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Hertha BSC – Kandidat Frank Steffel über den Klub: "Das ist furchtbar"


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Hertha-Kandidat Frank Steffel
"Das ist furchtbar – wirklich furchtbar"


Aktualisiert am 27.06.2022Lesedauer: 5 Min.
Frank Steffel: Der CDU-Politiker und Unternehmer ist aktuell noch Präsident der Füchse Berlin.Vergrößern des Bildes
Frank Steffel: Der CDU-Politiker und Unternehmer ist aktuell noch Präsident der Füchse Berlin. (Quelle: Christian Schroedter/imago-images-bilder)

Der ehemalige CDU-Mann Frank Steffel will Präsident von Hertha BSC werden. Er übt harte Kritik am Verein und spricht sogar von einem "Krebsgeschwür".

Bis vor zwei Wochen war Frank Steffel der Sportwelt als Präsident der Füchse Berlin bekannt. Beim Handball-Erstligisten ist der Unternehmer und Politiker (CDU) seit 2005 im Amt. Mit ihm an der Spitze schaffte es der Klub aus der finanziellen und sportlichen Schieflage in die Bundesliga und wurde fester Bestandteil der Spitzengruppe im deutschen Handball.

Diese Zeit könnte nun ein Ende haben. Denn vor 14 Tagen nahm Klaus Brüggemann Kontakt zu Steffel auf. Der neue Vorsitzende des Aufsichtsrats von Hertha BSC bat den 56-Jährigen darum, am 26. Juni als Präsident des Klubs zu kandidieren. Denn seit dem Rücktritt von Werner Gegenbauer ist der Fußball-Bundesligist ohne Führung. Am kommenden Sonntag wird nun das neue Oberhaupt gewählt. Steffel sagte zu.

Die Arbeit mit Bob Hanning und Stefan Kretzschmar

Bei der Wahl hat Steffel zwei Kontrahenten: den Hertha-Fan und Bauleiter Marvin Brumme sowie Kay Bernstein, ebenfalls Fan des Klubs und Besitzer einer Agentur in Berlin. Während Brumme als chancenloser Außenseiter gilt, ist Bernstein die große Herausforderung. Beide haben bereits ein Team um sich gebildet, das mit ihnen für andere Posten im Präsidium kandidiert. Beide rechnen sich große Chancen aus. Und beide stehen für einen unterschiedlichen Stil.

Steffel sieht seine Erfahrung in der Politik, der Wirtschaft und dem Sport durch die Arbeit bei den Füchsen als Trumpf. Im Gespräch mit t-online sagt er: "Ich bin seit 30 Jahren Unternehmer, habe 25 Unternehmen übernommen und zusammengeführt. Ich habe einen Sportverein aufgebaut, der am Boden lag. Der im Breitensport Mitgliederrückgang hatte und im Handball die Lizenz für die 2. Liga nicht bekommen hatte. Wir haben dort eine große Infrastruktur aufgebaut, die Mitgliederzahl verdoppelt, es im Handball in den Europapokal geschafft und sind gerade Dritter in der Bundesliga geworden."

Bei den Füchsen ist er von starken Charakteren umgeben. Bob Hanning, langjähriger DHB-Vizepräsident und Sprachrohr des deutschen Handballs sowie Stefan Kretzschmar, meinungsstarke Handball-Legende, arbeiten beide unter seiner Führung – erfolgreich. Steffel beschreibt seine Rolle eher abwartend und defensiv: "Ich selbst sehe mich in meiner Aufgabe als Präsident mehr als Coach, der hilft, wo es nötig ist und insbesondere in schwierigen Zeiten hinter seinen Leuten steht." Steffel weiter: "Wenn Sie Bob Hanning oder Stefan Kretzschmar bei den Füchsen beispielsweise fragen, werden sie Ihnen sagen: 'Der Frank sagt uns seine Meinung, lässt uns aber entscheiden. In vielen Fällen ist es aber gut, dass wir nochmal gesprochen haben.'"

Das kaputte Image der Hertha

Hanning und Kretzschmar würde er bei einer erfolgreichen Wahl durch Fredi Bobic eintauschen. Mit dem Geschäftsführer Sport der Hertha hätte er viele Aufgaben vor der Brust. Denn die sportlich und finanziell angeschlagenen Berliner müssen dringend die eigenen Ausgaben reduzieren und gleichzeitig den Kader verbessern, um einen weiteren Abstiegskampf zu vermeiden.

Steffel will dafür einen klaren Plan entwickeln. Doch bevor das passiert, sieht er vor allem ein Problem: die tiefen Gräben bei Hertha BSC. Schon seit längerer Zeit gibt es Spannungen in der Geschäftsführung und im Mitarbeiterstab des Klubs. Das ist auch Steffel als Füchse-Präsident nicht verborgen geblieben: "Unsere Mitglieder und Fans haben die Nase voll von öffentlichem Streit und Eitelkeiten. Das ist ein Image, das uns an vielen Stellen schadet. Bei Sponsoren, bei Zuschauern, bei Spielertransfers. Im Verein braucht es harmonische Arbeit zwischen Geschäftsführung, Präsidium und den Aufsichtsräten. Und nebenbei hat man zwei Drittel des Vereins an einen Gesellschafter verkauft und auch der muss als relevanter Eigentümer des Profivereins eingebunden werden."

Wen Steffel meint: Lars Windhorst, den Investor von Hertha BSC, der seinen größten Rivalen in Werner Gegenbauer überstanden hat, aber auch unschlüssig ist, wie es bei den Blau-Weißen weitergeht. Denn auch dank der Streitigkeiten zwischen Windhorst und Gegenbauer wird Hertha inzwischen als größter "Chaos-Klub" der Bundesliga wahrgenommen. Steffel: "Das müssen wir ändern. Dazu braucht es auch Kontinuität. Diese permanenten Trainer- und Spielerwechsel bringen Unruhe. Nicht nur bei den Fans, sondern auch bei der Mannschaft. Das sind alles schlechte Voraussetzungen, um die optimale Leistung abzurufen."

Sein größter Kritikpunkt ist dabei die negative Grundeinstellung im Verein. "Wenn ich aktuell Gespräche führe, dann höre ich andauernd: Der Gegenbauer war schlecht, der Manske genauso, der Steffel ist schlecht und der Bernstein kann es sowieso nicht. Beide Aufsichtsräte sind schlecht, der Bobic muss weg und der Schiller ist unbrauchbar. Der neue Trainer ist natürlich auch schon wieder schlecht. So kann doch niemand arbeiten!"

Er fordert Einheit im Verein: "Lasst uns doch einfach einmal ein Jahr positiv übereinander reden. Lasst uns nicht streiten, sondern intern vertraulich diskutieren, die Entscheidung gemeinsam nach außen tragen und nicht gleich wieder zur Zeitung rennen und sagen, dass man eigentlich ganz anderer Meinung ist. Das ist ein Krebsgeschwür einer Organisation. Es redet keiner gut über den anderen. Das ist furchtbar. Wirklich furchtbar!"

Ärger mit den Ultras

Um jedoch Präsident zu werden, muss er alle Fans überzeugen. Doch bei einigen hat Steffel einen schweren Stand. Vor allem die Ultras schauen mit einem kritischen Auge auf den Mann, der von 2009 bis 2021 für die CDU im Bundestag saß. Grund dafür ist eine Rede in jenem Bundestag aus dem Jahr 2017.

In dieser warf er den Ultras vor, sie gefährdeten in den Stadien "friedliebende Fans und sportbegeisterte Familien". Auch den Einsatz für Toleranz und Vielfalt sprach er ihnen ab. Diese Aussagen waren vielen Fans, nicht nur den Ultras, ein Dorn im Auge. Angesprochen auf diese Äußerungen erklärt er: "Die Ultras sind sehr wichtig für einen Verein. Insbesondere im Stadion." Steffel weiter: "Bei meiner Aussage im Bundestag damals ging es um Gewalt im Stadion und da muss man noch einmal zwischen Hooligans und Ultras unterscheiden. Mir ging es darum, dass Pyrotechnik auch Familien und andere unbeteiligte Fans gefährden kann und das in diesem Fall geschehen war. Und ich denke, dass auch alle Mitglieder, die am Sonntag erscheinen, Gewalt im Stadion ablehnen, da dies übrigens auch ihrem Verein schadet."

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Kritik gab es für Steffel nicht nur für seine Aussagen zu den Ultras, sondern auch für einzelne Entwicklungen im Wahlkampf. Den einstigen Gegenkandidaten Ingmar Pering überzeugte er, sein Vizepräsident zu werden. Pering und dessen Gefolgsleute schlossen sich Steffel an. Einige Fans warfen den Männern politische Machtklüngelei vor.

Steffel sieht darin aber mehr eine gute Ergänzung, da Pering durch seine jahrelange Mitgliedschaft im Hertha-Präsidium bereits Erfahrung im Verein mitbringt. Er kennt auch die Streitigkeiten aus der Geschäftsstelle. Und die will Steffel im Falle eines Wahlsieges aus dem Weg räumen: "Ich biete allen eine vertrauensvolle und vorurteilsfreie Zusammenarbeit an. Das ist das Modell, mit dem ich antrete. Ich habe mich gerne überzeugen lassen, dem Wunsch des Aufsichtsrats zu folgen, weil mir gesagt wurde, diese Probleme kann man nur von außen lösen. Und das will ich tun. Ich bin ganz sicher, dass ich das schaffen kann!"

Ob er das unter Beweis stellen kann, erfährt Steffel am Sonntag. Dann entscheidet sich auch, ob er Präsident von Hertha BSC wird – oder es bei den Füchsen bleibt.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Telefon-Interview mit Frank Steffel
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