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FC Bayern: Warum hält der Rekordmeister noch an Tuchel fest?


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Nach der Pleite von Rom
Jetzt droht das Worst-Case-Szenario


Aktualisiert am 15.02.2024Lesedauer: 6 Min.
Thomas Tuchel: Er konnte mit dem Spiel in Rom nicht zufrieden sein.Vergrößern des Bildes
Thomas Tuchel: Er konnte mit dem Spiel in Rom nicht zufrieden sein. (Quelle: IMAGO/Giuseppe Maffia)

Nach zwei Niederlagen in Folge steigt der Druck auf Bayern-Trainer Thomas Tuchel. Die Klubbosse halten weiter an ihm fest. Aber warum eigentlich?

Aus Rom berichtet Julian Buhl

Die Nacht in der "ewigen Stadt" war nach der ernüchternden 0:1-Niederlage bei Außenseiter Lazio Rom eine kurze für den Reisetross des FC Bayern. Zumindest der Tisch, an dem die Klubbosse gemeinsam mit Cheftrainer Thomas Tuchel beim Bankett im noblen Team-Hotel "Cavalieri Waldorf Astoria" saßen, war noch bis weit nach Mitternacht besetzt.

Um 11 Uhr morgens hob dann bereits wieder die Sondermaschine Richtung München ab. Man kann davon ausgehen, dass die Verantwortlichen auch den passenderweise knapp neunzig minütigen Flug nutzten, um sich weiter intensiv über die angespannte Situation beim Rekordmeister auszutauschen und nach Lösungen zu suchen.

In deren Zentrum steht spätestens seit dem in Rom erlebten Untergang die Trainerfrage. Chefcoach Thomas Tuchel musste sich die sowohl im Interview mit dem italienischen Fernsehen als auch auf der anschließenden Pressekonferenz bereits stellen lassen. Ob er um seinen Job fürchte, wurde er gefragt. Seine Antwort war jeweils die gleiche: "No. Nein." Nachfragen, warum er noch glaube, noch der richtige Coach für Bayern zu sein, waren unerwünscht. "Sie haben eine Frage gestellt und ich habe mit Nein geantwortet. Ich würde gerne über das Spiel sprechen", sagte er. Und damit basta!

Es gibt einen intensiven Austausch

Aber teilen auch die Verantwortlichen Tuchels Einschätzung bezüglich seiner Jobsicherheit noch nach den vernichtenden Eindrücken, die sie im Stadio Olimpico nur vier Tage nach dem 0:3-Debakel in Leverkusen gewonnen haben? Nach t-online-Informationen ja. Herbert Hainer bestätigte das im Interview mit der Mediengruppe "Münchner Merkur/tz". "Klar, im Moment fehlen uns die Ergebnisse. Wir brauchen nun eine Initialzündung, um auf dem Platz den viel zitierten Bock umzustoßen", sagte der Bayern-Präsident und betonte: "Daran arbeiten wir alle gemeinsam und ich bin überzeugt, dass wir das schaffen."

Aber warum halten die Bosse noch an Tuchel fest? Eine kurzfristige Entlassung von Tuchel wird es nicht geben. Noch nicht. Wie auch Bild und Sky berichten, soll der 50-Jährige definitiv am Sonntag beim Auswärtsspiel in Bochum auf der Trainerbank sitzen.

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Bayerns Bosse und der Chefcoach sprechen weiterhin miteinander und nicht übereinander – zumindest nicht nur. Es gibt einen intensiven Austausch darüber, wie man die prekäre und zweifellos angespannte Situation gemeinsam lösen kann. Spätestens nach der Saison wird die Situation allerdings neu bewertet werden müssen.

Im Moment fehle die Leichtigkeit und das Selbstverständnis, sagte der Hainer noch. "Aber ich habe nach dem Spiel beim Bankett und beim Rückflug mit den Spielern gesprochen und es ist ganz klar der Anspruch, so schnell wie möglich in die Erfolgsspur zurückzukommen", so der 69-Jährige. Er betonte: "Aufgeben gibt es bei uns nicht."

"Im Fußball kann es ganz schnell gehen"

Dass nach der nächsten Demütigung in der italienischen Hauptstadt nun keine voreiligen, kurzfristigen Reaktionen erfolgten, hat auch damit zu tun, dass das Hinspiel mit Lazio Rom bei Bayern als das erachtet wird, was es faktisch nun mal auch ist: und zwar nur der erste Teil der beiden Achtelfinalduelle der Champions League.

Abgerechnet wird erst nach dem Rückspiel am 5. März. Darauf verwiesen sowohl Hainer als auch Vorstandsboss Jan-Christian Dreesen in seiner Bankettrede. Auch Vizekapitän Thomas Müller blieb "bewusst selbstbewusst", wie er extra betonte: "Es ist Halbzeit. Klar, wir haben Probleme. Trotzdem kann es im Fußball ganz schnell gehen. Wir haben jetzt drei Wochen Zeit für diesen Kampf ums Viertelfinal-Ticket." Das eigentliche Endspiel darum wartet auf Tuchel und die Bayern erst dann.

Allerdings ist Tuchel beim Rekordmeister bislang nicht gerade als Spezialist für K.o.-Spiele aufgefallen. Im Gegenteil: Von insgesamt sechs Partien konnte er lediglich eine gewinnen, in der ersten Runde des DFB-Pokals bei Preußen Münster. (Mehr zu Tuchels Bilanz in K.o.-Spielen lesen Sie hier.) Eine katastrophale Statistik, die es für ihn im Heimspiel gegen Lazio zwingend zu verbessern gilt.

Die Zahlen sprechen klar gegen Tuchel

Ansonsten wäre nach dem Pokalaus bei Drittligist Saarbrücken (1:2) in der Königsklasse auch die nächste Titelchance verspielt. Auch die Meisterschaft ist nach der Niederlage im direkten Duell mit Leverkusen und nun fünf Punkten Rückstand aus eigener Kraft schon nicht mehr zu erreichen. Dem Rekordmeister droht erstmals seit der Saison 2011/12 jetzt das Worst-Case-Szenario: eine komplett titellose Saison.

Die Zahlen sprechen ohnehin eigentlich bereits klar gegen Tuchel. In seinem 43. Pflichtspiel als Bayern-Coach hat er bereits seine zehnte Niederlage zu verantworten. Sein Vorgänger Julian Nagelsmann kam auf den gleichen Wert, allerdings erst nach 84 Partien. Dessen Entlassung wird klubintern im Rückblick als voreilig und, zumindest was den Zeitpunkt angeht, falsch erachtet. Zur Erinnerung: Nagelsmann stand damals sowohl in der Champions League als auch im DFB-Pokal im Viertelfinale und konnte lediglich in der Bundesliga den Ansprüchen nicht gerecht werden.

Spiele

Möglicherweise haben die Bosse aus dem Scheitern des eigentlichen Langzeitprojekts, als das Hainer Nagelsmann noch wenige Tage vor dessen Entlassung bezeichnet hatte, ihre Lehren gezogen. Und wollen nicht erneut eine übereilte, voreilige Entscheidung aus den frischen Eindrücken einer schmerzenden Niederlage heraus treffen.

Ein Name geistert über die Flure an der Säbener Straße

Erschwerend kommt hinzu, dass – im Gegensatz zu damals mit Tuchel – momentan kein geeigneter Schattentrainer, den Bayern kurzfristig verpflichten könnte, auf dem Markt ist.

Laut "Sport Bild" soll zumindest der Name von Sextuple-Sieger und Ex-Bundestrainer Hansi Flick zumindest "seit Kurzem über die Flure an der Säbener Straße" geistern. Die mögliche Rückkehr des 58-Jährigen soll demzufolge zumindest im Hinterkopf der Münchner Bosse sein und werde "von Entscheidern im Verein als Lösung für den Fall eines Trainerwechsels während der Saison gesehen".

Allerdings will Flick keine Übergangslösung sein und orientiert sich eher auf den internationalen Markt. Mit seinem Wechsel zu Starberater Pini Zahavi, über den die "Sport Bild" ebenfalls berichtet, dokumentierte er das. Speziell der FC Barcelona soll Interesse an ihm zeigen. Mit 2,53 Punkten in 86 Spielen hat er nach wie vor den besten Punkteschnitt aller Bayerntrainer überhaupt. Tuchel liegt in diesem Vergleich mit nur 2,07 Punkten in 43 Spielen deutlich zurück und ist damit statistisch der schlechteste aller Bayern-Trainer seit 2011. Wenn man die aktuelle Saison, die er seit Sommer allein zu verantworten hat, für sich betrachtet, konnte er seinen Punkteschnitt allerdings auch deutlich steigern: auf immerhin 2,23 Punkte.

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"Wir haben einige Baustellen"

Was die Verantwortlichen beschäftigt, sind allerdings nicht nur die beiden jüngsten Demütigungen an sich, sondern vor allem die Art und Weise, wie sie zustande gekommen sind. Die Tatsache, dass Bayern in den beiden Partien in Leverkusen und Rom kaum noch Torgefahr ausstrahlte, gibt besonders zu denken.

Pl.MannschaftSp.SUNToreDiff.Pkt.Form
1
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Leverkusen
34286089:24+6590
2
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Stuttgart
34234778:39+3973
3
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Bayern
34233894:45+4972
4
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Leipzig
34198777:39+3865
5
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Dortmund
34189768:43+2563

Die Kluboberen sehen auch die Mannschaft und speziell deren vermeintliche Führungsspieler zunehmend kritisch, deren Entwicklung teilweise stagnierte. "Wir haben einige Baustellen", stellte Tuchel fest. "Am Ende hatten wir aber keinen einzigen Schuss aufs Tor. Wir haben sieben Torschüsse, aber null aufs Tor." Zum ersten Mal seit neun Jahren blieb Bayern so in zwei aufeinanderfolgenden Spielen ohne eigenen Treffer. Selbst Harry Kane, der in 29 Pflichtspielen schon 28 Treffer erzielte, trifft nicht mehr und wirkt bisweilen plötzlich wie ein Fremdkörper im Bayern-Spiel.

"Wir sind natürlich frustriert"

Während des Spiels in Rom schlug Tuchel beide Hände vors Gesicht und schüttelte nur noch den Kopf. Eine alarmierende Szene, in der er pure Ratlosigkeit und fast schon Verzweiflung ausstrahlte. Schon unmittelbar nach dem Spiel hatte er seinen Kampfgeist aber wieder gefunden und vermittelt genau den – wie t-online erfuhr – nun auch in der Fehleranalyse.

"Wir sind natürlich frustriert und sauer über die Niederlage. Ich weiß nicht, ob Lazio das gewonnen hat. Ich denke, das Spiel haben wir verloren", sagte er bei DAZN. In dem Zusammenhang mit der letzten Niederlage sieht das nicht gut aus", sagte er und verwies ebenfalls auf das noch ausstehende Rückspiel. "Trotzdem werden wir jetzt zusammenbleiben und weitermachen."

Tuchel hat sich und das Projekt FC Bayern noch längst nicht aufgegeben. Im Gegenteil: Er weiß, dass er jetzt um seine Mannschaft und damit auch um seinen Job kämpfen muss. Und genau das tut er. Ausgang offen.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort in Rom
  • Mixed-Zone-Gespräche mit Thomas Müller, Manuel Neuer und Christoph Freund
  • Aussagen von Thomas Tuchel auf der Pressekonferenz und bei DAZN
  • bild.de: "Dieser Trainer-Name ist schon bei Bayern gefallen"
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