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Pfiffe gegen Nationalelf: Sind wir zu ungeduldig für den Umbruch?


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Pfiffe gegen das Nationalteam
Sind wir zu ungeduldig für den Umbruch?


21.03.2019Lesedauer: 3 Min.
Banger Blick ins Publikum: Joshua Kimmich und die Nationalelf wurden gegen Serbien wieder phasenweise ausgepfiffen.Vergrößern des Bildes
Banger Blick ins Publikum: Joshua Kimmich und die Nationalelf wurden gegen Serbien wieder phasenweise ausgepfiffen. (Quelle: Peter Steffen/dpa)

Das Remis gegen Serbien zeigt: Der Umbruch in der Nationalelf wird dauern. Doch die Fans sind nicht bereit, weitere Rückschläge zu akzeptieren. Die Nervosität vor dem Duell gegen die Niederlande ist groß.

Als Leon Goretzka den Ball zum 1:1-Endstand gegen Serbien versenkte, ertönte in der Wolfsburger Arena der Song „Can’t hold us“ von Macklemore statt Oliver Pochers „Schwarz und Weiß“. US-Rap statt deutschem Hobby-Singsang. Musikalisch hätte der Neubeginn der deutschen Nationalelf kaum größer sein können. Statt einer festen Torhymne will der DFB in Zukunft von Spiel zu Spiel wechseln.

Auch auf dem Platz war der Umbruch im deutschen Fußball nicht zu übersehen. Acht Spieler unter 25 Jahren hatte Bundestrainer Jogi Löw in die Startelf beordert. Mit Debütant Lukas Klostermann sowie Marcel Halstenberg, Jonathan Tah und Kai Havertz standen gleich vier Spieler mit keiner oder nur wenig Erfahrung im DFB-Trikot in der Startelf. So ungestüm und erfrischend die Anfangsphase war, so schnell knickte die junge deutsche Elf nach dem überraschenden 0:1 durch Luka Jovic (12.) ein. Einfache Bälle versprangen, Pässe kamen plötzlich nicht mehr an.

"Nicht verrückt machen lassen"

Innenverteidiger Jonathan Tah meinte zwar: "Wir Spieler sollten uns von dem Druck und der großen Erwartungshaltung von außen nicht verrückt machen lassen. Wir wissen alle, wie man Fußball spielt." Dass ein Auftritt im DFB-Trikot trotzdem etwas anderes ist als Bundesliga-Alltag für Bayer Leverkusen, war ihm und den anderen jungen Profis trotzdem deutlich anzumerken.

Tatsächlich lassen sich die Probleme aber auch damit erklären, dass die Mannschaft zum ersten Mal in dieser Formation zusammenspielte – und es zuvor gerade einmal eine gemeinsame Trainingseinheit in Wolfsburg gegeben hatte.

Gündogan: Pfiffe "nicht verständlich"

Wenig Zeit, hohe Erwartungen: Es ist das große Dilemma in dem Bundestrainer Löw aktuell – und wohl noch in den kommenden Monaten – steckt. Einerseits hat er mit einiger Verspätung den von allen Seiten geforderten Umbruch eingeleitet. Auf der anderen Seite sind die Zuschauer nicht bereit, weitere Rückschläge und Misserfolge zu akzeptieren. Zur Halbzeit gab es in Wolfsburg vom ansonsten skeptisch schweigenden Publikum ein heftiges Pfeifkonzert. Geduld? Fehlanzeige.

Verteidiger Tah sagte: "Das war schon außergewöhnlich. Als Spieler wünscht man sich das natürlich anders. Aber wir müssen mit den Pfiffen umgehen und die Fans wieder dazu bringen, dass sie Stimmung machen. Das liegt ja auch an uns Spielern." Sein erfahrener Teamkollege Ilkay Gündogan wurde deutlicher: "Für mich ist es nicht verständlich, ehrlich gesagt."

Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff hatte die Fans vor dem Spiel noch um Geduld gebeten. Man müsse der jungen und neu formierten Mannschaft Fehler verzeihen. Doch seine Botschaft kam offensichtlich nicht an.

Furcht vor Rückschlag gegen die Niederlande

In dieser weiterhin angespannten Lage reist die Nationalelf nun nach Amsterdam. Ausgerechnet mit dem Prestigeduell gegen die Niederlande startet das neu formierte DFB-Team dort am Sonntag (20.45 Uhr) in die Qualifikation für die EM 2020. Tabellarisch wäre eine Niederlage zu verschmerzen, schließlich würde auch Platz zwei in der Gruppe noch zur EM-Teilnahme reichen. Und die weiteren Gegner heißen Nordirland, Weißrussland und Estland.

Doch psychologisch würde das Projekt Neubeginn einen herben Rückschlag erleiden. Seit Monaten bemüht sich der ganze Verband, sein Image aufzupolieren und nimmt beispielsweise deutlich mehr öffentlichkeitswirksame Termine wahr. Die Zweifel an Bundestrainer Löw sind wegen der schlechten sportlichen Ergebnisse aber weiter vorhanden. Bei einer Niederlage, oder noch schlimmer: einer erneut deutlichen Pleite, wären alle Bemühungen vorerst umsonst. Stattdessen droht wieder eine heftige Trainer-Diskussion und neuer Unmut der Fans.


Wie jahrelanger Krisenmodus funktioniert, können sich die Verantwortlichen beim neuen Hauptsponsor anschauen. Das 1:1 gegen Serbien war nämlich auch die Premiere für Volkswagen, die den Mercedes-Stern vom deutschen Trikot verdrängt haben, und so ihr Image wieder aufpolieren wollen. Beim Wolfsburger Auto-Konzern agiert seit Bekanntwerden des Dieselskandals 2015 mit Herbert Diess mittlerweile der dritte Vorstandsvorsitzende nach Martin Winterkorn und Matthias Müller.

Beim DFB wurden statt der Führungskräfte einige Spieler ausgetauscht. Und die Torhymne. Jetzt muss sich zeigen, welcher Weg erfolgreicher ist.

Verwendete Quellen
  • eigene Beobachtungen vor Ort
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