Wiesbaden Land will Corona-Verordnung verlängern: Harte Kritik am Bund
Hessen will die bestehende Corona-Verordnung im Land bis zum 2. April verlängern. "Mit einer Übergangsphase bleiben wir besonnen und handlungsfähig", erklärte Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) am Dienstag in Wiesbaden. Hintergrund für die Maßnahme ist das Auslaufen der derzeit geltenden Regelungen im Bundesinfektionsschutzgesetz am Samstag (19.3.). Das Bundesgesetz ist die rechtliche Grundlage für alle Corona-Schutzmaßnahmen in den Ländern und wird derzeit neu gefasst.
"Weil sich die Bundesregierung uneinig ist und deshalb eine Neuregelung praktisch in letzter Sekunde vor dem Auslaufen aller Regeln erfolgen muss, wissen wir weiterhin nicht, welche konkreten Schutzmaßnahmen wir in Hessen ab der kommenden Woche ergreifen können", kritisierte der Regierungschef. "Dieses Verfahren ist unsäglich und deshalb lehnen es auch alle Länder ab."
"Das Verfahren ist auch deshalb unsäglich, weil die Menschen wissen wollen, wie es weitergeht", mahnte Bouffier. Um dennoch bestmögliche Planungssicherheit für alle Hessen zu gewährleisten, beabsichtigt die Landesregierung, basierend auf dem aktuellen Gesetzentwurf des Bundes die bestehenden Schutzmaßnahmen bis zum 2. April zu verlängern, soweit das neue Bundesinfektionsschutzgesetz dies noch ermögliche.
Im Anschluss an diese Übergangsphase seien nach derzeitigem Stand nur noch so genannte Basisschutzmaßnahmen möglich, erläuterte der Ministerpräsident. Weitergehende Maßnahmen seien dann nur in nachgewiesenen Corona-Hotspots und nach vorherigem Landtagsbeschluss möglich.
In der Übergangsphase vom 20. März bis 2. April bleiben damit nach Angaben der hessischen Staatskanzlei im Land die Zugangsregelungen 3G, 2G, 2G-Plus gültig. Die Maskenpflicht bleibe im bisherigen Umfang bestehen. Das gelte auch für die Abstands- und Hygienekonzepte.
Für weitere bisherige Schutzmaßnahmen entfällt am 20. März die Rechtsgrundlage im Bundesinfektionsschutzgesetz. Das bedeute, das dann die bisherigen Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte entfallen, erklärte der CDU-Politiker. Die Kapazitätsbeschränkungen bei Veranstaltungen und in Diskotheken würden aufgehoben.
Volksfeste und ähnliche Veranstaltungen müssten zudem infektionsrechtlich nicht mehr genehmigt werden. Es sei auch keine Kontaktdatenerfassung mehr möglich, teilte Bouffier mit. An den Schulen blieben die bisherige Testpflicht und die Maskenregelungen vorerst bestehen.
Nach dem 2. April ermögliche der Bund nach aktuellem Stand nur noch so genannte Basisschutzmaßnahmen, sagte der Ministerpräsident. Das habe zur Folge, dass eine Maskenpflicht nur noch in Krankenhäusern, in Alten- und Pflegeheimen, bei Pflegediensten sowie in Bussen und Bahnen im ÖPNV und Fernverkehr gelte.
Die Corona-Testpflicht gebe es dann nur noch in Krankenhäusern, in Alten- und Pflegeheimen sowie in Schulen. Alle weiteren Schutzmaßnahmen entfielen. Lediglich in so genannten Hotspots sollen noch einige weitere Schutzmaßnahmen ermöglicht werden. Voraussetzung dafür sei ein entsprechender Beschluss des Landtags, erläuterte Bouffier.
Über das Bundesinfektionsschutzgesetz wird am Mittwoch erstmals im Deutschen Bundestag beraten. Es soll am Freitag vom Bundestag verabschiedet werden. Der Bundesrat soll noch am selben Tag damit befasst werden. Erst danach können entsprechende Regelungen in den Ländern verbindlich beschlossen werden, teilte der Regierungschef mit. Die hessische Landesregierung werde anschließend in einer Kabinettssitzung darüber beraten.
Hessens Sozialminister Kai Klose (Grüne) schloss sich der Kritik an den geplanten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes an. Derzeit sei die Lage in den Krankenhäusern zwar relativ stabil. Von einem Normalbetrieb seien die Einrichtungen jedoch weit entfernt, erklärte Klose in einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden gemeinsamen Schreiben mit seinen Amtskollegen aus Brandenburg und Baden-Württemberg an die Fraktionsvorsitzenden von SPD, Grünen und FDP im Bundestag.
Das Coronavirus habe zudem mehrfach gezeigt, dass man sich nur auf seine Unberechenbarkeit verlassen könne. Auf dem Höhepunkt der Infektionszahlen die meisten wirkungsvollen Eindämmungsmaßnahmen zur Sicherstellung der Gesundheitsversorgung nicht mehr möglich zu machen, sei daher fahrlässig. Klose und seine Amtskollegen riefen deshalb dazu auf, weiter mit Augenmaß und Verantwortungsbewusstsein zu handeln.