Boxen Wladimir Klitschko fordert Konsequenzen
Der Weltmeisterschafts-Kampf von Vitali Klitschko und Dereck Chisora kann wahrlich als Spektakel bezeichnet werden. Der Brite sorgte von der Ohrfeige für Vitali über das Bespucken Wladimirs bis hin zur Schlägerei mit David Haye für mehr als einen handfesten Skandal. Die englischen Zeitungen äußerten Abscheu. "The Times" schrieb von "Neandertalern", laut "Daily Telegraph" ist das "des Boxens dunkelster Tag", der "Daily Star" sieht "das britische Boxen in die Gosse gerissen" und die "Daily Mail" fordert: "Verbannt diese Gangster". (Sehen Sie die Zusammenfassung des Klitschko-Kampfes im Video)
Nun hat sich auch Wladimir in einem offenen Brief auf der Website Klitschko.com geäußert und Konsequenzen gefordert:
"Liebe Freunde und Fans,
ich bin geschockt und zutiefst empört über das Verhalten von Dereck Chisora und seinem Team in der letzten Woche.
Es stimmt mich sehr traurig, wenn ich sehe, wie er den Boxsport repräsentiert und mit welcher Respektlosigkeit er dem Schwergewichts-Weltmeister Vitali Klitschko beim Wiegen und am Kampfabend gegenüber getreten ist.
Aber noch mehr bin ich von seinem respektlosen und peinlichen Auftreten auf der Pressekonferenz nach dem Kampf enttäuscht. Vor der gesamten Weltpresse provozierte Dereck Chisora eine Schlägerei mit David Haye und dessen Trainer Adam Booth. Darüber hinaus kündigte er mehrfach vor den anwesenden Pressevertretern an, David Haye persönlich zu erschießen und zu töten!!!
Alle großen Champions der vergangenen Zeiten haben das Ansehen und die Anerkennung für den Boxsport gepflegt und dienten als gute Vorbilder für die Jugend der Welt. Chisoras Verhalten zerstört die jahrelange, harte Arbeit der ehemaligen Champions und ist ein schlechtes Vorbild.
Solch ein Verhalten muss Konsequenzen nach sich ziehen und darf niemals von den Boxverbänden, Medien, Sportlern und Boxfans toleriert werden. Es muss gestoppt werden, damit der Boxsport sein Ansehen nicht verliert.
Ich möchte meine Gefühle und Gedanken mit Ihnen teilen und hoffe inständig, dass es Reaktionen gibt, die zeigen, dass der Boxsport dieses Verhalten nicht tolerieren wird.
Respektvoll,
Wladimir Klitschko"
Pütz: "Champions, auch außerhalb des Rings"
Pütz würdigte ausdrücklich das Verhalten der Klitschkos. "Die sind nicht nur Champions im, sondern auch außerhalb des Rings." Sowohl Vitali als auch Bruder Wladimir hielten sich trotz verständlicher Wut zurück und attackierten den Provokateur nicht. "Diese eiserne Selbstdisziplin ist bewundernswert", sagte der Präsident des Bundes Deutscher Berufsboxer (BDB). Klitschko war von Chisora als "fucking german guy" beschimpft worden.
Chisora zeigt Reue
Chisora hat sich mittlerweile "von ganzem Herzen" für die Schlägerei mit Haye entschuldigt. "Egal ob ich provoziert wurde oder nicht: Mein Verhalten war komplett unprofessionell", hieß es in einem Statement Chisoras. "Ich habe meine Familie, mein Team und vor allem den Sport, den ich liebe, enttäuscht". Allerdings fügte er hinzu, dass Haye ihn zuerst mit einer Flasche geschlagen habe.
Die für die Ohrfeige gegen Klitschko festgesetzte Strafe von 50.000 Dollar für Chisora ist laut dem BDB auf 70.000 erhöht worden. Dieser Teil von Chisoras 500.000-Dollar-Börse wurde mittlerweile einbehalten. Das Geld soll zu gleichen Teilen an gemeinnützige Einrichtungen und Stiftungen in Deutschland und des Weltboxverbandes WBC fließen.
Haye gibt Chisora die Schuld
Strafen für Haye stehen derzeit nicht zu Debatte. Zwar wird dem Ex-Champion vorgeworfen, den ersten Schlag geführt zu haben. "Das kann man aber auch als Selbstschutz sehen. Schließlich kam Chisora vom Podium herunter, stieß dabei Drohungen aus und stürzte auf Haye zu", sagte Thomas Pütz, Präsident des BDB.
So sieht es auch Haye. "Chisora hat seinen Platz verlassen und ist mit seiner Begleitung im Schlepptau in aggressiver Weise auf mich zugekommen", sagte er in einer Stellungnahme. Auf Videos und Fotos ist deutlich zu erkennen, dass Haye seinen Kontrahenten daraufhin mit der Faust schlägt. Er sei "tief enttäuscht über seine Rolle bei dem Zwischenfall", erklärte der 31-Jährige. "Ich weiß, ich bin kein Engel, aber in meinen 21 Jahren im Sport war ich noch nie an einem solch ernsten Vorfall beteiligt - oder habe so etwas auch nur gesehen", beteuerte Haye. Eine Entschuldigung gab er jedoch nicht ab.
Der frühere Box-Weltmeister hat nach der Prügelei seine Mithilfe bei den Ermittlungen zugesichert. "Ich werde die Boxverbände bereitwillig bei jeder Untersuchung unterstützen, die sie einleiten", beteuerte Haye.
Haye flüchtet aus Deutschland
Chisora war deswegen kurz vor dem Heimflug in München festgenommen und von der Polizei verhört worden. Haye hingegen reiste schon am frühen Morgen zurück auf die Insel und kam einer Festnahme damit zuvor. "Im Lichte der Drohungen", die Chisora "vor der Weltpresse" während der Pressekonferenz ausgesprochen habe, sei es ihm und seinem Trainer Adam Booth "angemessener erschienen", das Hotel, in dem auch Chisora und dessen Stab untergebracht waren, "so schnell wie möglich" zu verlassen, teilte Haye mit. "Konsequenterweise" habe man dann auch einen früheren Flug am Sonntagmorgen aus der bayerischen Landeshauptstadt genommen.
Gegen Haye werde wegen Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung ermittelt, sagte ein Polizeisprecher. Die Entscheidung über das weitere Vorgehen in dem Fall liege aber nun bei der Staatsanwaltschaft. Diese müsse darüber befinden, ob ein Rechtshilfeersuchen an die britischen Behörden wegen Haye gestellt werde, so der Sprecher.
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