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Zum journalistischen Leitbild von t-online.In den 70ern vor Gladbach und BVB Traditionsklub steht vor Komplettabsturz

Einst überraschte Wuppertal die Bundesliga, spielte sogar im Europapokal. Doch das ist lange her. Derzeit herrscht Tristesse – und es droht der sportliche Totalabsturz.
Die wirklich guten Zeiten im Stadion am Zoo liegen lange zurück. Zwischen 1972 und 1975 spielte der Wuppertaler SV hier in der Bundesliga, nahm sogar am Uefa-Pokal teil. Davon trennen den Traditionsverein aus dem Bergischen Land im März 2025 Welten.
Beim WSV regiert die Angst – vor dem Absturz in die sportliche Bedeutungslosigkeit. Bei noch acht ausstehenden Spielen rangiert der Klub auf dem 17. Platz der Regionalliga West. Schlechter ist nur Türkspor Dortmund, das sich vor gut einer Woche vom Spielbetrieb zurückzog und bereits zwangsabgestiegen ist.
"Wir haben 70 Minuten lang eine richtig gute Leistung gezeigt. Danach hat man immer mehr gemerkt, dass der Kopf im Abstiegskampf eine große Rolle spielt", kommentierte Manager Gaetano Manno im "Kicker" das 2:2 am vergangenen Wochenende gegen den SV Rödinghausen. Dabei hatte der WSV kurz nach der Halbzeit mit 2:0 vorne gelegen und alles im Griff gehabt – doch dann kam sie, die Angst vor dem Scheitern.
Ein Missverständnis zwischen Benedikt Wimmer und Torhüter Michael Luyambula führte zu einem Elfmeter, den der bis dahin fast völlig chancenlose SVR verwandelte und so unverhofft Morgenlust witterte. Mit bekanntem Ausgang. "Das Unentschieden fühlt sich wie eine Niederlage an", sagte Manno enttäuscht.
"Manno-raus-Rufe" im Stadion am Zoo
Und damit war er nicht allein. Einige der etwa 1.500 Zuschauer machten ihrem Unmut nach acht sieglosen Spielen lautstark Luft. Als der Manager mit ihnen reden wollte, schallten ihm "Manno-raus-Rufe" entgegen.
Und die stehen sinnbildlich für die Gesamtgemengelage beim WSV. Der als Vorjahresdritter in die Saison gestartete Klub wollte eigentlich viel weiter oben mitspielen. Die Ansprüche in der 360.000-Einwohner-Stadt sind hoch.
"Niemand im Verein ist zufrieden. Aber niemand will auch aufgeben: im Gegenteil! Wir wollen da alle gemeinsam raus aus dem Keller. Ich hoffe, dass die Leute, die ins Stadion kommen, uns auch unterstützen. Und die Leute, die aktuell keinen Bock mehr haben, kommen dann hoffentlich in der Zukunft zurück", appellierte Trainer Sebastian Tyrala vor dem Rödinghausen-Spiel.
Solche Motivationsaufrufe hat der ehemalige Bundesliga-Spieler von Borussia Dortmund zuletzt öfter formuliert. Nur: Gebracht hat es wenig. Neben der Unruhe aufgrund der sportlichen Situation brodelt es auch teamintern.
Ärger um suspendierten Innenverteidiger
So wurde der erfahrene Innenverteidiger Oktay Dal vor einigen Tagen überraschend freigestellt und dann – laut "RevierSport" – sogar fristlos gekündigt. Während der Manager sich zu der Causa nicht äußert, geht Dal in die Offensive. "Ich bin wirklich enttäuscht von Gaetano Manno", erklärte der Defensivspezialist.
Dal führte ferner aus: "Ich weiß, dass Gaetano Manno mir einige Chancen beim WSV gegeben hat. Zum Beispiel als ich im Sommer 2023 mit einem Übergewicht von rund zehn Kilo zum Auftakt erschien. Ich habe mich danach an einen strengen Diätplan gehalten und habe auch ordentlich abgenommen. Der Verein stand hinter mir und ich habe diese Unterstützung dann auch mit ordentlichen Leistungen zurückgezahlt."
Doch damit scheint es nun vorbei zu sein. Laut Dal hätten Sportvorstand Thomas Richter, Manno und Tyrala der Mannschaft nach dem 0:1 gegen die zweite Mannschaft von Schalke 04 vorletztes Wochenende ordentlich die Leviten gelesen.
"Manno machte an die Mannschaft eine Ansage, dass ab sofort ein anderer Wind wehen wird. Und er pickte mich als Sündenbock heraus. Manno stellte mich vor der versammelten Mannschaft bloß", behauptete Dal.
Suspendierter Spieler kritisiert Manager
Er sei "echt gekränkt" gewesen, sagte der Verteidiger im Hinblick auf Mannos Worte, die offenbar alles andere als empathisch waren: "Er war doch auch Profi und muss wissen, was das mit einem Spieler macht. Er sagte, dass er mich hier nie wieder sehen will." Da Dal noch einen Vertrag bis 2026 besitzt, wird die Sache wohl ein Nachspiel vor einem Arbeitsgericht haben.
Auch an anderer Stelle knirscht es intern gehörig. Die "Wuppertaler Rundschau" berichtete am Donnerstag von einem "Machtkampf" in der Führungsebene des Klubs. Einen Tag später gab Geschäftsstellenleiter Marvin Klotzkowsky dann den Rückzug von seinen hauptamtlichen Tätigkeiten zum Sommer bekannt. Ehrenamtliches Vorstandsmitglied bleibe er allerdings, wie er in einer Presserunde sagte.
Dabei ließ Klotzkowsky eine gewisse Resignation durchblicken. "Wie soll ich unseren Etat mit denen anderer Vereine vergleichen? Eine Mannschaft zieht im März zurück, andere zahlen seit Januar keine Gehälter mehr. Das ist eine Farce!", wird er von "RevierSport" zitiert.
Damit spielt er auch die sich häufenden finanziellen Probleme einiger Kontrahenten an. Türkspor Dortmund hat sich deshalb bereits aus der Spielklasse zurückgezogen und am Freitag gab auch der 1. FC Düren bekannt, ein Insolvenzverfahren eröffnen zu wollen. Laut "RevierSport" würden dem Klub dann neun Punkte abgezogen.
Die finanziellen Probleme der Konkurrenz
Dadurch könnten die Dürener von bisher 35 auf 26 Punkte fallen – und hätten nur noch sechs Zähler mehr als der WSV (20). Gleiches droht dem ehemaligen Bundesligisten KFC Uerdingen. Und nicht nur deshalb schauen die Wuppertaler sehr genau nach Krefeld.
Denn: Sie könnten am "grünen Tisch" sogar weitere Punkte aufgrund des KFC erhalten. Ursprünglich hatte Wuppertal sein Heimspiel am 14. Spieltag 1:2 verloren. Doch weil die Gäste mit Joey Tshitoku einen Spieler eingesetzt hatten, der zu Beginn der Partie nicht auf dem offiziellen Spielbericht gestanden hatte, wurde die Begegnung 1:2 gegen Wuppertal und 0:2 gegen Uerdingen gewertet.
Rechtskräftig ist das Urteil des Sportgerichts aber noch nicht. Der WSV will erreichen, dass die Partie nicht nur gegen Uerdingen, sondern auch für ihn gewertet wird. In schwierigen Zeiten ist das ein Strohhalm der Hoffnung für Manager Manno, der sagt: "Wir rechnen quasi täglich mit einer Entscheidung."
Ob sie den einstmals so erfolgreichen Bundesligisten vor dem Sturz in die Oberliga bewahren wird, ist offen. Sicher ist in Wuppertal nur eines: Langweilig wird es beim WSV in dieser Saison nie.
- wz.de: Marvin Klotzkowsky künftig nur noch ehrenamtlicher Vorstand beim Wuppertaler SV
- kicker.de: Nächste Unmutsbekundungen: Wuppertal schlittert weiter Richtung Abstieg
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- transfermarkt.de: Klubprofil des Wuppertaler SV