Erst unsportlich, dann torhungrig Kimmich wird ein Großer - aber das sollte er lassen!
Offensivdrang, Torpremiere - doch ein Makel zu Beginn: Joshua Kimmich hat den Auftakt der WM-Qualifikation 2018 größtenteils für Werbung in eigener Sache genutzt und zeigte beim 3:0 des DFB-Teams in Norwegen vor allem nach vorne eine starke Leistung. Doch eine Unart sollte er sich künftig schenken.
Schon in der Anfangsphase schaltete Kimmich in den Angriffsmodus. Mit einer gelungenen Finte ließ er Gegenspieler Haitam Aleesami aussteigen und drang in den Strafraum ein. Doch statt die Chance für einen Pass oder Abschluss zu nutzen, ließ sich der 21-Jährige fallen und schaute erwartungsvoll zu den Unparteiischen - eine plumpe Schwalbe.
Der Elfmeterpfiff des Schiedsrichters blieb korrekterweise aus, über eine Verwarnung hätte sich der Profi des FC Bayern nicht beschweren dürfen.
Antreiber, Vor-Vorbereiter, Torschütze
Im weiteren Spielverlauf machte er es besser, insbesondere kurz vor der Pause, als er nach schöner Kombination mit Mesut Özil und Thomas Müller das 2:0 erzielte. "Mein erster Treffer ist für mich besonders, ich schieße ja nicht so viele Tore", sagte Kimmich: "Ich hatte viel Freiraum, konnte viel flanken."
Auch am Spielzug vor dem 3:0 war das Münchner Juwel beteiligt, als er sich mit Mario Götze via doppeltem Doppelpass in Richtung Grundlinie kombinierte. Nicht seine einzige gelungene Offensivaktionen. Immer wieder trieb der emsige Rechtsverteidiger das deutsche Spiel an, beackerte die Außenbahn, schlug viele Flanken.
Defensive Wackler
Doch neben viel Licht gab es auch Schatten im Spiel des Youngsters, nämlich im Kerngeschäft seiner Position. In der Defensive leistete er sich die eine oder andere Unsicherheit. So ermöglichte er Norwegen durch schwaches Stellungsspiel und einen unglücklichen Abwehrversuch die wohl größte Chance durch Namensvetter Joshua King.
Diese Diskrepanz zwischen offensiven Fertigkeiten und defensiven Unsicherheiten ist nicht neu. Schon bei der EM überraschte Kimmich mit starken Leistungen als Rechtsverteidiger mit Vorwärtsdrang, doch als er in der Abwehr gefordert war, hakte es: Bei der Halbfinal-Niederlage gegen Frankreich verlor er im eigenen Strafraum den Ball und leitete so das 0:2 ein.
Mit Lahm als Mentor zum Lahm 2.0?
Gegen Norwegen fielen auch eine Hand voll Fehlpässe auf - doch nur weil der Ex-Leipziger seine Zuspiele sonst so sicher verteilt wie man es auf dieser Position nur von einem gewohnt ist: Philipp Lahm.
Von Beginn an wurde Kimmich mit dem weltbesten Rechtsverteidiger der letzten Jahre verglichen. Zum Unmut des erhofften Nachfolgers. "Dieser Vergleich macht wenig Sinn", hatte Kimmich nach seinem DFB-Startelfdebüt bei der EM gegen Nordirland demütig gesagt.
Doch auch in Oslo erinnerte sein Spiel an den Vorgänger in der Nationalelf, gerade sein Laufweg vor dem 2:0. Nur an den defensiven Wacklern muss er arbeiten. Doch er hat im Klub ja einen Weltklasse-Mitspieler als Vorbild - genau: Lahm.