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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Paderborns Torjäger Srbeny glaubt an Klassenerhalt: "Egal, wie kräftezehrend"
Im Januar kehrte Dennis Srbeny aus der Premier League zurück zum SC Paderborn. Im Interview mit t-online.de spricht der Stürmer über den Abstiegskampf – und lobt besonders Trainer Steffen Baumgart.
Dennis Srbeny hat drei aufregende Jahre hinter sich: Der Stürmer wechselte im Sommer 2017 vom Regionalligisten BFC Dynamo zum damaligen Drittligisten SC Paderborn, wo er sich in nur einem halben Jahr für den Sprung auf die Insel empfahl und vom englischen Zweitligisten Norwich City angeheuert wurde. Mit den "Kanarienvögeln" des deutschen Trainers Daniel Farke stieg er sensationell in die Premier League auf.
Nach zwei Jahren bei Norwich City kehrte Srbeny im Januar 2020 zurück nach Ostwestfalen, wo er mit seinen Toren dafür sorgt, dass der Abstieg des SC Paderborn noch nicht entschieden ist. Im Interview mit t-online.de spricht der gebürtige Berliner über die schier unlösbare Aufgabe Klassenerhalt und lobt seinen Paderborner Trainer Steffen Baumgart in höchsten Tönen.
t-online.de: Herr Srbeny, kurz vor Weihnachten durften Sie für Norwich in der Premier League gegen Wolverhampton nur für vier Minuten auf den Platz. Exakt zwei Monate später machen Sie gegen den FC Bayern ihr drittes Bundesliga-Tor im sechsten Einsatz für Paderborn. Wie blicken Sie auf die vergangenen Monate zurück?
Dennis Srbeny: Es ist das eingetreten, was ich mir erhofft habe. Ich habe mir den Wechsel gewünscht, weil ich Spielpraxis brauche, um einer Mannschaft weiterhelfen zu können. Das hat in Norwich leider nicht funktioniert. Deswegen bin ich sehr froh, dass ich nun zurück in Paderborn bin.
Sie wechselten Anfang Januar nach zwei Jahren in Norwich zurück nach Paderborn. Wieso ist es für Sie nicht in der Premier League weitergegangen?
Ich habe mir alle verfügbaren Optionen angeschaut. Als Paderborn jedoch Interesse bekundet hat, war für mich sehr schnell klar, dass ich zusagen und zurückkehren möchte. Hier habe ich ein gewohntes Umfeld, kenne das Trainerteam und sogar noch einige Jungs, die im Kader stehen.
Wie entstand der Kontakt zu Paderborn? Ist der Klub proaktiv auf Sie zugegangen, als es in Norwich nicht mehr so lief?
Mit Steffen Baumgart war ich während meiner Zeit in Norwich in einem regelmäßigen Austausch. Wir zwei pflegen ein sehr gutes, ehrliches Verhältnis miteinander: Wenn ich Fragen hatte, wusste ich, dass ich mich immer bei ihm melden konnte. Sein Rat ist mir sehr wichtig. Das hatte ich natürlich im Hinterkopf, als Paderborn sein Interesse hinterlegt hat.
Baumgart? "Ich vertraue ihm sehr viel an"
Sie gelten als Wunschspieler Steffen Baumgarts. Was bedeutet das Ihnen?
Das freut mich natürlich. Es ist nun meine Aufgabe, dieses Vertrauen zurückzuzahlen. Ich will es aber nicht nur ihm, sondern auch mir beweisen, dass dieses Lob mir etwas bedeutet. Deshalb werde ich alles dafür geben, in der restlichen Saison immer besser zu werden und die Tore und Vorlagen zu liefern, die dem Verein in seiner Lage weiterhelfen werden.
Baumgart war bereits Cheftrainer während ihrer ersten Zeit beim SCP. Inwieweit hat er sich sportlich als auch menschlich weiterentwickelt?
So wie ich in den vergangenen zwei Jahren als Sportler und Mensch gereift bin, so ist es auch Steffen Baumgart. Er ist ein sehr ehrlicher, authentischer Mensch. Daran hat sich zum Glück nichts geändert. Ich vertraue ihm sehr viel an, weil ich weiß, dass es auch wirklich unter uns bleibt. Sportlich gesehen hat sich vor allem das System geändert. In meiner ersten Zeit setzten wir in der Regel auf ein 4-4-2. Aktuell agieren wir am häufigsten in einem 4-3-3. Daran sieht man, dass der Trainer immer auf der Suche nach Neuem ist und dazulernt.
War es für Sie in den Drittliga-Zeiten in Paderborn absehbar, dass Baumgart die Mannschaft in die Bundesliga führen kann?
Ich war damals nur ein halbes Jahr in Paderborn, bevor ich nach Norwich wechselte. Doch es war auffällig, wie erfolgsversprechend die Spielidee des Trainers war – und wie die Mannschaft mitzog, um diesen Erfolg auch einzufahren. Dass der SC Paderborn in zwei Jahren zurück in der Bundesliga ist, war aber natürlich nicht vorauszusehen. Das hat sich das Team gemeinsam mit dem Trainer über die Zeit erarbeitet und verdient.
"In England spielen zu dürfen war ein Jugendtraum von mir"
Sie wechselten im Januar 2018 zu Norwich in Englands Zweite Liga. Wie verwundert waren Sie über die Anfrage – und wie erklärte Ihnen der Klub sein Interesse an Ihnen?
Ich war sehr überrascht, dass überhaupt ein höherklassiges Team Interesse an mir bekundete. Noch dazu aus England, denn es war ein Jugendtraum von mir, einmal in England Fußball spielen zu dürfen. Nach dem Anruf ging alles sehr schnell. Ich habe nach einer kurzen Bedenkzeit zugesagt und den Wechsel einleiten lassen.
Ein Jahr später stiegen Sie mit Norwich in die Premier League auf, zwei Jahre zuvor kickten Sie mit dem BFC Dynamo noch in der Regionalliga. Wie haben Sie diesen persönlichen Aufstieg mental verarbeitet?
Ich erinnere mich noch oft an die Zeit in der Regionalliga, ich bin niemand, der so schnell vergisst, wo er herkommt. Das Sprichwort „Harte Arbeit wird belohnt“ ist was mich antreibt. Diesem Motto bin ich immer treu geblieben – auch, als es nach dem rasanten Aufstieg für mich persönlich wieder schlechter lief.
Inwieweit hat es geholfen, dass Sie in Norwich mit Daniel Farke auf einen deutschen Trainer und viele deutschsprachige Arbeitskollegen trafen?
Für die Eingewöhnung in Norwich war das optimal. Wir waren sieben, acht deutschsprachige Spieler und haben auch des Öfteren außerhalb des Trainingsgelände Zeit miteinander verbracht. Sie haben mir sehr dabei geholfen, das neue Land zu erkunden.
Wie gelingt es Farke und Norwich, dass kein homogener deutscher Block im Kader entsteht? Wie wirkt auch die Mannschaft dem entgegen?
Auf dem Trainingsgelände ist Deutschsprechen verboten – was für mich selbstverständlich ist. Denn ich muss mich doch dem Land und Klub, in dem ich arbeite, anpassen. Für die englischen Kollegen haben wir Deutschen nie ein Problem dargestellt. Das sind tolle Jungs, zu denen Freundschaften entstanden sind, die bis heute bestehen. Dass ein solches Klima des gegenseitigen Respekts besteht, war ein wichtiger Antrieb, der den Aufstieg in die Premier League überhaupt erst möglich gemacht hat.
Ein wichtiger Antrieb können auch die Fans im Stadion sein. Leider sind sie aufgrund der Corona-Krise derzeit nicht auf den Tribünen zugelassen. Die Enge und Nähe englischer Stadien ist berühmt-berüchtigt. Hat sie diese Atmosphäre eingeschüchtert?
Überhaupt nicht. Diese Nähe zu den Fans ist doch das, woran wir Fußballprofis denken, wenn wir von England träumen. Diese Atmosphäre, zu wissen, dass die Fans dich wirklich anfassen können, treibt dich enorm an. Was ich an dieser Stelle wirklich betonen muss: Trotz dieser extremen Nähe ist das Benehmen der englischen Fans tadellos. Die Fans könnten ja, wenn es schlecht für ihr Team läuft, ganz einfach den Platz stürmen und dich attackieren. Aber dieser Gedanke würde dir als Spieler in einem englischen Stadion niemals kommen.
Würden Sie sagen, englische Stadionbesucher können deutschen als Vorbild dienen?
Absolut. Bei uns in Norwich lief es nicht immer gut. Doch obwohl die Fans nur einen Meter hinter dir sitzen, habe ich nie auch nur eine Beleidigung gehört. Natürlich wird auch in England gepfiffen – aber das ist auch das gute Recht der Fans. Nur ist mir dort nie Hass oder Aggressivität entgegengeschlagen.
Klassenerhalt? "Wollen über unsere einmalige Teamchemie kommen"
Sie sprechen damit auch Themen wie mentalen Druck an. Wie nehmen Sie die aktuelle Situation in Paderborn war? Wie sehr belastet der Abstiegskampf das Team?
Paderborn befindet sich in einer ähnlichen Situation wie Norwich. Beide Klubs sind Tabellenletzter, wollen jedoch alles dafür tun, die Liga zu halten. Die Ausgangslage hat sich so gesehen für mich nicht geändert. Wir spielen am Limit. Wir wollen über unsere einmalige Teamchemie kommen und so die Sensation schaffen.
Gerade gegen die großen Klubs, Bayern und Dortmund, sah Paderborn lange gut aus, brach jedoch in der Schlussviertelstunde ein. Fehlt es der Mannschaft da an der notwendigen Frische und Kondition?
Diese Frage kriegen wir oft gestellt, aber ich würde nicht sagen, dass das unser Problem ist. Natürlich ist man anfälliger dafür, individuelle Fehler zu machen, wenn man sich 80 Minuten gegen einen scheinbar übermächtigen Gegner stemmt. Aber es ist unsere Aufgabe, aus diesen Fehlern zu lernen und sie abzustellen. Da ist es egal, ob du Bundesligaprofi bist oder in der Regionalliga kickst: Du musst bis zur letzten Sekunde die Konzentration hochhalten – egal, wie kräftezehrend das sein mag.