Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Schalke-Trainer Wagner Warum Wagner auf Schalke keine Chance hat
Innerhalb weniger Monate hat David Wagner Schalke vom Fast-Absteiger zur Erfolgsmannschaft geformt. Doch wohin kann der Trainer sein Team noch führen? Der "Zweikampf der Woche".
Kapitän Alexander Nübel will nach dem "geilen Spiel" die "Euphorie mitnehmen", Scorerkönig Amine Harit bezeichnet Schalke 04 schon als "Topteam" – doch wenn es nach ihrem Trainer geht, müssten die beiden schnellstmöglich zum Arzt. "Bitte gebt denen Tabletten, die nach sechs Spieltagen und einem Auswärtssieg in Leipzig in Euphorie verfallen", so David Wagner.
Doch selbst Wagner fiel es nach dem unerwarteten 3:1-(2:0)-Coup beim bis dahin ungeschlagenen Titelanwärter RB Leipzig und dem Sprung auf die Champions-League-Plätze schwer, einfach so zur Tagesordnung zurückzukehren.
"Jungs kam Laktat aus den Augen"
"Für Nachmittage wie diesen wurde das Wort 'Stolz' erfunden", sagte der 47-Jährige pathetisch: "Den Jungs kam in den letzten fünf Minuten das Laktat aus den Augen. Das sind Laktat-Junkies!" Insgesamt spulten die Schalker 124,5 Kilometer ab – zweitbester Wert für den Klub seit Datenerfassung (2011). Doch wohin kann er S04 wirklich führen? Der Zweikampf der Woche.
Kann Wagner aus Schalke wieder einen Topklub machen?
Ja, Wagner kann der Klopp von Schalke werden
Schalke und Wagner – das ist der Beginn von etwas Großem. Jahrelang schaute der Verein neidisch auf den Erzrivalen in Dortmund und suchte "seinen Jürgen Klopp". Einen Glücksfall als Trainer, der wie Klopp beim BVB 2008 eine erfolgreiche Ära einleiten würde, den die Fans lieben und dem die Spieler folgen. Bei der Suche verschliss Schalke elf Trainer in elf Jahren. Ausgerechnet Klopps Trauzeuge Wagner könnte nun dieser Glücksfall sein.
Die Parallelen sind da – nicht nur optisch mit Brille und Bart. Dortmund war in der Saison vor Klopp knapp dem Abstieg entronnen (Platz 13), Schalke ist das vor Wagner auch (Platz 14). Beide mussten zunächst mit einem überschaubaren Kader und ohne viel Geld für neue Stars leben, also den "Versagern" aus der Vorsaison Beine machen und auf Talente setzen. Bei Klopp waren das Subotic, Schmelzer, Sahin, bei Wagner sind es Nübel, Matondo und McKenny. Beide lassen in der ersten Saison bereits überwiegend so spielen, dass sie wieder mehr agieren statt reagieren. Beide sind bekannt für markige Sprüche. Der jüngste von Wagner: "Bitte gebt denen Tabletten, die nach sechs Spieltagen in Euphorie verfallen."
Auch Klopp bremste zu Beginn immer wieder die Euphorie – und wurde im dritten Jahr Deutscher Meister.
Nein, Wagners Erfolg ist eine Momentaufnahme
Der FC Schalke hat sich unter der Leitung von David Wagner zu einer der Überraschungsmannschaften der Bundesliga gemausert. Und diesen Augenblick sollten alle S04-Fans genießen – denn besser wird es nicht. Wagners Erfolg ist nur eine Momentaufnahme.
Das Startprogramm war leicht: Siege holte man gegen Mainz, Paderborn und Hertha – alles nur Mittelklasseteams. Gegen Bayern setzte es direkt eine 0:3-Klatsche. Einzig der Sieg gegen Leipzig überraschte.
Doch das gelang schon dem letzten "Erfolgstrainer" auf Schalke. Domenico Tedesco holte aus seinen ersten fünf Pflichtspielen vier Siege, darunter auch ein 2:0-Erfolg gegen Leipzig. Unter ihm wurde Schalke gar Vizemeister – doch dann folgte der Absturz. Eine Ära auf Schalke prägen? S04 wieder zum Topklub machen? Kaum möglich. Denn dafür brauchst du als Trainer Zeit, Vertrauen und viel Geld, um es in den Kaderaufbau zu investieren. Schalke steht für das Gegenteil.
Was passiert beispielsweise, wenn Durchstarter Amine Harit bis zur Winterpause weiter überragende Leistungen zeigt? Ganz sicher: Sobald ein europäischer Topklub kommt, wechselt der Marokkaner schneller als er "Ruhrgebiet" sagen kann. Wagner sagte nach dem Leipzig-Spiel selbst, dass keiner auf Schalke in Euphorie verfallen soll. Völlig richtig! Denn Schalke ist nun mal Schalke.
- Drama um Fan: Schock in der 2. Liga
- Serie A: Ribery zaubert wieder
Im "Zweikampf der Woche" kommentieren wöchentlich Florian Wichert (Stellvertretender Chefredakteur bei t-online.de) und Robert Hiersemann (Head of Fußball und Sport) aktuelle Fußball-Themen.
Teilen Sie Ihre Meinung mit
Welche Meinung zum Thema haben Sie? Schreiben Sie eine E-Mail an Lesermeinung@stroeer.de
- Im „Zweikampf der Woche“ kommentieren wir wöchentlich ein aktuelles Fußballthema. Sehen Sie den Schlagabtausch regelmäßig auch im Video – am Montag und manchmal auch Dienstag ab 19.30 Uhr im Rahmen der „Sport1 News“ bei Sport1 oder ab Montagnachmittag hier oben im Artikel.