Geschichte wiederholt sich Für große Siege braucht Abraham Schmerzen
Das Siegerlächeln von Arthur Abraham nach seinem Sieg durch technischen K.o. in der sechsten Runde gegen Robert Stieglitz war doch arg gequält. Kein Wunder, der WBO-Weltmeister im Supermittelgewicht hatte bei seiner Titelverteidigung mehrere Runden mit einem angebrochenem Oberkiefer geboxt. In der zweiten Runde waren die beiden Kontrahenten mit den Köpfen unabsichtlich zusammen gestoßen. Doch der 35-Jährige biss - bildlich gesprochen - auf die Zähne. Und das nicht zum ersten Mal in seiner Karriere.
Sofort wurden Erinnerungen wach an Abrahams Kampf gegen Edison Miranda im September 2006. Die letzten acht der zwölf Runden boxte er damals mit doppelt gebrochenem Unterkiefer. In den Ringpausen spuckte der gebürtige Armenier Blut. Trotz der Abbruch-Empfehlung des Ringarztes wurde der Fight fortgesetzt. Abraham siegte letztendlich nach Punkten. Wer weiß, wie seine Karriere verlaufen wäre, hätte der Ringrichter den Kampf abgebrochen. Denn da die Verletzung aufgrund der Schlagwirkung seines Gegners entstanden war, hätte Abraham seinen erst neun Monate vorher erkämpften Gürtel im IBF-Mittelgewicht wieder hergeben müssen. So jedoch feierten die Medien den "Blutboxer".
Angebrochene Rippen, angebrochene Finger
Gegen Stieglitz nun merkte Abraham in der Ringpause nach dem Zusammenprall der Köpfe an: "Trainer, meine Zähne sind kaputt." Worauf Ulli Wegner in seiner trockenen Art antwortete: "Arthur, dafür haben wir jetzt keine Zeit." Und ganz Motivator redete er seinem Schützling ein: "Du brauchst diese Schmerzen zum Sieg." Dass Abraham "unglaubliche Schmerzen" hatte, wie er später berichtete, ist nachvollziehbar.
Überhaupt ist Abraham ein Boxer, dem Verletzungen nichts auszumachen scheinen. Gegen den Briten Wayne Elcock stieg er mit zwei angebrochenen Rippen in den Ring: "Ich wollte den WM-Kampf aber keinesfalls absagen." Und gegen den Montenegriner Nikola Sjekloca konnte ihn im Mai 2014 auch zwei angebrochene Finger - ebenfalls eine Trainingsverletzung - nicht vom Kämpfen abhalten.
Erst einmal keine OP
Am Tag nach dem Stieglitz-Kampf fuhr Abraham zu Professor Berthold Hell nach Siegen. Der Mediziner hatte sich schon nach dem Miranda-Kampf um die Kieferverletzung des Boxers gekümmert und zwei Titan-Platten eingesetzt. Auf eine weitere Operation wurde nun verzichtet. Der Knochen soll von selbst wieder zusammenwachsen.
Wenn der Weltmeister dann wieder in den Ring steigen kann, hat er mehrere Option. Finanziell am lukrativsten dürfte wohl ein Duell mit Felix Sturm sein. Als beide Boxer noch im Mittelgewicht Champions waren, kam der Kampf aufgrund der TV-Verträge der beiden Athleten nie zustande.
Aber auch über einen Kampf Abrahams in den USA wird spekuliert. Als harter Junge ist er sicherlich auch dem amerikanischen Box-Publikum gut zu verkaufen.