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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Woche der Wahrheit für Bayern Das darf sich nicht wiederholen
Mit dem Spiel gegen Paris beginnt für den FC Bayern eine wegweisende Woche mit drei Topspielen. Diese wird aus mehreren Gründen zum knallharten Realitätscheck.
In diesen Tagen wirkt der FC Bayern fast schon wieder unantastbar. Zuletzt gelangen dem deutschen Rekordmeister schließlich sechs Siege in Serie – und dabei ließen die Münchner nicht ein einziges Gegentor zu. Ist der FC Bayern also tatsächlich auf dem Weg zurück zu alter Dominanz, auf dem Patron Uli Hoeneß ("Was ich zusagen kann, ist die Deutsche Meisterschaft") den Klub längst wieder wähnt?
Eine erste Antwort darauf wird zweifellos die Woche der Wahrheit geben, in der die Bayern am Dienstag (ab 21 Uhr im Liveticker bei t-online) in der Champions League mit dem Heimspiel gegen Paris Saint-Germain starten. Am Samstag folgt in der Bundesliga das Auswärtsspiel beim Zuhause noch ungeschlagenen Borussia Dortmund. Nur drei Tage später reist Bayer Leverkusen zum laut Bayern-Sportvorstand Max Eberl "gefühlt vorweggenommenen Finale" im DFB-Pokal nach München.
In allen drei Wettbewerben warten unmittelbar nacheinander wegweisende Partien auf die Münchner, in denen ihr Positivlauf der vergangenen Wochen nun einem knallharten Realitätscheck unterzogen wird. Eberl sprach von "drei Highlight-Spielen innerhalb kürzester Zeit gegen extrem namhafte, gute Gegner" und meinte: "Wir können uns auch darauf freuen, weil wir uns eine Stabilität erarbeitet haben." Hohe Qualität in der Offensive habe Bayern ohnehin.
Das Mia san mia ist zurück
Mit der jüngsten Siegesserie im Rücken blickt auch Kapitän Manuel Neuer den kommenden Aufgaben selbstbewusst entgegen. "Wir haben schon viel gezeigt in dieser Saison. Und wir spielen gerne gegen die Besten. Paris, Dortmund und Leverkusen sind hochkarätige Gegner", sagte der 38-Jährige. "Aber jede Mannschaft weiß auch, wie stark wir momentan sind. Ich glaube, dass keine der drei Mannschaften sich freut, jetzt auf uns zu treffen." Klingt ganz nach: Mia san mia.
Dem neuen Cheftrainer Vincent Kompany ist es auch mit seinem dominanten Spielansatz erfolgreich gelungen, das nach der titellosen Saison teilweise verloren gegangene Selbstbewusstsein und Selbstverständnis der Bayern wieder zurückzubringen. Neuer bestätigte das: "Wir fühlen uns wohl auf dem Platz, mit dem, was von uns verlangt wird."
Daraus hat Kompany seine Lehren gezogen
Das hat sich in den vergangenen Wochen allerdings etwas verändert. Kompany hat seinen offensiv ausgerichteten Stil mittlerweile etwas angepasst und ein paar Sicherheitsvorkehrungen in sein Hochrisikosystem eingebaut. Der Belgier hat offenbar die richtigen Schlüsse aus den Rückschlägen gezogen, die es vor der jüngsten Sechs-Siege-Serie ohne Gegentor gegeben hatte.
Unmittelbar davor hatten die Bayern schließlich eine erste Bruchlandung unter ihrem neuen Chefcoach erlebt. Die damals ebenfalls sehr wegweisenden Spiele bei Aston Villa (0:1), Eintracht Frankfurt (3:3) und beim FC Barcelona (1:4) deuteten aus Bayern-Sicht nämlich in die absolut falsche Richtung. Lediglich das Spiel dazwischen gegen den VfB Stuttgart (4:0) konnte damals gewonnen werden. So etwas darf sich in der nächsten Woche der Wahrheit nun nicht wiederholen. Die Bayern sollten gewarnt sein.
Speziell das 1:4 in Barcelona, bei dem ausgerechnet Ex-Bayern-Trainer Hansi Flick Kompany die Fehler in seinem System schonungslos vor Augen führte (Mehr dazu lesen Sie hier: Verflickst! Lehrstunde für Kompany), sorgte damals für erste Ernüchterung im Lager der Münchner.
Kimmich: "Ich bin froh, dass wir da ruhig geblieben sind"
Kompany nahm das zum Anlass, sich und seinen Ansatz zu hinterfragen. Dafür holte er sich, wie auch der "Kicker" berichtet, intern Meinungen ein. Als Ergebnis davon nahm er leichte, aber entscheidende Anpassungen vor. Die Gegner werden immer noch früh angelaufen, die Pressinglinie seiner Mannschaft steht jetzt aber nicht mehr ganz so hoch. Unter anderem damit baute Kompany Absicherungen in seinem System ein. Offenbar mit Erfolg. Die sechs Spiele ohne Gegentor sprechen jedenfalls für sich.
"Wir hatten vorher auch Zu-Null-Spiele, aber im Moment läuft es sehr gut", sagte Neuer. In den Topspielen vor einigen Wochen war das allerdings noch anders. Die sind den Bayern noch immer mahnende Beispiele, wie Joshua Kimmich einräumte. "In Barcelona wurden wir natürlich schon krass bestraft, speziell auch gegen Frankfurt", so Kimmich weiter.
"Aber es hat sich nie so angefühlt, dass unsere Defensive wackelt. Oder dass wir da auf dem falschen Weg sind. Deswegen bin ich ganz froh, dass wir da ruhig geblieben sind und schon in die Art und Weise, wie wir spielen, vertraut haben." Kimmich weiter: "Jetzt werden wir ein bisschen dafür belohnt, aber klar ist, dass wir da nicht nachlassen dürfen."
Größter Härtetest seit Barcelona
Mit Paris Saint-Germain kommt das seit dem Duell mit Barcelona offensiv stärkste Team auf die Bayern zu. Ex-BVB-Star Ousmane Dembélé und Co. werden die bayerische Abwehrmauer auf eine harte Probe stellen. Paris hat gar keine andere Wahl. Die ambitionierten Franzosen sind mit gerade einmal vier Punkten nach vier Spielen nur 25. der Tabelle und müssen eigentlich unbedingt in München gewinnen, um die Zwischenrunde damit nicht am Ende sogar komplett zu verpassen.
Thomas Müller warnte dennoch vor PSG. "Der Tabellenplatz von Paris gibt nicht das Leistungsvermögen wieder. Das ist eine Supermannschaft, mit super Einzelspielern", sagte Bayerns Vizekapitän im "BR". "Es geht für beide Mannschaften um viel. Ich bin froh, dass wir ein Heimspiel haben."
Auch die Münchner sind mit sechs Zählern als 17. auf ihrem Weg ins "Finale dahoam 2.0", das am Saisonende zum zweiten Mal nach 2012 in der heimischen Allianz Arena nämlich nicht im Soll. Um noch unter die ersten Acht und damit direkt ins Achtelfinale zu kommen, dürfen sie sich keine weitere Niederlage mehr erlauben. Das Duell mit PSG ist zweifellos ein würdiger Auftakt in Bayerns Woche der Wahrheit.
- Eigene Recherche
- Mixed-Zone-Gespräche mit Joshua Kimmich, Max Eberl und Manuel Neuer am 22. November
- Aussagen von Thomas Müller im BR am 24. November