Hitzige Debatte um Investoren "Scheinheiligkeit": Klubboss wettert gegen Ultras nach Protest
Die Tennisball-Proteste am vergangenen Wochenende haben für mächtig Furore gesorgt. In der Chefetage von Eintracht Frankfurt lösen die Aktionen Stirnrunzeln aus.
In Berlin flogen Tennisbälle, in Elversberg Zitronen. Die Fan-Proteste in der 1. und 2. Bundesliga gehen weiter. Mal schweigen die Fans für zwölf Minuten, mal gibt es "Scheiß DFL"-Rufe, mal wird die Fortsetzung des Spiels blockiert. Eintracht Frankfurts Vorstandssprecher Axel Hellmann hat das jedoch kritisiert.
"Man kann gegen diesen Prozess und inhaltlich dagegen sein. Man kann diesen Protest auch äußern", sagte er am Montagabend. Aber man müsse es auch zu Ende denken und sagen: "Dann bin ich bereit, im deutschen Fußball Schritt für Schritt zu akzeptieren, dass, was wir leisten können, zurückgeht und wir den Anschluss im europäischen Wettbewerb verlieren."
Hellmann kritisierte eine "gewisse Scheinheiligkeit". Als Beispiel nannte er die Protestaktion mit beim Zweitligaspiel Hertha BSC gegen Hamburger SV. "Ich bin erstaunt, dass ausgerechnet bei einem Klub Tennisbälle fliegen, der hart am Wind segelt, was das Thema 50+1 angeht", sagte Hellmann, der im vergangenen Jahr interimsmäßig Geschäftsführer der DFL gewesen ist.
Dabei sind die Ultras beider Teams, die am Wochenende protestierten, stets sehr kritisch gegenüber den Investorenbeteiligungen gewesen. Über der Berliner Ostkurve prangt beispielsweise bei jedem Heimspiel das Banner "Hertha BSC gegen Investoren". Auch bei Auswärtsspielen präsentiert die aktive Fanszene der Berliner den Schriftzug.
Die Anhänger des HSV äußerten in den vergangenen Jahren zudem immer wieder Kritik an Klub-Mäzen Klaus-Michael Kühne. "Investoren unerwünscht" oder "Kühne, verpiss dich!" waren bereits in der Fankurve auf Bannern zu lesen.
"Wir müssen aufpassen, nicht in Heuchelei zu verfallen"
Hellmann verteidigte den DFL-Investorendeal am Montag: Unter den 36 Klubs der Bundesligen sei man sich einig darin, dass die Medien-Produktion oder Digitalisierung nicht auf dem neuesten Stand seien. "Wir sind hinter anderen Profi-Ligen sicherlich eine Dekade hinterher", befand Hellmann. Dafür brauche man eine Milliarde Euro an neuem Kapital. "Wer Angst hat, dieser Deal würde die Spreizung zwischen Arm und Reich vergrößern, geht an der Realität vorbei. Im Gegenteil, er schreibt für 20 Jahre die Einheit der 36 Klubs fest", erklärte der Jurist.
Für fragwürdig hält er zudem den Vorwurf, der neue Investor zahle mit saudischem Geld. "Wenn das unser Maßstab ist, dann fahren wir bitte nicht mehr zur Tankstelle, dann sitzen wir bitte nicht mehr im Wohnzimmer mit Gasheizung", wetterte Hellmann. "Wir müssen aufpassen, nicht in Bigotterie und Heuchelei zu verfallen." Er verstehe nicht, dass eine kleine Gruppe jetzt darauf Kraft verwende, "anstatt hinzugucken, wie in unserem eigenen Land Staatsgewalt, Polizei und Demokratie unterwandert werden von Rechten. Darauf sollten wir Kraft verwenden", betonte Hellmann.
- Eigene Recherche
- Nachrichtenagentur dpa