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Corona: Wie Weltmeister Thomas Berthold in den Sog der "Querdenker" geriet


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Spazieren mit Verschwörungstheoretikern
Wie Weltmeister Thomas Berthold in den Sog der "Querdenker" geriet


Aktualisiert am 29.11.2020Lesedauer: 3 Min.
"Querdenker": Entgegen aller Beteuerungen stört sich Berthold offenbar nicht daran, sich mit Verschwörungstheoretikern gemein zu machen.Vergrößern des Bildes
"Querdenker": Entgegen aller Beteuerungen stört sich Berthold offenbar nicht daran, sich mit Verschwörungstheoretikern gemein zu machen. (Quelle: imago-images-bilder)
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Der frühere Nationalspieler kritisiert die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung – bestreitet aber eine Nähe zu Rechtspopulisten. Doch die Fakten sprechen eine andere Sprache.

Er ist einer der legendären deutschen Weltmeister von 1990, absolvierte 62 Länderspiele für die DFB-Elf, stand 332 Mal in der Bundesliga auf dem Platz, galt seit Jahren in Fußballsendungen als gefragter Experte – aktuell aber wird Thomas Berthold gerne mit dem Attribut "unbequem" beschrieben. Er sei ja schon immer "unbequem" gewesen, heißt es dann, ob in Artikeln oder TV-Beiträgen, und es wird gerne angeführt, dass er ja als Spieler so viele Rote Karten gesehen habe (fünf, noch immer Vereinsrekord beim VfB Stuttgart) und, dass er nach Kritik an Bundestrainer Berti Vogts 1994 aus der Nationalmannschaft geworfen wurde.

Doch nur "unbequem" scheint Berthold längst nicht mehr – stattdessen driftet der selbsternannte "Freidenker" in der Corona-Krise immer weiter in die Szene der Verschwörungstheoretiker ab. Viel mehr noch: Berthold scheint in diesen Kreisen längst angekommen. Was anfing als Kritik an den Corona-Maßnahmen der Bundesregierung, nimmt immer extremere Züge an.

Seit Wochen schon fallen der langjährige Verteidiger des VfB Stuttgart und Ehefrau Britta durch Äußerungen auf, die eindeutig dem "Querdenker"-Spektrum zuzuordnen sind. Erst vor wenigen Tagen wurde das nächste "Interview" mit dem Ex-Nationalspieler öffentlich, dieses Mal mit Alex Quint, einem Dresdner Vermögensberater (!), der bereits vor Jahren bei einem "Pegida"-Ableger in Dresden mitwirkte und gerne auch mal in Gesprächsrunden zu den in rechten Kreisen einschlägigen Themen "Bei wem sind wir eigentlich verschuldet?" oder "Der tiefe Staat schlägt zu" sitzt.

Da ist dann bei den Bertholds die Rede davon, dass die Regierung "weg" müsse, dass sie ja "seit zehn Jahren" gar kein "Staatsfernsehen" mehr schauten. Da wird dann die Vermutung angestellt, SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach stehe "unter Drogen" oder habe "ein psychologisches Problem". Denn "letztendlich reden wir hier von einer Grippe", wenn es um Covid-19 gehe.

Dabei ist das alles nur die neueste Episode.

Interview mit rechtem Blogger

Rückblick: 8. August 2020, Berthold nimmt an einer Demonstration von Corona-Leugnern in Stuttgart teil, steht auf der Bühne, hält eine Rede – im T-Shirt eines "Querdenker"-Bündnisses. Dabei übt Berthold Kritik an der Bundesregierung, sein Vertrauen in die "Politik" sei durch die Corona-Maßnahmen "unter Null angekommen." Zwar beteuert der frühere Verteidiger noch am selben Tag in der "Bild": "Ich mache mich weder mit Verschwörungstheoretikern noch mit Rechtspopulisten gemein, habe nur meine Meinung über die Maßnahmen der Regierung gesagt." Legt einen Tag später beim Sport-Informations-Dienst noch einmal nach: "Ich bereue gar nichts, auf keinen Fall."

Allerdings: Berthold macht sich entgegen aller Beteuerungen sehr wohl mit Verschwörungstheoretikern und Rechtspopulisten gemein, hat offenbar keine Berührungsängste, lässt sich willig als Zugpferd vor den Karren der Veranstalter spannen. Denn kurze Zeit später gibt Berthold dem rechten Blogger Oliver Janich, der antisemitische, fremdenfeindliche und verschwörungstheoretische Ansichten verbreitet, ein Interview. "Wenn es so ist, bin ich bereit, auch die Konsequenzen zu tragen. Also ich habe da kein Problem mit", antwortet Berthold auf die Frage, ob er denn Angst vor beruflichen Folgen durch seine Äußerungen habe.

Auch das von Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang wegen "revisionistischer, verschwörungstheoretischer und fremdenfeindlicher Motive" als Verdachtsfall eingestufte "Compact"-Magazin, das Verbindungen zu "eindeutig rechtsextremistischen Bestrebungen" habe, druckt das Gespräch ab.

Berthold lässt Nähe zu "Reichsbürgern" erkennen

Mehr noch: Berthold gibt auch Ansichten wieder, die ihn in die Nähe der sogenannten "Reichsbürger" rücken. Der "Deutschlandfunk" nämlich zitiert Berthold weiter: "Japan und Deutschland sind keine souveränen Staaten. Wir leiden noch unter den Kriegsfolgen, das ist so. Und bei weltpolitischen Angelegenheiten spielt auch Deutschland keine Rolle. Wir spielen immer nur eine Rolle in der EU, wenn es darum geht, zu zahlen. Aber sonst sind wir nur Nebenakteur."

7. November 2020: Auf einer weiteren Demonstration von "Querdenkern" in Leipzig wird Berthold – in Begleitung seiner Frau – dabei gefilmt, wie er in ein Mikrofon spricht. Zur aktuellen Situation im Fußball mit den leeren Stadien befragt, antwortet er: "Ich verstehe es nicht. Wo sind die Hooligans? Wo sind die Ultras, die Hardcore-Fans?"

Dabei sollte seit über 20 Jahren bekannt sein, dass Berthold dem Spektrum der Verschwörungsschwurbler durchaus zugeneigt ist: In einer Anzeige für einen Buchhändler im Jahr 1999 hatte der damals noch als Fußballer aktive Berthold schon das verschwörungstheoretische Buch "Geheimgesellschaften und ihre Macht im 20. Jahrhundert" des notorischen Antisemiten "Jan van Helsing" als "Lieblingsfachbuch" angegeben.

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Nur der Deutsche Fußball-Bund hat offenbar noch immer nichts von der Gesinnung seines altgedienten Spielers mitbekommen. Am 12. November twitterte der offizielle Twitter-Account der "Mannschaft" ganz lieb: "Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Thomas Berthold!".

Fehlt nur noch, dass sie ihn als "unbequem" beschrieben hätten.

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