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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Flut in Nürnberg Rettungssanitäter schildern dramatische Minuten im Tunnel
Rettungsleute im Dauereinsatz in Nürnberg: Sanitäter berichten, wie sie die Menschen aus dem Steinbühler Tunnel gerettet haben.
Ein Rettungswagen, der mitten in den Fluten steht, und zwei Sanitäter, die Menschen in den, wie es scheint, letzten Sekunden aus dem Wasser forttreiben – diese Bilder aus Nürnberg sind am Donnerstag in ganz Deutschland zu sehen gewesen. Am Tag nach der Flut steht fest: Das Unwetter ist eines der heftigsten gewesen, die Nürnberg in den vergangenen Jahren erlebt hat.
Notfallsanitäterin Carmen Keim und Rettungssanitäter Simon Keller sind die ersten Rettungskräfte am Steinbühler Tunnel gewesen. t-online schildern sie, wie sie den Einsatz erlebt haben.
Passanten zückten ihr Handy, statt sich in Sicherheit zu bringen
Es war 18.42 Uhr, als Keim und Keller zum Steinbühler Tunnel gerufen wurden. Als sie vor Ort eintrafen, stand das Wasser dort schon knöcheltief. Im Tunnel standen noch einige Autos. Ihr Auftrag: Nachschauen, ob sich in den Autos im Tunnel noch Menschen befinden oder ob andere Personen in den Fluten in Not sind. Das Wasser stieg zu diesem Zeitpunkt noch weiter an.
Und tatsächlich: Im Tunnel waren noch Passanten unterwegs. Einige davon zückten ihre Handys, statt sich in Sicherheit zu bringen. Keim und Keller können da nur mit dem Kopf schütteln. "Da wird unser Ton auch rauer und wir sagen den Leuten einfach entschieden, dass sie sich lieber in Sicherheit bringen sollen", sagt Keim.
10 Minuten vor der Feuerwehr vor Ort
Am Ende gelang es den beiden nur, zwei Autos abzusuchen: Das Wasser stieg zu schnell an. Immerhin saß in den beiden Autos niemand mehr. Kurze Zeit später standen die Sanitäter schon hüfthoch in der Flut – um sich selbst nicht in Gefahr zu bringen, mussten sie den Rückzug antreten. "Als wir wieder am Rettungswagen standen und uns umgedreht haben, stand das Wasser schon drei Meter hoch im Tunnel", erzählt Keim.
Rund 10 Minuten nach ihnen traf dann auch die Feuerwehr ein. Die suchte den Tunnel mit Booten und Rettungstauchern ab. Zum Glück fanden auch die Feuerwehrleute nach aktuellem Kenntnisstand keine Menschen mehr im komplett überfluteten Tunnel.
Tropfnass auf dem Weg zum nächsten Einsatz
Für Carmen Keim und Simon Keller endete der Fluttag nach dem Einsatz am Steinbühlertunnel allerdings noch nicht. Mit ihnen sind unzählige andere Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst in der Stadt unterwegs gewesen. Laut ihnen habe es im Laufe des Abends immer wieder Probleme gegeben mit Autofahrern, die trotz der Unwetterwarnungen noch in der Stadt unterwegs waren. "Wir sind selbst mit Blaulicht und Martinshorn nicht durchgekommen. Wir können ja mit dem Rettungswagen auch nicht in metertiefe Pfützen fahren", sagt Keim.
Ihre Bitte für das nächste Unwetter: Möglichst zu Hause bleiben und die Straßen für Rettungskräfte freihalten. Wenn viele Leute auf der Straße unterwegs seien, verzögere sich nämlich auch die Anfahrt zu den Einsätzen. Zudem warnen die beiden Sanitäter Autofahrer eindringlich davor, in überflutete Unterführungen zu fahren. Denn diese können – wenn das Wasser so schnell wie im Steinbühler Tunnel ansteigt – schnell zur Gefahr werden.
Gegen 22.30 Uhr machten die beiden am Donnerstag Feierabend – tropfnass. Am Tag nach dem Unwetter ist spürbar, dass die Eindrücke bei beiden ihre Spuren hinterlassen haben. "Das war auf keinen Fall Alltagsgeschäft, diese Bilder werden im Kopf bleiben. Zum Glück war niemand schwerer verletzt", sagt Rettungssanitäter Keller.
- Interview mit den Sanitätern