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Frauen-WM 2023: Diese Aussage lässt tief blicken


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WM-Debakel von Brisbane
Diese Aussage lässt tief blicken


03.08.2023Lesedauer: 4 Min.
Sydney Lohmann liegt nach dem deutschen Aus erschöpft auf dem Boden.Vergrößern des Bildes
Sydney Lohmann liegt nach dem deutschen Aus erschöpft auf dem Boden. (Quelle: IMAGO/Eibner-Pressefoto/Memmler)

Die deutsche Mannschaft erlebt ein bitteres Vorrundenaus bei der Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland. Die Spielerinnen suchen nach Antworten – die Zukunft der Bundestrainerin ist unklar.

Aus Brisbane berichtet Noah Platschko

Es waren groteske Szenen, die sich Sekunden nach Abpfiff im Brisbaner Suncorp Stadion abspielten. Während der Pop-Song "Happy" aus den Mikrofonen tönte, verkündete die Stadionsprecherin mit laustarker Stimme die Spielerin des Spiels: Alexandra Popp.

Und ja, sie hatte wieder getroffen in diesem Spiel. Mit insgesamt vier Treffern führt die Wolfsburgerin aktuell gemeinsam mit Japans Hinata Miyazawa die Toschützinnenliste an. Doch nichts konnte der deutschen Torgarantie in diesem Moment egaler sein. Deutschland am Boden, historisch gescheitert.

Ein Auftritt, der einen erschaudern ließ

Noch nie zuvor war ein deutsches Frauen-Team in der Vorrunde einer WM ausgeschieden. Die Mannschaft von Martina Voss-Tecklenburg erlebte einen absoluten Alptraumabend, der wohl vielen Spielerinnen noch lange nachhängen wird.

Marina Hegering kniete nach Abpfiff minutenlang alleine am Sechzehner, ehe sie aufstand und die Hände über den Kopf zusammenschlug. Sie wanderte Richtung Eckfahne. Alleine, in Gedanken versunken. Es wirkte, als wüsste sie nicht wohin mit sich. Für die Beobachter im Stadion war es kein unbekanntes Bild. Denn ähnlich orientierungslos und verzweifelt hatten sich die DFB-Frauen in den gut 105 Minuten zuvor (die Nachspielzeit ging länger als 15 Minuten) präsentiert.

Es war ein Auftritt, der einen, ganz objektiv, erschaudern ließ. Was in Ansätzen schon im Marokko-Spiel zu sehen war, wurde gegen Kolumbien fortgeführt und fand gegen tapfer aufspielende Südkoreanerinnen seinen (negativen) Höhepunkt.

Eine Mannschaft, die Angst hatte

So ideenlos hat man eine deutsche Frauen-Nationalmannschaft selten gesehen. Die Bundestrainerin hatte vor dem Spiel mehr Mut von ihren Spielerinnen gefordert. Mehr Offensivdrang und Kombinationsfußball. Von alledem war nichts zu sehen. Planlosigkeit und Verunsicherung dominierten das Spiel der DFB-Frauen.

Insbesondere in den ersten 10 Minuten offenbarte sich die deutsche Mannschaft als eine, die Angst hatte. Die nicht wusste, was sie zu tun hatte. Zum einen die junge Chantal Hagel links hinten, die in den ersten 45 Minuten einen Horrorauftritt hinlegte. Eine Kathy Hendrich, die völlig neben sich stand, nicht nur beim frühen Gegentor. Dazu die jungen Außenspielerinnen Jule Brand und Klara Bühl, die gegen die tiefstehende Abwehr des Gegners keinerlei Land sahen und einen Ball nach dem anderen verstolperten

All das gepaart mit falschen Entscheidungen, unsauberen Pässen und unübersehbaren technischen Mängeln in fast allen Mannschaftsteilen. Man durfte sich als Beobachter verwundert die Augen reiben, was diese Mannschaft seit gut fünf Wochen eigentlich trainiert hatte. Eine Flanke auf Popp schien das Allheilmittel zu sein.

"Haben nichts erreicht"

Es war kein Plan erkennbar, es war kein Team erkennbar. Der Druck, als EM-Finalist in dieses Spiel und Turnier gegangen zu sein, er war wohl zu groß für die jungen Spielerinnen. Antworten konnten nach dem Debakel auch sie nicht liefern. "Ich hatte das Gefühl gehabt, dass die Abstände zu groß waren, auch im Ballbesitz", analysierte Lena Oberdorf nach Abpfiff in der Mixed Zone. "Wenn wir einen Ballverlust hatten, sind wir nicht so schnell ins Gegenpressing gekommen." Am falschen Training habe es nicht gelegen, so die deutsche Abräumerin, die konstatierte: "Dieses Jahr haben wir nichts erreicht. Da müssen wir uns hinterfragen."

Rechtsverteidigerin Svenja Huth ließ ihren Emotionen freien Lauf. "Ich bin ohnmächtig und mir fehlen die Worte. Ich glaube, wir haben am Anfang scheiße gespielt", so die 32-Jährige mit tränenüberströmtem Gesicht. "Wir kommen aber kurz vor der Halbzeit nochmal zurück, sammeln uns und haben dann noch die eine oder andere Chance, die nicht reingeht. Und mit jeder Minute, die verstreicht, wird es immer schwieriger. Es ist einfach nur ein scheiß Gefühl." Für sie könnte es das letzte Spiel im Nationalteam gewesen sein.

Ging es nicht einzig und allein nach dem Leistungsprinzip?

Und die Bundestrainerin als Gesamtverantwortliche? Es sei zu früh, eine Analyse abzugeben, was sich nun in Zukunft ändern müsse, sagte die 55-Jährige und zeigte sich selbstkritisch: Die Mannschaft habe nie in ihr Spiel gefunden. "Wir hatten keine Sicherheit. Vielleicht haben wir manchmal zu viel Rücksicht auf die ein oder andere Spielerin genommen". Was Voss-Tecklenburg damit etwas verklausuliert ausdrückte, war in Wahrheit ein großes Eingeständnis, nicht einzig und allein nach dem Leistungsprinzip gegangen zu sein. Und damit eine Aussage, die tief blicken lässt.

An dieser wird auch sie selbst gemessen werden, so will man es zumindest hoffen. Joti Chatzialexiou, Sportlicher Leiter des DFB, wollte direkt nach dem Spiel niemanden infrage stellen. Man werde die Thematik in Ruhe besprechen, er selbst wolle "weiterkämpfen". Voss-Tecklenburg klang da defensiver. Von einem Journalisten darauf angesprochen, dass es im ZDF so klang, als würde sie weitermachen wollen, antwortete sie nur knapp: "Das ist jetzt Deine Interpretation". Einen Rücktritt ließ sie also offen.

Die nächste Zeit wird mehr Aufschluss geben, nach dem wohl dunkelsten Tag im deutschen Frauenfußball.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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