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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Fahrradtour durch "Letzte Generation" gestört Das große Schweigen des Markus Söder
Markus Söder ist bekannt dafür, dass er seine Meinung nicht für sich behält. Doch nach dem Aufeinandertreffen mit der "Letzten Generation" schweigt er – weiter.
Wenn man die Kanäle von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder in den sozialen Medien beobachtet, kommt einem schnell der Gedanke, dass es eigentlich fast nichts gibt, wozu sich Söder nicht äußert. Dort finden sich Posts zur erleichterten Einbürgerung, die die Ampel jüngst in Berlin beschlossen hat, genauso wie Bilder von Pferden in Bayern und Fotos von dem, was bei Söder gerade auf dem Teller landet.
Nur nach einer Information suchen die Follower des bayerischen Ministerpräsidenten dort vergebens – was ist am Samstag bei seiner Radtour durch Mittelfranken geschehen?
Rückblick: Am Samstag stieg Söder unter anderem mit Innenminister Joachim Herrmann (CSU) im Rahmen einer Wahlkampfveranstaltung in Mittelfranken aufs Rad. Ziel der gemeinsamen Radtour war ein Biergarten in Nürnberg. Schon auf dem Weg dorthin tauchten die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" auf und wollten die Radtour blockieren. Das konnte die Polizei zunächst verhindern. Schließlich drangen die Aktivisten dann aber doch in den Biergarten ein, wo Söder und Herrmann speisten.
Die "Letzte Generation" ließ danach keinen Zweifel aufkommen, dass der Protest Söder persönlich galt. Sie werfen Bayern und dem Ministerpräsidenten vor, zu wenig für den Klimaschutz zu tun. Insbesondere den – ihrer Meinung nach – schleppenden Ausbau von Windkraft in Bayern kritisieren sie.
Söder setzt Veranstaltung unbeirrt fort
Schließlich schritt die Polizei mit zusätzlichen Kräften ein und trug die Aktivisten wieder aus dem Biergarten. Söder setzte seine Wahlkampfveranstaltung offenbar unbeirrt fort. Jedenfalls finden sich im Netz nur die üblichen Bilder und Videos aus der Schmiede von Söders PR-Leuten, die einen glücklichen Ministerpräsidenten beim Radfahren zeigen.
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Söder lässt Anfrage von t-online unbeantwortet
Söder kündigte jüngst an, bis zu 2030 mehr als 1.000 neue Windräder in Bayern zu bauen. Doch die Realität ist aktuell eine andere. Seit Jahren hinkt das Bundesland im Ausbau der Windenergie im bundesweiten Vergleich hinterher.
Der SWR wertete im Juli 2022 aus, wie viele Windräder in der ersten Jahreshälfte 2022 genehmigt wurden. Bayern belegt in dieser Statistik mit vier Genehmigungen den vorletzten Platz, nur in Sachsen waren es mit zwei Genehmigungen noch weniger. Zum Vergleich: Nordrhein-Westfalen führte mit 79 Genehmigungen das Ranking an.
2023 bislang sechs neue Windkraftanlagen in Bayern in Betrieb genommen
Auf t-online-Anfrage erklärte das bayerische Wirtschaftsministerium, das auch für Energie zuständig ist, dass die Staatsregierung zahlreiche Maßnahmen ergriffen habe, um den Ausbau der Windkraft in Bayern in Schwung zu bringen. So seien unter anderem 100 neue Stellen bei den Genehmigungsbehörden geschaffen worden.
Laut dem Ministerium sind 2023 bislang sechs neue Windenergielagen in Bayern in Betrieb genommen worden. Weitere 23 Anlagen seien bereits genehmigt worden, aber bislang noch nicht am Netz, teilte ein Sprecher des Ministeriums mit.
t-online hätte zudem gerne von Söder erfahren, wie er zu dem Protest der "Letzten Generation" bei seiner Fahrradtour steht und ob die Aktivisten mit ihren Vorwürfen gar richtig liegen. Doch Söder ließ die Anfrage von t-online unbeantwortet und schweigt gegenüber der Presse genauso wie in den sozialen Medien.
Proteste gehen in München weiter
Was Söder generell von der "Letzten Generation" hält, sagte er der "Bild" Anfang August. "Wir sagen ja zum Klimaschutz, aber nein zu Klimaklebern. Im Rechtsstaat gibt es keinen Rabatt für die 'Letzte Generation'." Zugleich warnte Söder die Aktivisten: "Wer Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begeht und dabei auch noch andere gefährdet, muss in Bayern mit der vollen Konsequenz des Rechtsstaats rechnen." Mehr zu den Aussagen Söders lesen Sie hier.
Die Aktivisten der "Letzten Generation" sind inzwischen über Regensburg weiter nach München gezogen. In einer Pressemitteilung erklärten sie, dass sie die Stadt wochenlang zur "Protesthochburg" machen wollen. Gut möglich also, dass es zwischen dem Ministerpräsidenten und den Aktivisten ein Wiedersehen gibt – und das mitten im Landtagswahlkampf.
- Eigene Beobachtungen
- Anfrage bei der Bayerischen Staatskanzlei und beim Bayerischen Wirtschaftsministerium
- tagesschau.de: "Flaute beim Windkraftausbau" vom 04. Juli 2023
- Pressemitteilung der "Letzten Generation" vom 19. Juli 2023