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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Spiel 1 nach Tod von Kay Bernstein Stille im Olympiastadion – und dann brechen alle Dämme ...
Hertha BSC nimmt Abschied von seinem verstorbenen Präsidenten Kay Bernstein. Ein ganzes Stadion schweigt – bis ein spezieller Moment viele Fans zu Tränen rührt.
Und dann war da Stille. An diesem Sonntagmittag im Berliner Olympiastadion nahm sie gespenstische Ausmaße an. Es lag tiefe Trauer in der Luft. Am vergangenen Dienstag war Herthas Präsident Kay Bernstein völlig unerwartet im Alter von 43 Jahren gestorben. Der Zweitligaauftakt ins Jahr 2024 gegen Fortuna Düsseldorf stand daher ganz im Zeichen des Abschieds.
Schon vor dem Spiel gedachten die Berliner Fans ihres verstorbenen Präsidenten. Knapp 7.000 Fans marschierten am Vormittag in andächtiger Stille vom Theodor-Heuss-Platz bis zum Olympiastadion. Fan Bernd (63) sagt: "Ich gehe seit 50 Jahren ins Stadion – heute ist alles anders. Ich bin wie betäubt. Das ist der schwerste Gang, den ich als Fan je hatte. Heute ist für Kay." In der einen Hand hält er ein Bier, in der anderen eine Blume.
Stadionsprecher weint um Kay Bernstein
Dass an diesem Sonntag alles anders ist, merkt man auch im Olympiastadion. Kein Anheizen, keine Show vor dem Anpfiff, keine Gesänge. Im Hintergrund läuft das Lied "Imagine" von John Lennon. In dem Lied heißt es: "Stell dir vor, es gibt keinen Himmel. Es ist einfach, wenn du es versuchst. Keine Hölle unter uns. Über uns nur der Himmel."
Als Stadionsprecher Fabian von Wachsmann kurz vor dem Anpfiff eine Botschaft an Bernstein vorliest, brechen alle Dämme. Mit gebrochener Stimme versucht er, die richtigen Worte zu finden. Er findet sie. "Es bricht uns das Herz", sagt er. "Die Lücke, die er hinterlässt, werden wir nicht schließen können." Er beginnt zu weinen. Kurzer aufmunternder Applaus. Dann wieder Stille.
"In unseren Herzen wirst du ewig leben"
Auch die Hertha-Fans in der Kurve weinen. "Wir gießen deinen Baum mit unseren Tränen. In unseren Herzen wirst du ewig leben", steht auf einem Banner. Dann pfeift Schiedsrichter Robert Kampka die Partie an. Im weiten Rund des Olympiastadions könnte man eine Stecknadel fallen hören. Auch die Düsseldorfer Fans schweigen in den ersten fünf Minuten.
Nach 30 Minuten erzielt Hertha durch Haris Tabaković das zwischenzeitliche 1:0. Der Stürmer läuft in Richtung Ersatzbank und bekommt ein schwarzes T-Shirt zugeworfen. "Wir Herthaner in tiefer Trauer" steht dort drauf. Er reckt es in die Höhe, hält es dem Publikum entgegen. Lauter Jubel im Stadion. Doch das Ergebnis ist den meisten Fans an diesem Tag völlig egal. Für sie geht es darum, Abschied von ihren Präsidenten zu nehmen. An diesem Sonntag, an dem an ein normales Fußballspiel nicht zu denken war.
- Eigene Beobachtungen aus dem Stadion