt mir jüdisches Leben in Deutschland und Israel sehr am Herzen", fügte er hinzu.

Ex-DFB-Präsident Zwanziger "fassungslos"

Der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger hat "fassungslos" auf die verbale Entgleisung seines späteren Amtsnachfolgers reagiert. "Wie kann der DFB-Präsident in diesem gesellschaftlich so wichtigen Amt solch einen Nazivergleich einführen? Und dann auch noch gegenüber einem Mann wie Rainer Koch, der rechtsstaatlich und demokratisch eine absolut saubere Vita und der gemeinsam mit mir den Julius-Hirsch-Preis ins Leben gerufen hat?", sagte Zwanziger in einem "Bild"-Interview.

Dass Keller "diesem Mann solch einen Vorwurf macht, zeigt, dass er an der Stelle keinen Tiefgang hat. Er befasst sich nicht mit den Grundlagen und den Prozessen. Da muss er als DFB-Präsident mehr Tiefgang zeigen", forderte der 75 Jahre alte Zwanziger, der den DFB von 2004 bis 2012 führte - von 2004 bis 2006 als Doppelspitze mit Gerhard Mayer-Vorfelder.

"Man kann Naziverbrecher nicht in normale Vergleiche einführen, weil man dann indirekt dazu beiträgt, dass diese Taten verharmlost werden", bekräftige Zwanziger und betonte: "Diese ganzen Rechtfertigungsbemühungen von Keller sind ohnehin unangebracht. Es geht um glaubwürdige Einsicht für eine völlig verfehlte Aussage. Und bei Keller ist keine Einsicht zu erkennen."

Der DFB-Präsident schloss einen Rücktritt aus. "Ich habe einen Fehler gemacht, aber ich werde die Aufräumarbeiten, für die ich zum DFB geholt und mit 100 Prozent der Stimmen auf dem Bundestag gewählt wurde, zu Ende führen", sagte Keller der "Bild"-Zeitung".

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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