Politischer Milliardenpoker USA & Co. Favorit auf XXL-WM 2026 - DFB-Kritik an Trump
Moskau (dpa) - Favoritensieg für das Amerika-Trio aus den USA, Mexiko und Kanada - oder findet die erste XXL-WM trotz der Drohungen von US-Präsident Donald Trump doch im Königreich Marokko statt?
Im Milliardenpoker um die Vergabe der Weltmeisterschaft 2026 werben die beiden Kandidaten bis zur letzten Minute um die entscheidenden Stimmen für den Zuschlag beim FIFA-Kongress am Mittwoch (8.00 Uhr).
In der Vrubel Hall des edlen Fünf-Sterne-Hotels Metropol in Moskau versuchte Brasiliens Ex-Weltmeister Roberto Carlos am Dienstagmorgen, die europäischen Vertreter um DFB-Präsident Reinhard Grindel von den Vorzügen der marokkanischen Bewerbung zu überzeugen. Der Deutsche Fußball-Bund entschied sich dennoch für das Amerika-Trio. "Wegen des neuen Formats eines WM-Turniers mit 48 Mannschaften haben es kleinere Länder ohne umfangreiche Stadionkapazitäten schwerer, erfolgreich als Ausrichter anzutreten", sagte Grindel in einer DFB-Mitteilung.
Dabei kritisierte das Mitglied des FIFA-Councils gleichzeitig Trump für dessen Einfluss auf den Wahlkampf: "Es ist erfreulich, dass beide Bewerbungen nach einem fairen und transparenten Verfahren auf dem Kongress zur Abstimmung stehen", sagte Grindel. "Umso bedauerlicher waren die politischen Interventionen des US-Präsidenten, die dem Fair-Play-Gedanken der FIFA widersprechen." Trump hatte sich mit einer offenen Drohung in den Wahlkampf eingemischt: Die USA könnten einem anderen Land die Unterstützung bei den Vereinten Nationen entziehen, wenn dieses für Marokko stimmt.
Kein anderer Verband habe Trump erwähnt, behauptete US-Verbandschef Carlos Cordeiro hingegen und gab sich siegesgewiss für die Kampfabstimmung der 206 Verbände, die maximal mitwählen werden. Eine Folie der amerikanischen Präsentation verdeutlicht diesen Fokus: Ein grünumrandetes Dollarzeichen prangt überdimensional darauf.
14,3 Milliarden US-Dollar Einnahmen verspricht der Dreierbund - fast doppelt so viel wie Marokko. "Dies korrespondiert nicht mit historischen Fakten oder Hochrechnungen für die Zukunft", klagte Marokkos Verbandspräsident Fouzi Lekjaa bereits in Moskau über unlauteren Wettbewerb.
Und auch ansonsten wird im Bewerberrennen um die erste Weltmeisterschaft mit 48 Teilnehmern hinter den Kulissen mit allen Tricks gearbeitet. Ob die vier Verbände der amerikanischen Außengebiete abstimmen dürfen, diskutieren Funktionäre und Medien auf den Fluren der Moskauer Luxus-Tagungshotels ebenso wie den möglichen Einfluss von FIFA-Chef Gianni Infantino oder Donald Trump.
Mit "Drecksloch"-Beschimpfungen von Staaten oder seinen muslimfeindlichen Einreisestopps hat der US-Präsident das Amerika-Trio in Teilen der Welt zwar eigentlich unwählbar gemacht. Doch einem Bericht der "New York Times" zufolge gab Trump in drei Briefen an Infantino unter anderem Garantien zur Reisefreiheit für ausländische Teams, Offizielle und auch Fans während einer WM ab.
"Ich hoffe, dass die Wahl nicht all zu sehr politisch beeinflusst wird", sagte FIFA-Präsident Infantino - und weiß doch, dass es wenig Politischeres als die Kür eines Gastgeberlandes gibt. "Wir können Marokko nicht unterstützen", sagte beispielsweise Südafrikas Sportminister Tokozile Xasa. "Es ist das Mandat eines Landes und ist die Pflicht des Verbands zu verstehen, was auf der Agenda steht." Dass die Stimmen anschließend veröffentlicht werden, sorgt für zusätzlichen Druck bei einigen Nationen, die möglichst nicht öffentlich auf der Verliererseite stehen wollen.
Und so rechnet ein hochrangiges Mitglied der FIFA hinter vorgehaltener Hand vor, dass Marokko rund 40 bis 45 der 53 Stimmen aus Afrika, 20 bis 25 der 46 Stimmen aus Asien und auch einige Stimmen aus Europa erhalten könnte. Ozeanien galt zuletzt als unentschieden, Südamerika hat seine volle Unterstützung für die Dreier-Bewerbung angekündigt. Überraschende Wendungen, wie beim Zuschlag für Katar für die WM 2022, sind im Ringen um Mehrheiten auf sportpolitischer Bühne allerdings nie auszuschließen.
Der DFB wollte seine Wahlentscheidung erst kurz vor dem Kongress bekanntgeben. Die deutsche Bevölkerung spricht sich klar für die USA, Kanada und Mexiko aus. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur erklärten 48 Prozent, dass die Weltmeisterschaft in acht Jahren in Amerika stattfinden solle. Lediglich 21 Prozent votierten für den Kontrahenten Marokko.
Sollten die Nordafrikaner bereits das fünfte Mal mit einer WM-Bewerbung scheitern, würde FIFA-Chef Infantino seine nächste Niederlage auf dem Funktionärs-Parkett vermeiden. Der 48-Jährige wird dem US-Lager zugerechnet. Und nachdem er schon mit seinen Plänen für einen 25-Milliarden-Verkauf von Wettbewerben an Investoren vorerst gescheitert ist, braucht auch Infantino dringend ein Erfolgserlebnis.