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Rassismus im Fußball: Ex-Bundesligaprofis teilen erschreckende Erinnerungen


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Rassismus im Sport
Erschreckende Erinnerungen: Fußballprofis berichten


Aktualisiert am 30.04.2021Lesedauer: 5 Min.
Änis Ben-Hatira, Chinedu Ede, Leon Balogun (v.l.): Die drei Ex-Bundesliga-Profis sprechen bei t-online über rassistische Attacken im deutschen Fußball.Vergrößern des Bildes
Änis Ben-Hatira, Chinedu Ede, Leon Balogun (v.l.): Die drei Ex-Bundesligaprofis sprechen bei t-online über rassistische Attacken im deutschen Fußball. (Quelle: Carmele/tms-fotografie, MIS, Shutterstock, t-online-Collage/imago-images-bilder)
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Über Rassismus muss gesprochen werden. Das betonte Gerald Asamoah im t-online-Interview. Deshalb haben wir drei Ex-Bundesligaprofis ihre Erfahrungen und ihren Schmerz mit uns teilen lassen.

Rassismus ist ein Teil und ein Problem unserer Gesellschaft. Das ist ein nicht von der Hand zu weisender Fakt. Er durchdringt alle Schichten und Klassen, Institutionen und Vereine – und damit auch den Fußball, der sich in Deutschland so oft als Querschnitt der Bevölkerung brüstet.

Doch auch im Sport gibt es Menschen und Bestrebungen, die Rassismus kleinreden oder totschweigen. Für Schalke-Ikone und Ex-DFB-Nationalspieler Gerald Asamoah liegt darin der schwerwiegendste Schmerz. "Es gibt viele Menschen, die Betroffenen sagen, 'Stellt euch mal nicht so an, so schlimm ist das doch alles nicht.' Dieser Satz verletzt mich immer am stärksten. Er impliziert, dass Betroffene sich etwas ausdenken, übertreiben, Lügner sind", erklärte der Vizeweltmeister von 2002 im t-online-Interview.

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Indem er und viele frühere sowie aktive Bundesligaprofis "zu Wort kommen und ihre Geschichten mit uns teilen, wir Bilder von rassistischen Attacken zeigen", hofft Asamoah, dass "viele Menschen verstehen, dass Rassismus in Deutschland eine bereits lange und immer noch bestehende Realität ist". Dass "die Jungs mit ihrer Meinung an die Öffentlichkeit gehen und auch Gehör erhalten", erfüllt den 42-Jährigen mit Freude. Denn nur, wenn über Rassismus gesprochen wird, wenn "wir (...) mit unseren Mitmenschen in den Dialog treten", könne das Problem besser verstanden werden.

Die Worte Asamoahs haben wir bei t-online als Aufruf und Anlass genommen, von Rassismus betroffene und getroffene Fußballer offen und ungefiltert über ihre Erfahrungen sprechen zu lassen. Die drei Ex-Bundesligaprofis Änis Ben-Hatira, Chinedu Ede und Leon Balogun haben uns dabei schockierende und verstörende Szenen geschildert, mit ihrem Schmerz und ihrer Wut nicht hinter dem Berg gehalten und dabei doch nie den Glauben an das Gute im Menschen verloren.

Änis Ben-Hatira (32), U21-Europameister 2009 mit der deutschen Nationalmannschaft, Bundesligaprofi beim HSV, Hertha BSC, Eintracht Frankfurt und Darmstadt 98, aktuell beim griechischen Erstligisten AE Larisa unter Vertrag

"Es ist mir wichtig, eine Sache vorab zu sagen: Man darf niemals alle Leute über einen Kamm scheren. Mich haben in meiner Fußballkarriere mehr Menschen unterstützt und vor Rassismus geschützt, als dass ich selbst rassistisch beleidigt wurde. Aber es gab eben auch genug negative Vorfälle. Dabei beziehe ich mich vor allem auf meine Zeit im Jugendfußball. Im Herrenbereich habe ich persönlich Rassismus etwas weniger erlebt.

Aber ich erinnere mich an einige Jugendturniere als Kind, als wir viele Hallen- und Feldturniere mit meinen Jugendvereinen Reinickendorfer Füchse und Hertha BSC gespielt haben – das war im Zeitraum ab der E-Jugend bis hoch in die B-Jugend. Während eines Hallenturniers wurden wir mal mit Bananen und Fladenbroten von Zuschauern beworfen. Das Problem waren im Jugendfußball nicht immer die gegnerischen Kinder, sondern vielmehr die Eltern. Vor allem im Ostteil Berlins und Deutschlands – in Marzahn und Hellersdorf zum Beispiel oder in Halle, Erfurt oder Dresden. Ich wurde als Kind bei Fußballspielen mit dem "N-Wort", als "Drecksausländer", "Kanake" und vieles mehr beschimpft. Aber ich habe mich nie einschüchtern lassen.

Ich will den Osten aber nicht brandmarken. Diese Vorfälle gab und gibt es überall in Deutschland – in Berlin, aber eben auch in Bayern oder Baden-Württemberg. Rassismus ist ein Krebsgeschwür. Wir können es nicht von heute auf morgen besiegen, aber wir müssen jeden Tag als Gesellschaft dagegen ankämpfen, damit der Prozess weiter stattfindet, durch den es mehr als normal wird, dass Menschen wie ich, die hier geboren und aufgewachsen sind, aber einen anderen kulturellen und religiösen Background haben, ein Teil von Deutschland sind und auch hier hingehören. Für die Entscheidung unserer Eltern oder Großeltern, hierher auszuwandern, können wir nichts. Was wir aber beeinflussen können, ist, eine Bereicherung für die Gesellschaft zu sein, und stolz zu sein, was man ist und welche Identität man hat."

Chinedu Ede (34), U21-Europameister 2009 mit der deutschen Nationalmannschaft, Bundesligaprofi bei Hertha BSC und Mainz 05, beendete 2019 seine Karriere

"Rassismus habe ich schon in der Jugend im Fußball erlebt – gerade, wenn man bei uns in Berlin im Osten gespielt hat. Aber es hat sich auch bis in den Herrenbereich durchgezogen.

In der Regionalliga mit den Hertha-Amateuren habe ich so was fast jedes Auswärtsspiel erlebt. Wenn ich beispielsweise in Chemnitz gespielt habe, habe ich immer gehofft, nicht auf der Bank sitzen zu müssen – einfach, weil ich mich dort nicht warmlaufen wollte. Dort im Stadion wurdest du fast durchgehend als "Bimbo", und was es halt sonst noch so an Begriffen gibt, beleidigt. Das Traurige daran war, dass es sich für mich normal anfühlte, wenn ich so beleidigt wurde. Es war Teil des Fußballs.


Deshalb freue ich mich, dass heutzutage ein Aufschrei durch das Land geht, wenn so etwas passiert. Ich habe inzwischen selbst ein Kind. Und ich wünsche mir für ihn, dass er nicht die Erfahrungen machen muss, die ich gemacht habe."

Leon Balogun (32), Schottischer Meister 2021 mit den Glasgow Rangers, Bundesligaprofi bei Hannover 96, Werder Bremen, Fortuna Düsseldorf und Mainz 05

"Rassismus habe ich als Fußballer in meiner Kindheit erlebt, aber genauso auch als Profifußballer im Herrenbereich. Nur mal zwei Beispiele:

Als 15-Jähriger habe ich mit der zweiten B-Jugend von Hertha Zehlendorf gegen Union Berlin gespielt. Ich lieferte mir als Verteidiger ein gutes Duell mit einem gegnerischen Union-Stürmer. Ich kannte ihn schon von vorherigen Partien. Es ging auf dem Feld hart, aber nicht unfair zur Sache. Als dann Halbzeit war, lief ich an den Seitenrand auf Höhe der Mittellinie. Auf einmal knallte ein Ball knapp an meinem Kopf vorbei. Dieser Stürmer hatte auf mich geschossen und rief mir nun noch das N-Wort nach.

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Ich bin eigentlich ein ruhiger und gelassener Typ, aber in dem Fall konnte ich mich nicht halten und wollte sofort auf ihn zustürmen. Doch die Zuschauer hielten mich zurück. Nach dem Spiel fragte mich mein Vater, der alles mit angesehen hatte, was genau passiert war. Daraufhin liefen wir nach dem Umziehen dem Union-Spieler und seinen Eltern nach. Mein Vater stellte sich schließlich auf dem Parkplatz am Vereinsgelände vor das Auto der Eltern und fragte, was das auf dem Spielfeld sollte. Das war gut gelöst von meinem Vater. Leider spürten wir, dass das, was wir vermitteln wollten, bei dem Spieler und vor allem seinen Eltern nicht ankam.

Als ich als Profi mit Mainz 05 mal bei meinem Ex-Verein Hannover 96 spielte, wärmte ich mich während der Partie hinter dem Tor auf, direkt vor der Hannoveraner Nordkurve, dort, wo die Ultras stehen. Mein Teamkollege Anthony Ujah lief sich mit mir warm und wurde von einem Zuschauer aufs Übelste beleidigt. Das Schlimmste daran war, dass dieser Fan mit seinem kleinen Sohn zusammen auf der Tribüne stand. Ich konnte das nicht fassen. Was ist das für ein Vater, der solchen Hass versprüht und andere Menschen, die er überhaupt nicht kennt, so verunglimpft? Also versuchte ich, den Mann zu konfrontieren, und schrie zu ihm hoch auf die Tribüne. Darauf schoss er sich auf mich ein und beleidigte mich. Zum Glück wurde er einige Zeit später mit einem Stadionverbot belegt."

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