DFB-Pokal Füllkrug nimmt Werder in die Pflicht
Niklas Starks Empörung zeigte, wie angespannt die Nerven bei Werder Bremen schon sind.
Auf die Frage, ob man sich nach dem Pokal-Aus durch das 2:3 am Samstag beim Drittligisten Viktoria Köln vor der Bundesliga-Saison "Sorgen machen müsse", schüttelte der Abwehrspieler unwirsch den Kopf und brach das Interview ab. "Was für eine Frage", murmelte er im Weggehen.
Dass diese aber nicht nur wegen der punktgleich mit Schlusslicht Hertha BSC zweitschlechtesten Rückrunden-Bilanz ihre Berechtigung hatte, ließ keine fünf Minuten später Nationalspieler Niclas Füllkrug durchblicken. "Etwas extrem ausgedrückt: Wir sind bekannt doof im Verteidigen", sagte der an diesem Tag als Kapitän eingesetzte Angreifer. Was nichts anderes heißt als: Die schlampige Abwehrarbeit der Hanseaten war kein Ausrutscher und ließ sich auch nur bedingt auf die 80-minütige Unterzahl zurückführen.
Fritz ruft zur Ordnung
Werders Profifußball-Leiter Clemens Fritz rief Füllkrug umgehend zur Ordnung: "Wir sollten nicht mit dem Finger auf andere zeigen. Die Offensive sollte nicht die Defensive und sie nicht die Offensive kritisieren. Wir müssen uns mannschaftlich im Defensiv-Verbund und auch individuell verbessern. Jeder sollte bei sich anfangen", sagte der 42-Jährige der "Bild".
Mit Rotsünder Amos Pieper ging Bundesliga-Torschützenkönig Füllkrug ungewohnt hart ins Gericht. Und er nahm sogar Trainer Ole Werner ausdrücklich in die Pflicht. "Ich versuche, mich in diesem Interview ein bisschen zurückhalten", sagte Füllkrug.
"Wie clever das war, sich die Rote Karte an der Mittellinie abzuholen, sei mal dahingestellt", sagte Füllkrug in Richtung Pieper: "In jedem Fall leidet man dadurch als gesamte Mannschaft." Im Internet kursierte schnell ein Beitrag des vereinseigenen TV-Senders, bei dem Pieper im Mai 2022 auf die Frage "Gegentor oder Notbremse" zunächst mit "Gegentor" antwortete und das dann auf überraschte Nachfrage für "in der Regel" bekräftigte.
Füllkrug: "Ist ja nicht das erste Mal passiert"
Füllkrug ärgerte die Defensivarbeit seiner Kollegen zum wiederholten Male. "Das war eine Drittliga-Mannschaft", sagte er: "Da muss es auch mit einem Mann weniger klar sein, dass wir als Sieger vom Platz gehen. Dass wir in Unterzahl zwei Tore geschossen haben, spricht auf jeden Fall wieder dafür, dass wir kein großes Problem in der Offensive haben." Bereits in der vergangenen Saison lagen die Probleme hinten statt vorn.
Wie sich das Problem beheben lasse? "Es liegt am Trainer-Team und der Vereinsführung, das zu analysieren. Es ist ja nicht das erste Mal passiert", sagte Füllkrug. Grundsätzlich gebe es drei Möglichkeiten: "Entweder liegt es individuell an einzelnen Spielern, oder am mannschaftlichen Verteidigen. Oder daran, dass wir als Offensiv-Spieler die Defensiv-Spieler nicht genug unterstützen."
An welche Version er glaube, ließ er kurz darauf durchblicken. "Ich glaube, das ist abzustellen, mit den Spielern, die man hat", sagte Füllkrug. Da Stürmer Füllkrug das Problem nicht bei den Defensiven sehen wird, landet man beim taktischen Verhalten der Mannschaft. Und damit bei Arbeit für Werner. Was der Trainer uneingeschränkt bestätigte, es sei ein mannschaftliches Thema, sagte er. Die Unterzahl habe dabei nur teilweise eine Rolle gespielt. "Die Situationen, die zu den Toren führten, waren ja keine Unterzahl-Situationen."
Werner: Baustelle muss geschlossen werden
Eine halbe Stunde nach Schlusspfiff stand Werner lange unter der Haupttribüne des Stadions Höhenberg vor der Kabine, die Hände in den Taschen vergraben, immer wieder den Kopf schüttelnd. Die kölsche Stimmungs-Musik, die zur Viktoria-Party aus den Boxen wummerte, dürfte an ihm vorbeigerauscht sein.
Diese "Baustelle, die wir seit Längerem haben", wie Werner eingestand, muss schleunigst geschlossen werden. Denn im Bundesliga-Auftaktspiel am Freitag (20.30 Uhr/Sat.1) kommt der FC Bayern mit dem neuen Superstar Harry Kane im Sturm. "Der ein oder andere wird dazukommen, uns zu helfen, dass das besser wird", sagte Werner und kündigte defensive Verstärkungen an.
Mit seinen Spielern ging er am Samstag aber zunächst noch nicht in die Analyse. "Ich habe sie heute in Ruhe gelassen", sagte er: "Wir werden morgen sprechen." Es wird eine Menge gewesen sein.
- Nachrichtenagentur dpa