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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Vor Spitzenspiel gegen Liverpool Warum Tuchels Paris-Abenteuer schon bald zu Ende sein könnte
Das Spiel gegen den FC Liverpool ist für Thomas Tuchel das Wichtigste seiner bisherigen Karriere in Paris. Der deutsche Trainer braucht dringend einen Sieg – ansonsten könnte es eng werden.
Nach seiner unschönen Trennung von Borussia Dortmund im Sommer 2017 und einem anschließenden Sabbatjahr entschied sich Thomas Tuchel für den Schritt ins Ausland. Interessenten gab es einige. Am Ende unterschrieb der 45-Jährige beim Milliardenverein Paris Saint-Germain. Seine Mission: dem französischen Spitzenclub auch in Europa zu Glanz verhelfen. Bisher scheint dies aber nicht zu gelingen.
Suche nach der Balance
In der Liga dominiert PSG einmal mehr. Die ersten 14 Partien in der Ligue 1 wurden allesamt gewonnen. Doch für Tuchel und sein Starensemble ist das eher zweitklassige französische Oberhaus kein wirklicher Maßstab. Neymar, Kylian Mbappé und all die anderen streben nach mehr. Und so auch Tuchel. Doch der ambitionierte deutsche Cheftrainer sucht in der Champions League noch nach der richtigen Balance.
Zu Saisonbeginn probierte Tuchel einige Formationen und taktische Systeme aus. Zuletzt spielten die Pariser häufig mit Dreierkette und einem Drei-Mann-Angriff. An sich verfügt PSG über eine Reihe an außergewöhnlichen Individualisten, deren Rollen auf dem Feld aber noch recht unscharf definiert scheinen. Das ist ein Problem von derartigen Ensembles. In Anlehnung an Aristoteles: Das Ganze ist weniger als die Summe seiner Teile.
Ein Paradebeispiel für die immer noch vonstattengehende Suche nach der richtigen Erfolgsformel ist das zentrale Mittelfeld von PSG. Das Karriereende von Thiago Motta riss ein Loch ins Zentrum, das nur schwerlich zu füllen ist. Tuchel probierte vom gelernten Innenverteidiger Marquinhos über den bissigen Zweikämpfer Lass Diarra bis zu Ideengeber Marco Verratti alle möglichen Varianten aus. Von einer perfekten Abstimmung keine Spur.
Matchpläne werden nicht befolgt
Zudem musste Tuchel von Anfang an damit klarkommen, dass er eine Mannschaft vorfindet, in der Starallüren zum guten Ton zu gehören scheinen. Eine solche Ansammlung an Top-Spielern, die schon vor ihrer Zeit in Paris zur Elite Europas zählten, teils für horrende Ablösesummen wechselten und sicherlich nicht aus Liebe zum Eiffelturm in die französische Hauptstadt kamen, kann sich gerade bei Misserfolgen als Nachteil entpuppen.
Tuchel sprach kürzlich davon, dass es seinen Spielern schwerfällt, "den Matchplan eine ganze Halbzeit lang zu respektieren" und sich daraus Probleme für die Kompaktheit der Mannschaft ergeben. Offensiv kommen Neymar und Co. immer zum Zug. Aber PSG hält nur schwerlich den eigenen Kasten sauber. "Wir müssen uns strukturell, aber auch mental verbessern. Ohne Kompaktheit gibt es keine Intensität", so Tuchel nach dem 2:2 gegen Napoli im Champions-League-Gruppenspiel vor einem Monat. Thomas Meunier gab sogar nach der Partie zu, dass die Mannschaft "die Anweisungen nicht wirklich befolgt" habe.
Das frühe Aus droht
Die Situation in der sogenannten "Todesgruppe" C ist verzwickt. Zwei Spieltage vor dem Ende liegt Paris einen Punkt hinter Liverpool und Napoli, zwei ebenbürtigen Konkurrenten. Zunächst geht es am Mittwochabend gegen Liverpool, bevor die unangenehme Auswärtsreise zu Roter Stern Belgrad auf dem Programm steht.
Das Spiel gegen den englischen Erstligisten ist für Tuchel gewiss ein Besonderes. Jürgen Klopp steht bei den "Reds" an der Seitenlinie, mit dem Tuchel ihre jeweiligen Engagements bei Mainz 05 und Borussia Dortmund verbindet. Doch vom fußballerischen Ansatz ähneln sich beide nicht. Klopp wird gerade im Pariser Parc des Princes auf seinen trickreichen Kontersturm um Mohamed Salah hoffen und Tuchels Team gerne den Ball überlassen.
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Genau dann könnten sich die angesprochenen Kompaktheitsprobleme negativ auswirken. Wenn PSG wieder einmal den Matchplan des Cheftrainers nicht konsequent umsetzt, ist Liverpool die perfekte Mannschaft, um diese Unzulänglichkeiten zu nutzen. Im schlimmsten Fall wäre bei einer Niederlage das Aus in der Champions League besiegelt und Tuchels Mission für diese Saison bereits im November beendet.