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Bundesliga: Braucht es Harry Kane? Wir tappen in die gleiche Falle


Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

Hat die Liga ein Star-Problem?
Die Bundesliga baut sich ab


Aktualisiert am 09.08.2023Lesedauer: 1 Min.
Thomas Müller: Der Offensivmann des FC Bayern ist einer der größten Stars der Bundesliga.Vergrößern des Bildes
Thomas Müller: Der Offensivmann des FC Bayern ist einer der größten Stars der Bundesliga. (Quelle: IMAGO/Ulrich Wagner)

Viele Topstars gehen, nur wenige kommen hinzu. Ist die Bundesliga im Vergleich zu den anderen europäischen Topligen eigentlich noch attraktiv genug?

Seit mehr als einem Monat ist der Transfermarkt geöffnet. Woche für Woche wechseln Topstars ihren Verein. Während die Bundesliga fast 300 Millionen Euro mehr eingenommen als ausgegeben hat, steht die Premier League bei einem Minus von knapp 900 Millionen Euro.

Spieler wie Dominik Szoboszlai (FC Liverpool) und Christopher Nkunku (FC Chelsea) wechselten aus Deutschland auf die Insel nach England, sollen in der Premier League den nächsten großen Schritt machen. Auch Jude Bellingham (Real Madrid) und Lucas Hernández (Paris Saint-Germain) kehrten der Bundesliga den Rücken.

Als Antwort darauf verpflichteten die deutschen Vereine Spieler wie Min-jae Kim (FC Bayern) und Granit Xhaka (Bayer Leverkusen) für viel Geld. Der FC Bayern wollte zudem Kyle Walker (Manchester City), Declan Rice (jetzt FC Arsenal) oder Harry Kane (Tottenham Hotspur) in die Bundesliga holen. Geklappt hat bisher keiner der Transfers.

Deswegen stellen sich viele Fans die Frage: Verliert die Bundesliga im internationalen Vergleich an Attraktivität?

Pro
Andreas BeckerRessortleiter Sport

Die Liga gerät ins Wanken

Wie viel ist die Bundesliga eigentlich noch wert? Diese Frage haben sich in den letzten Tagen und Wochen sehr viele Fußballfans und auch einige Experten gestellt. Fredi Bobic, ehemals Manager bei Hertha BSC und Eintracht Frankfurt, sagte im "Kicker" vor nicht allzu langer Zeit, dass die Bundesliga inzwischen eine "Ausbildungsliga für die Premier League" sei. Grund für diese Aussage waren unter anderem die Wechsel der Spitzenspieler Christopher Nkunku und Dominik Szoboszlai von Leipzig eben genau nach England.

Worum es im Kern geht: Die Bundesliga baut sich ab. Viele Spitzenspieler verlassen die Liga, die dadurch immer mehr an Attraktivität verliert. Das alles birgt durchaus eine große Gefahr für den deutschen Fußball. Die A-Nationalmannschaft am Boden, der deutsche Nachwuchs eine riesige Baustelle – und nun gerät auch noch die Bundesliga ins Wanken.

Für die deutschen Fußballfans ist das alles ein Graus. Selbst Nicht-BVB-Fans haben Mittelfeld-Motor Jude Bellingham gern spielen sehen, haben die Kunststücke von Nkunku genau verfolgt und werden wohl auch die Robustheit eines Joško Gvardiol vermissen.
Dortmund und Leipzig – auch in der nächsten Saison wären das die wahrscheinlichsten Verfolger der Bayern gewesen. Jetzt geben sie alle ihre besten Spieler ab. Ja, sie haben investiert und neue, größtenteils junge Spieler geholt. Aber die Mannschaften brauchen nun wieder Zeit. Zeit, die sich nicht haben, um Bayerns Siegesserie von bislang elf Meistertiteln in Folge zu brechen.

Denn der deutsche Rekordmeister gibt zwar auch Spieler ab – tut aber alles dafür, mit Harry Kane einen absoluten Topstar zu holen, ein neues Aushängeschild für mehr als 100 Millionen Euro. Die Bundesliga braucht das – und eigentlich noch mehr davon. Im Rennen mit den anderen europäischen Ligen ist die Bundesliga abgehängt, gerade wenn man einen Blick von außen drauf wirft.

Fans brauchen und wollen solch einen Superstar wie Kane, dafür geht man ins Stadion und schaltet den Fernseher ein. Sollte der Transfer des Engländers am Ende noch platzen – es wäre ein weiterer Rückschlag, dessen Auswirkungen noch völlig unklar sind.

Kontra
Benjamin ZurmühlStellvertretender Ressortleiter Sport

Die Bundesliga braucht keine Stars aus dem Ausland

Haben Sie Lust auf ein Experiment? Dann schließen Sie die Augen und denken Sie an den Sommer 2020 zurück, als der BVB einen 17 Jahre alten Engländer namens Jude Bellingham verpflichtete.

Erinnern Sie sich daran, wie die ganze Bundesliga euphorisiert war, dass dieser große Star nach Deutschland gewechselt war? Nein? Stimmt. Die Euphorie gab es nicht bei Bellingham, sondern bei anderen Namen. Leroy Sané oder Emre Can zum Beispiel, die parallel in die Bundesliga kamen.

Ob die BVB-Fans bei einem Abgang von Can im Sommer 2023 genauso getrauert hätten wie zuletzt bei Bellingham, wage ich zu bezweifeln.

Ja, die Bundesliga verkauft in diesen Wochen viele Stars nach England zu Chelsea, Liverpool und Man City. Aber sie bildet auch neue aus. Randal Kolo Muani kam erst vor einem Jahr ablösefrei nach Frankfurt, ist heute ein gefeierter Star und 100 Millionen Euro wert.

Vielleicht machen Spieler wie Victor Boniface von Bayer Leverkusen oder Benjamin Šeško von RB Leipzig eine ähnliche Entwicklung und werden zu den nächsten Spielern, an denen laut angeblicher Experten dann in ein bis zwei Jahren plötzlich die ganze Attraktivität der Bundesliga hängt.

Die deutschen Fans dürfen nicht immer wieder in die gleiche Falle tappen und denken, dass es große Stars aus dem Ausland braucht, um konkurrenzfähig zu bleiben. Es braucht gutes Scouting, eine gute Nachwuchsarbeit und gute Trainer. Falls Sie das nicht glauben, fragen Sie mal beim FC Bayern nach, ob man in München mit Sadio Mané und Lucas Hernández glücklicher war, als man es mit Alphonso Davies und Jamal Musiala ist.

Die Attraktivität der Bundesliga hängt sowieso nicht nur von den Spielern ab, sondern vor allem von den Fans. Ganz Europa beneidet uns um die deutsche Fankultur. Um die ausverkauften Stadien, die tollen Choreografien und die einzigartige Stimmung. Und die kann sich auch die Premier League nicht kaufen.

Den Fans ist es egal, ob auf dem Rasen internationale Stars stehen oder nicht. Sie strömen sowieso in die Stadien. Oder warum sonst kamen bei den Absteigern Hertha BSC und Schalke 04 im vergangenen Jahr pro Spiel 53.000 bzw. 61.000 Zuschauer?

 
 
 
 
 
 
 

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