Deutscher in der NBA Zipser und die Chicago Bulls träumen vom Titel
Paul Zipser und der einstige NBA-Riese Chicago Bulls sind die Überraschung der Play-offs. Auch dank Zipser führt der Außenseiter gegen Rekordchampion Boston mit 2:0.
Zipser stand schwitzend in der Kabine der Chicago Bulls, kratzte sich grinsend am Kopf und beantwortete geduldig die Fragen, die von allen Seiten auf ihn einprasselten. "Ja, von diesen Momenten habe ich geträumt", sagte der Basketball-Nationalspieler nach dem wohl größten Spiel seiner bisherigen NBA-Karriere, und vor allem: "Ja, jetzt ist für uns alles möglich. Warum auch nicht?"
Zipser macht sich einen Namen
16 Punkte hatte Liga-Neuling Zipser zuvor beim 111:97 der Bulls beim Rekordchampion Boston Celtics erzielt – für einen Spieler der zweiten Reihe enorm viel. "Zipser kam von der Bank und wurde zum X-Faktor des Spiels, gar keine Frage", sagte Kommentator Chuck Swirsky im Klubsender Bulls TV über den Lauf des 23-Jährigen, der in den USA nur "Sipser" ausgesprochen wird – und sich doch langsam einen Namen macht.
Auch dank Zipser stehen die Bulls, in den 90er Jahren mit den Superstars Michael Jordan, Scottie Pippen und Dennis Rodman sechsmal Meister, vor einer echten Überraschung. Als Achter hatte Chicago im Osten erst auf den letzten Drücker die Play-offs erreicht, nun führen die Bulls in der ersten Runde gegen Rekordchampion Boston nach zwei Auswärtssiegen mit 2:0.
Sechs von acht Würfen verwandelt
"Unser Selbstvertrauen ist derzeit einfach riesig. Wie sollte es auch anders sein? Es steht 2:0, und jetzt geht es nach Chicago. Ich freue mich richtig auf unsere Fans", sagte Zipser. Der in Heidelberg geborene 2,03-m-Mann war 2016 von Bayern München in die NBA gewechselt, nun kommt er langsam in Tritt. Schon im letzten Spiel der Hauptrunde erzielte er mit 21 Punkten eine Bestleistung und hatte großen Anteil am Einzug in die Play-offs.
Wie wichtig Zipser im Saisonfinale sein kann, bewies er nun in Spiel zwei. Sein Dreier zum 82:71 beendete zunächst eine Aufholjagd der Celtics. Als er kurz vor Schluss einen weiteren Dreier zum 108:92 versenkte, verließen die heimischen Fans fluchtartig die Halle und buhten ihr Team aus. "Ich weiß, dass ich Bälle versenken kann, und das weiß auch jeder im Team", sagte Zipser, der sechs seiner acht Würfe verwandelte.
Trainer lobt den Deutschen in höchsten Tönen
"Paul war heute enorm wertvoll für uns", sagte auch Fred Hoiberg. Der Chefcoach hatte schon vor Wochen den "enormen Basketball-IQ" des Deutschen gelobt: "Das ist ein Typ, auf den wir uns verlassen können." Gut möglich, dass Zipser in den kommenden Wochen weiter aus den langen Schatten von Dirk Nowitzki und Dennis Schröder treten wird – zumal Nowitzki mit Dallas die Play-offs verpasst hat und Schröder mit Atlanta das frühe Aus droht.
Ganz anders Chicago. In den anstehenden zwei Heimspielen könnten die Bulls als erster Tabellen-Achter seit fünf Jahren ein Topteam der Hauptrunde ausschalten. Zuletzt war dies 2012 den Philadelphia 76ers gelungen – gegen Chicago. "Wir wussten, dass dies keine typische Erster-gegen-Achter-Serie ist. Wir haben schon gezeigt, dass wir gegen gute Mannschaften auch gut spielen", sagte Zipser. Gelingt am Ende also gegen Boston der große Coup? Paul Zipser hält das für möglich: "Man weiß schließlich nie, was im Leben passiert."