Blamage gegen Kolumbien Hansi Flick äußert sich zu seiner Zukunft
Das 0:2 der DFB-Elf gegen Kolumbien ist der nächste Tiefpunkt in der Vorbereitung auf die Heim-EM im kommenden Jahr. Der Trainer bezieht nach der Pleite Stellung.
Vor nicht ausverkauftem Haus in der Arena auf Schalke erfuhr die deutsche Fußballnationalmannschaft der Herren ihre nächste Demütigung. 0:2 gegen Kolumbien. Gegen ein Team, das international nicht zur Fußballelite zählt, irrlichterte die DFB-Elf in die Blamage und musste sich von den 50.421 Zuschauern Pfiffe anhören. Dabei fasst die Arena in Gelsenkirchen 62.271 Plätze.
Das mangelnde Publikumsinteresse an der Nationelf ist ein Fingerzeig, nur ein Jahr vor der Europameisterschaft im eigenen Land. Die Fans, so scheint es, verlieren die Lust an diesem Team.
Nicht so der Bundestrainer. Hansi Flick gab sich nach der Pleite gegen die Südamerikaner zerknirscht. Von einem Rücktritt wollte der 58-Jährige aber nichts wissen. "Natürlich ist es eine Situation für mich, die ich so in dieser Form noch nicht erlebt habe. Ich gewinne Spiele sehr, sehr gerne. Und ich hasse wirklich zu verlieren."
Wirklich gar keine Diskussion um den Bundestrainer?
Das Problem ist nur, dass seine Mannschaft nur vier der vergangenen 16 Spiele gewonnen hat. Darunter gegen Mannschaften wie Costa Rica, Peru oder den Oman. Flick erweckte im Bauch der Gelsenkirchener Arena dennoch den Eindruck, als laufe alles nach Plan. "Ich habe gesagt, ich gehe kompromisslos im Juni diesen Weg. Ich kann mit den besten Spielern Deutschlands trainieren. Ich habe ein Superteam um mich herum. Mir macht es einfach auch Spaß, eine Mannschaft auf ein Turnier vorzubereiten", sagte der ehemalige Bayern-Coach.
Er sei der absoluten Überzeugung, dass seine Idee vom Fußball auch für diese Mannschaft die passende sei. Und die Mannschaft bestärkte ihren Coach in dieser Annahme. "Wir haben absolutes Vertrauen in ihn", sagte etwa Torwart Marc-André ter Stegen. Verteidiger Benjamin Henrichs antwortete auf die Frage, ob Flick noch der Richtige sei: "Ja, absolut."
Der Dortmunder Emre Can wollte gar "überhaupt" keine Diskussion über den Bundestrainer wahrnehmen. "Der Trainer hat uns super eingestellt", sagte Can. "Er wollte ausprobieren, was auch sein Recht ist. Es hat nicht geklappt, aber wir sollten den Trainer nicht infrage stellen. Wir Spieler sind dafür verantwortlich, dass wir auf dem Platz keine Leistung gezeigt haben."
In vielen Bereichen steht dieselbe Note: ungenügend
Auch von der sportlichen Leitung gab es aufmunterndes Schulterklopfen für den Trainer. Flick sei "die ärmste Sau, er versucht alles", meinte Rudi Völler. Der DFB-Sportdirektor nahm stattdessen die Spieler ins Visier. "Das Gesamtpaket der drei Spiele war zu wenig, das muss man einfach sagen. Es waren einige (Spieler, Anm. d. Red.) dabei, die werden wir im September nicht mehr sehen. Der ein oder andere ist an seine Grenzen gekommen. Wenn wir eine gute EM spielen wollen, müssen wir mehr brennen."
Bei allem Optimismus, den Flick noch zu verbreiten versuchte ("Ich kann versprechen, dass wir im September eine andere Mannschaft sehen"), konnte er die Widersprüche zwischen den Lobhudeleien auf seine Arbeit und den Ergebnissen auf dem Platz nicht auflösen. "Es ist in die Hose gegangen. Wir sind wahnsinnig enttäuscht über die Art und Weise. Das tut mir leid für die Fans. Was wir ausprobiert haben, hat nicht funktioniert", analysierte er nach der Partie.
Das klang für viele Beobachter nach einem Déjà-vu. Schon nach den enttäuschenden Auftritten gegen die Ukraine und gegen Polen lautete die Diagnose ähnlich. "Wir hatten keine Dynamik im Spiel, keine Tiefenläufe. Das hat auch mit dem Selbstvertrauen eines jeden einzelnen Spielers zu tun", führte Flick weiter aus.
Der Coach stellte seiner Arbeit damit im Grunde selbst ein bedenkliches Zeugnis aus. Eines, das so kurz vor den Sommerferien eigentlich nicht für die Versetzung reicht, weil in vielen Bereichen dieselbe Note steht: ungenügend.
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und SID