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FC Bayern | Hitzfeld: Zukunft "ohne Hoeneß und Rummenigge nicht vorstellbar"


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Bayerns Erfolgstrainer verrät
"Dann stehen ihm alle Türen offen – für Bayern und Real"

InterviewVon Julian Buhl

11.01.2024Lesedauer: 8 Min.
Ottmar Hitzfeld: Der Erfolgstrainer gewann mit dem FC Bayern einige Titel.Vergrößern des Bildes
Ottmar Hitzfeld: Der Erfolgstrainer gewann mit dem FC Bayern einige Titel. (Quelle: HJS/imago-images-bilder)

Ottmar Hitzfeld wird 75. Im t-online-Interview gibt er spannende Einblicke in sein Leben nach der Karriere. In Xabi Alonso sieht er seinen potenziellen Erben als zukünftiger Bayern-Trainer.

Um Ottmar Hitzfeld ist es ruhig geworden. Nachdem er seine erfolgreiche Trainerkarriere im Sommer 2014 nach der WM-Teilnahme mit der Schweiz beendet hatte, hat er sich mittlerweile nahezu komplett aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Er genießt seinen Ruhestand und gibt eigentlich keine Interviews mehr.

Vor seinem 75. Geburtstag, den er am Freitag feiert, macht er für t-online aber eine Ausnahme. Dabei gibt der ehemalige Erfolgscoach, der sowohl Borussia Dortmund (1997) als auch den FC Bayern (2001) zum Champions-League-Titel führte, spannende Einblicke in sein Leben nach der Karriere und seine Sicht auf das aktuelle Fußballgeschäft.

t-online: Herr Hitzfeld, am Freitag werden Sie 75 Jahre alt. Wie werden Sie Ihren Jubiläums-Geburtstag verbringen?

Ottmar Hitzfeld: Ich werde den 75. im engsten Familienkreis in Lörrach feiern. Wir werden zusammen in ein gutes Restaurant gehen.

Wie gehen Sie mit dem Älterwerden um?

Ich beschäftige mich nicht mit dem Ende des Lebens oder dass man jetzt das letzte Viertel erreicht hat. Ich lebe im Hier und Jetzt, genieße den Moment und den Ruhestand, weil man nicht mehr diese Terminhatz hat wie früher. Das Wichtigste ist, dass man gesund und die Familie intakt ist. Dann kann man das Leben genießen.

Welche Dinge genau?

Ich beschäftige mich mit schönen Themen: Was wir als Nächstes unternehmen oder besichtigen, wo wir essen gehen, welches Buch ich als Nächstes lese. Dinge, die relaxed sind. Ich wünsche mir, dass es mir weiterhin so gut geht wie bisher und ich mein Leben weiterhin selbstbestimmt führen kann. Dafür investiere ich in meine körperliche Fitness schon einiges, versuche jeden Tag ein bisschen Sport zu machen.

Woran denken Sie nun besonders zurück?

Dass ich sehr viel Glück hatte in meinem Leben. Ich habe viele gute Entscheidungen getroffen, bezüglich meiner Vereine und natürlich meiner Familie. Meine Frau hat mich immer unterstützt, meine Entscheidungen, die ganzen Ortswechsel immer mitgetragen. Sie war ein großes Rückgrat, auch mein Sohn Matthias war sehr wichtig für mich.

Wie sehr verfolgen Sie das Fußballgeschäft mittlerweile noch?

Schon noch sehr intensiv. Ich schaue nicht jedes Spiel, aber Bayern und Dortmund interessieren mich nach wie vor natürlich besonders.

Teilen Sie Ihre Leidenschaft auch mit Ihren Enkeln?

Henry ist acht, Carlotta sechs und Oscar jetzt fünf. Mein Sohn lebt mit seiner Familie in München, da ist es naheliegend, dass man Bayern-Fan ist und den Fußball intensiv verfolgt. In den Weihnachtsferien waren wir dort, und da haben wir natürlich auch zusammen Fußball gespielt. Ein bisschen zumindest. Ich kann noch passen, viel mehr aber auch nicht (lacht) – und will da nichts riskieren. Aber Fußball ist schon die Leidenschaft, die ich mit der Familie auch teile.

Wie haben Sie das packende Meisterfinale erlebt, das sich mit Borussia Dortmund und dem FC Bayern ihre beiden Ex-Vereine im Mai geliefert haben?

Das war auch für mich unglaublich aufregend und spannend. Eigentlich war ich ziemlich neutral. Für mich ist immer entscheidend, dass man sich den Erfolg auch selbst erarbeitet und verdient hat. Bayern hat seine Hausaufgabe gemacht – mit der letzten Aktion und dem Siegtor von Jamal Musiala. Für Dortmund war es dagegen ein Drama, die Meisterschaft noch zu verspielen. Das war für mich schon auch traurig. Ich habe besonders mit Edin Terzić mitgefühlt, weil er ein Sympathieträger ist. Für ihn, ganz Dortmund und alle Fans war es tragisch. Da hat der Fußball Geschichte geschrieben.

Dortmund spielt nun eine wechselhafte Saison und hat mit Nuri Sahin sowie Sven Bender im Winter nun zwei neue Co-Trainer geholt. Stärkt oder schwächt das die Situation von Chefcoach Terzić?

Das stärkt ihn auf jeden Fall und ist ja sicher auch alles mit ihm besprochen worden – wie man die Mannschaft vielleicht weiterbringen kann. Sahin und Bender sind beides gute Charaktere, die sich total mit dem Verein identifizieren und sowohl fachlich als auch fußballerisch dahin passen.

Sie sprachen Musialas Last-Minute-Tor an. Kann das ein Schlüsselmoment für seine Karriere gewesen sein?

Das ist schon sehr entscheidend für seinen Lebenslauf und seine Karriere. Das bleibt für immer in Erinnerung. Es wird ihn pushen für entscheidende Spiele in der Zukunft. Er ist jetzt schon Weltklasse mit seiner Leichtfüßigkeit, die er hat.

Wohin kann sein Weg ihn noch führen? Zum Weltfußballer-Titel?

Natürlich. Absolut. Er bringt mit seinem außergewöhnlichen Talent und seinen fußballerischen Qualitäten alles mit, was es dazu braucht.

Wie gefällt Ihnen Bayerns 100-Millionen-Euro-Transfer Harry Kane bislang? Ist er genau der Mittelstürmer und Unterschiedsspieler, der zuvor als Puzzleteil gefehlt hat?

Absolut. Er ist ein Glücksgriff für Bayern. Das weiß man bei so einem Wechsel ja nie vorher, wie es funktioniert. Man wusste nur, was er kann und in seiner Karriere bereits geleistet hat. Aber er muss sich auch erst wieder in einem anderen Land, bei einem anderen Verein, mit der deutschen Sprache zurechtfinden. Das ist ihm bislang perfekt gelungen. Er ist ein Mentalitätsspieler, der unglaubliche Ausstrahlung hat und ein absoluter Sympathieträger ist.

Erwarten Sie in der Rückrunde nun erneut ein bis zum Schluss spannendes Duell um die Meisterschaft zwischen Bayern und Leverkusen?

Man muss schon damit rechnen, dass Leverkusen auch bis zum Schluss die nötige Konstanz zeigen wird. Weil Alonso die Mannschaft mit Topspielern unheimlich gut zusammengestellt und entwickelt hat und sie auch in der Defensive sehr gut sind.

Wie groß ist Alonsos Anteil am Leverkusener Erfolg?

Er ist der Baumeister dieser Mannschaft und stellt sie perfekt ein. Er war ein großartiger Spieler mit sehr viel Spielideen und Spielverständnis. Und so lässt er auch seine Mannschaft spielen.

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Er gilt für viele als Bayern-Trainer der Zukunft. Auch für Sie?

Er hat mit Leverkusen eine super Vorrunde gespielt. Jetzt geht es darum, bis zum Schluss um den Titel mitzuspielen und das alles zu bestätigen – nicht nur eine Saison, sondern ein paar Jahre. Wenn ihm das gelingt, dann stehen ihm alle Türen offen – für Bayern, Real Madrid oder Barcelona, für die großen Vereine.

Wie sehen Sie die Entwicklung von Sebastian Hoeneß, der Stuttgart von der Relegation nun bis auf Rang drei in der Bundesliga geführt hat? Ist auch bei ihm irgendwann eine Rückkehr nach München denkbar?

Auch er macht schon in jungen Jahren einen Topjob, stellt seine Mannschaft hervorragend ein, lässt attraktiven Fußball spielen. Wenn er so weitermacht, stehen auch ihm irgendwann die Türen zu Bayern offen.

Machen Sie sich beim Blick auf die deutsche Nationalelf und die Heim-EM im Sommer momentan ein wenig Sorgen?

Ich habe keine Sorgen, weil ich weiß, dass man zuletzt viel experimentiert hat und genau das auch tun musste. Wenn man nicht gewinnt, ist eben immer etwas los in Deutschland – egal, ob das ein Qualifikations- oder nur ein Testspiel ist. Ab jetzt geht es darum, dass man sich stabilisiert, eine Stammelf findet und die Stärksten spielen.

Sollte Toni Kroos, dessen Rückkehr in die Nationalelf im Gespräch ist, da wieder dazugehören?

Er könnte auch der deutschen Mannschaft mit Sicherheit Stabilität geben. Genau das tut er ja auch seit Jahren bei Real Madrid, bringt dort seine Stärken zum Ausdruck und verfügt über viel Erfahrung. Ich würde seine Rückkehr jedenfalls befürworten.

Zum Abschluss der Vorrunde trifft Deutschland auf die Schweiz. Wie groß ist ihre Vorfreude darauf?

Das ist für mich ein hochinteressantes Spiel und für Deutschland ein Derby. Dass die immer schwierig zu spielen sind, hat man auch gegen Österreich (0:2; Anm. d. Red.) gesehen. Deutschland ist trotzdem klarer Favorit in dieser Partie. Ich bin auch überzeugt davon, dass die Nationalelf am Ende wieder zu den Favoriten auf den EM-Titel gehören wird. Und Julian Nagelsmann, von dem ich sehr viel halte, die Mannschaft bei der EM erfolgreich führen wird.

Er ist mit 36 Jahren ein sehr junger Bundestrainer. Trauen Sie ihm trotzdem zu, als solcher eine Ära prägen zu können? Oder sehen Sie ihn mittelfristig doch eher wieder als Klubcoach?

Ich sehe ihn schon in einem langfristigen Projekt bei der Nationalelf, bei dem er eine Ära prägen kann. Das hängt alles vom Erfolg ab. Ich bin da aber positiv und von seinen Fähigkeiten überzeugt, dass er das schaffen kann.

Viele Experten hätten in Ihnen den perfekten Nachfolger von Hansi Flick als Bundestrainer für die Heim-EM gesehen. War dieser Gedanke für Sie nicht zumindest auch verlockend?

Nein, das hätte mich einige Jahre meines Lebens gekostet (lacht). Ich habe mich mit 65 verabschiedet. Dann werde ich diesen Fehler nicht mit 75 machen.

Ihr Rücktritt damals war also auch im Rückblick genau der richtige Schritt?

Der war perfekt.

Eigentlich wollten Sie ja gar kein Fußballtrainer werden und hatten andere berufliche Ziele, richtig?

Ich wollte Lehrer werden und hatte mich schon für das Referendariat angemeldet. Das Schulamt teilte mir aber mit, dass ich eine Nachprüfung machen müsste. Stattdessen dann Trainer zu werden, war eine Notlösung, die für mich zu einem Glücksfall wurde.

Ein guter Pädagoge waren Sie aber auch als Trainer. Ihre ehemaligen Spieler schwärmen von Ihrer guten Menschenführung. Die Schlüsselqualität, um als Trainer erfolgreich zu sein?

Aus meiner Sicht schon. Für mich war es enorm wichtig, dass ich diese Eigenschaften besitze, jeden Spieler sehr ernst nehme. Ein Team kann nur erfolgreich sein, wenn auch der Zusammenhalt und der Respekt untereinander groß ist. Ich habe immer versucht, meine Mannschaften wie eine Familie zu führen.

Sie führten so sowohl Dortmund 1997 als auch Bayern 2001 zum Champions-League-Sieg. Welcher war Ihr größerer Triumph?

Mit Dortmund war es historischer. Bei Bayern sind die Ansprüche doch etwas höher und es wird mehr erwartet. Für Dortmund war es doch noch mal etwas besonderer, für den Klub und die ganze Region.

Der Champions-League-Sieg 2001 hatte das dramatisch in der Nachspielzeit verlorene Finale von 1999 als Vorgeschichte. Der schwierigste Moment Ihrer Karriere?

Natürlich. '99 war eine Katastrophe, ein Schock und für alle unglaublich, das zu erleben. Für mich war das Wichtigste, genau in dieser Situation Zusammenhalt zu predigen, sich nicht gegenseitig Vorwürfe zu machen. Das haben wir als Team geschafft und zusammengehalten. 2001 waren der Stress und der Druck trotzdem sehr hoch. Ich durfte auch nicht zweimal mit Bayern ein Finale verlieren.

Sie durchlebten anschließend persönlich eine schwierige Phase, standen 2004 kurz vor einem Burn-out. Welchen Rat können Sie Ihren jüngeren Kollegen geben?

Dass man nicht zu lang bei einem Verein bleiben soll. Und vielleicht rechtzeitig mal eine Auszeit nimmt. Wenn man permanent Trainer ist, geht das an die Substanz. Da muss aber jeder in sich hineinhören und das für sich entscheiden.

Auch Hans-Joachim Watzke hat das getan und will sich offenbar ein Beispiel an Ihnen nehmen und sich 2025 ebenfalls mit 65 aus der Geschäftsführung von Borussia Dortmund zurückziehen.

Das kann ich nur begrüßen. Es hat mich sehr gewundert, aber auch gefreut für ihn, dass er eine kluge Entscheidung getroffen hat.

Er wird dem BVB aber schon sehr fehlen, oder?

Natürlich. Aber er wird Dortmund ja nicht verlassen. Er lebt dort, wird wahrscheinlich auch im Aufsichtsrat bleiben und seine Erfahrung weiter mit einbringen. Dafür muss man ja nicht immer im Tagesgeschäft sein und den Kopf hinhalten.

So erlebt man es momentan auch beim FC Bayern mit Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge, die die Geschäfte ja eigentlich bereits übergeben hatten, jetzt aber beide wieder voll mitmischen. Haben Sie einen Tipp für die beiden, wie das Loslassen vielleicht zeitnah gelingen könnte?

Ich beneide sie. Sie leben in München und haben den FC Bayern, der ihnen sehr viel Lebensqualität gibt. Sie gehören aufs Leben lang zum FC Bayern, ewig, für immer. Sie sind Identifikationsfiguren des Klubs. Mit ihrer unglaublichen Erfahrung und Weitsicht im Fußballgeschäft können sie dem Klub nach wie vor sehr viel helfen. Der FC Bayern ist für mich ohne Hoeneß und Rummenigge überhaupt nicht vorstellbar.

Verwendete Quellen
  • Telefonisches Interview mit Ottmar Hitzfeld
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