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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Hotspot Haßberge Wie ein Landkreis gegen explodierende Corona-Zahlen kämpft

Ausgerechnet ein Landkreis, in Unterfranken, führte die bundesweiten Corona-Inzidenzwerte an. Mit einem Inzidenzwert von rund 3.331 ist Haßberge seit Tagen trauriger Spitzenreiter in Bayern. Was wird dagegen unternommen?
Ein Blick auf die Grafik über die Corona-Entwicklung in Haßberge in Unterfranken lässt manchen erschrecken: Während Deutschland die Corona-Maßnahmen lockert und der "Freedom Day" in manchen Regionen in Kürze ansteht, kämpft der Landkreis in Unterfranken mit den höchsten Corona-Inzidenzen seiner Geschichte – und tagelang von ganz Deutschland.
Die Sieben-Tage-Inzidenz des Landkreises Haßberge, 3.331 laut Robert Koch-Institut, spricht für sich. "Die fünfte und gleichzeitig sechste Welle hat uns mit voller Wucht erwischt", erklärt Landrat Wilhelm Schneider.
Immerhin ein Lichtblick: Die Zahl ging zwischenzeitlich leicht zurück, am Donnerstag vergangener Woche etwa lag die Sieben-Tage-Inzidenz noch bei 3.542. Am Montag landete Haßberge "nur" noch auf Platz 4 der bundesweiten Corona-Inzidenzen, inzwischen führt Sigmaringen in Baden-Württemberg die Liste mit einer Inzidenz von 3.615 an. Lässt das also in Unterfranken hoffen? An eine Prognose mag sich keiner der Verantwortlichen wagen.
In Haßberge in Franken herrscht eine niedrige Impfquote
Ein Grund könnte in der vergleichsweise niedrigen Impfquote des Landkreises liegen: Diese beträgt bei der Grundimmunisierung rund 71 Prozent (ohne Impfungen durch Betriebsärzte). Zu wenig, findet der Landrat. Er appelliert deshalb an die Bevölkerung, sich weiterhin an die geltenden Hygiene- und Schutzvorschriften zu halten.
Zum Vergleich: Deutschlandweit liegt der Wert bei 75,6 Prozent. Die niedrige Quote ist schon länger ein Problem im Landkreis.
Welche Maßnahmen ergreifen also die Verantwortlichen in Haßberge, um die Quote in die Höhe zu treiben? In drei Impfzentren werde "offenes Impfen" ohne Termin angeboten. Hinzu kämen Sonderaktionen in den Gemeinden vor Ort, wie Monika Göhr von der Pressestelle vom Landratsamt Haßberge auf Nachfrage von t-online mitteilt.
Angespannte Lage in den Kliniken
Die Betten auf den Intensivstationen im Landkreis Haßberge sind voll, sechs von sechs Plätzen sind belegt. In den Haßberg-Kliniken gilt auch deshalb wieder ein Besuchsverbot.
Zur angespannten Lage kommt nun die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Wie sich die auf die Personalsituation im Gesundheitssektor auswirkt, könne laut Göhr noch nicht abgeschätzt werden. Seit dem 16. März werden dem Gesundheitsamt die betroffenen Mitarbeiter gemeldet.
Sollten sich diese trotz Beratung gegen den Piks entscheiden, droht ihnen ein Bußgeld. "In letzter Konsequenz – aber nur als Ultima Ratio – kann dann unter Umständen ein Betretungsverbot ausgesprochen werden", heißt es in einer Pressemitteilung des Landratsamtes. Dies solle jedoch nicht vor dem 1. Juli 2022 geschehen.
"Gesundheitsamt arbeitet auf Volldampf"
Gespannt schauen die Verantwortlichen den Corona-Lockerungen entgegen, die seit Montag greifen. Wie will sich der Hotspot Haßberge dafür rüsten? Zusätzliche Maßnahmen seien nicht geplant. "Unser Gesundheitsamt arbeitet weiterhin auf Volldampf, um alle Fälle zeitnah abzuarbeiten", erläutert Pressesprecherin Monika Göhr.
So erhielten alle Betroffenen und Kontaktpersonen einen PCR-Test – eine Priorisierung der Fälle finde nicht statt. "Wir warten ab, was die neuen Regelungen aus Bayern bringen."
- Bericht vom Bayerischen Rundfunk vom 18. März 2022
- Nachfage beim Landratsamt Haßberge
- Nachfrage beim Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege